Bayer 04 kann auf eine historisch einmalige Saison ohne Niederlage hoffen und strebt dabei das Triple aus Meisterschaft, Europa League und DFB-Pokal an.
Halbfinal-Rückspiel gegen AS RomFür Bayer Leverkusen steht das nächste Highlight an
Sich selbst von einem Trauma zu befreien, setzt neue Kräfte frei. Bei Bayer 04 Leverkusen wissen sie das spätestens seit dem 14. April 2024, als die erste Meisterschaft der 120-jährigen Vereinsgeschichte perfekt gemacht wurde. Der kollektive Freudentaumel, in den die im Schatten Kölns so selten beachtete Stadt schon am 29. Spieltag der Fußball-Bundesliga fiel, wirkt bis heute nach. Schließlich hört die Werkself einfach nicht auf zu gewinnen, so dass unterm Bayer-Kreuz von einer historisch einmaligen Saison ohne Niederlage geträumt werden darf.
„Für den Kopf und den Körper ist das aber gar nicht so einfach“, sagte Robert Andrich vor dem Halbfinal-Rückspiel in der Europa League gegen die AS Rom am Donnerstag (21 Uhr, RTL). Wie tief sich die Spieler von Erfolgscoach Xabi Alonso in einen Tunnel begeben müssen, um ihre Chance auf das Triple aus Meisterschaft, Europa League und DFB-Pokal aufrecht zu erhalten, zeigt der Fall des deutschen Nationalspielers, dessen Frau vor zwei Wochen das zweite Kind zur Welt gebracht hat. „Du hast gefühlt alle drei Tage ein neues, maximales Erlebnis und kannst dich mental und emotional gar nicht so richtig freuen“, meint der 29-jährige Potsdamer, der vor sechs Tagen in Rom fulminant zum 2:0-Endstand getroffen hatte. Weil so viel noch anstehe und immer etwas Neues dazu kommt, könne er die Situation gar nicht richtig genießen.
Erst am 26. Mai, dem Tag nach dem DFB-Pokal-Finale, wenn auf der Saisonabschlussfeier im Optimalfall drei Trophäen präsentiert werden können, dürfte der Druck abfallen. Bis dato ist auch der Familienvater im Bayer 04-Tunnel. Schließlich soll am Donnerstag in der ausverkauften BayArena der Schritt ins Finale der Europa League gelingen. Dass sie dieses Ziel in der Vorsaison ausgerechnet gegen die unter Ex-AS-Coach José Mourinho destruktiven Römer verpasst hat, kann der Alonso-Elf als Trauma ausgelegt werden. „Wir haben den Hexenkessel in Rom aber gut runtergekocht“, schöpft Robert Andrich Selbstvertrauen aus dem Hinspiel.
Bis auf die druckvolle Römer Anfangsphase und einen Lattenkopfball von Romelu Lukaku gab es kaum Aufreger im Leverkusener Strafraum. Vielmehr brachten Andrich und Granit Xhaka das Spiel in der Mittelfeldzentrale unter Kontrolle. Leverkusen jagte zudem alle im gegnerischen Besitz befindlichen Bälle und erzwang so die Führung durch Florian Wirtz.
Andrich: Solche Spiele machen immer Spaß
In Halbzeit zwei kam dann Andrichs großer Moment. Im Vorjahr hatte er sich in der italienischen Hauptstadt noch den Mittelfuß gebrochen. „Meine Frau hatte gesagt, dass sie gar nicht will, dass ich spiele, aber eher im Spaß“, sagte der Familienvater und gab zu, den Fußbruch vergangenen Donnerstag „im Kopf gehabt“ zu haben. Als er 17 Minuten vor Schluss dann Maß nahm und den Ball zum 2:0 ins linke obere Toreck zirkelte, waren seine Gedanken überall, nur nicht beim einst lädierten linken Fuß. „Solche Spiele machen immer Spaß und man hat gemerkt, dass wir unbedingt gewinnen wollen“, lenkte Andrich von seinem persönlich beigelegten Trauma ab und lobte die Mannschaft. „Wichtig war, dass wir zu Null gespielt haben. Jetzt wollen wir auch das Rückspiel gewinnen“, richtete Andrich den Blick nach vorn.
Er hat aber auch Respekt vor den Römern. „Italienische Mannschaften spielen ihren eigenen Stil. Sie haben viele erfahrene Spieler, die sich auch nicht unwohl fühlen, wenn das Spiel mal tiefer und gegen sie läuft“, gibt der Mittelfeldmotor zu bedenken. Gerade weil die Roma unter Mourinho-Nachfolger Daniele de Rossi offensiv attraktiver und gefährlicher ist, sollte Bayer 04 vor einem frühen Gegentreffer gewarnt sein. „Nur dann können wir den Einzug nach Dublin perfekt machen“, schärft Andrich die Sinne.
Voraussichtliche Aufstellungen
Bayer Leverkusen: Kovar; Stanisic, Tah, Hincapie; Frimpong, Xhaka, Andrich, Grimaldo; Adli, Wirtz, Schick.
AS Rom: Svilar; Karsdorp, Mancini, NDicka, Spinazzola; Peredes, Cristante, Pellegrini; Dybala, El Shaarawy, Lukaku. – SR.: Makkelie (Niederlande).