Bayer 04 Leverkusen steht nach einem 2:2 gegen AS Rom im Finale der Europa League. Dort wartet am 22. Mai in Dublin Atalanta Bergamo.
Europa League-HalbfinaleStanisic setzt dem Wahnsinn gegen AS Rom die Krone auf
Ganz Leverkusen tanzte, ganz Leverkusen feierte und dürfte auch die letzten Zweifler überzeugt haben, dass der Werksclub in dieser Saison überhaupt ein Spiel verlieren kann. Der deutsche Fußballmeister lieferte im Halbfinal-Rückspiel der Europa League gegen AS Rom das nächste Drama ab, holte einen 0:2-Rückstand auf und zog nach Josip Stanisics 2:2 (0:1) in der 97. Minute ins Finale von Dublin ein. Am 22. Mai geht es mit Atalanta Bergamo wieder gegen ein italienisches Team und drei Tage vor dem DFB-Pokalfinale gegen Zweitligist 1. FC Kaiserslautern um den zweiten Titel des möglichen Triple in dieser unfassbaren Saison 2023/24.
Xabi Alonso überraschte einmal mehr mit seiner Startaufstellung. Obwohl es um den Einzug in ein europäisches Cupfinale ging, ließ der Bayer-Coach mit den deutschen Nationalspielern Florian Wirtz (angeschlagen) und Robert Andrich die beiden Torschützen aus dem Hinspiel auf der Bank. Alonso verzichtete zudem wie in Rom auf die Neuner Victor Boniface und Patrik Schick und beorderte stattdessen Adam Hlozek nach seiner starken Vorstellung beim jüngsten 5:1 in Frankfurt in die vorderste Linie. Der Tscheche stand diese Saison erst zehnmal in allen drei Wettbewerben in der Startelf.
Wirtz und Andrich nur auf der Bank
Roma-Trainer Daniele De Rossi tauschte im Vergleich zum Hinspiel dreimal und setzte mit Angelino, Evan N'Dicka und dem Ex-Leverkusener Sadar Azmoun auf ein bundesliga-erfahrenes Trio. Der argentinische Nationalspieler Paulo Dybala musste leicht angeschlagen draußen bleiben.
Der Auftrag der Römer war nach dem 0:2 vor einer Woche glasklar. Es musste möglichst schnell ein Tor her. Nach vier Minuten war das Vorhaben beinahe in die Tat umgesetzt. Lorenzo Pellegrini sendete einen Zuckerpass auf Romelu Lukaku. Der belgische Sturmtank war auf und davon, legte sich den Ball aber zu weit vor, sodass Bayer-Keeper Matej Kovar abwehren konnte.
Leverkusen überließ der Roma erstmal den Ball, zog sich geschickt zurück und setzte auf schnelle, meist von Granit Xhakas Spielkunst eingeleitete Vorstöße. Exequiel Palacios (16.) hatte die erste gute Möglichkeit. Auf der anderen Seite wurde es noch einmal bei einem Pellegrini-Kopfball gefährlich (17.).
Der selbstbewusst auftretende deutsche Meister hatte alles gut im Griff. Auch nachdem es zu einer Rudelbildung gekommen war, weil Jeremie Frimpong bei einer Verletzung von Leonardo Spinazzola weitergespielt hatte und sich dafür von AS-Kapitän Pellegrini einiges anhören musste und mehrfach geschubst wurde (21.).
Rudelbildung und der erste Elfmeter
Das Scharmützel mit drei Gelben Karten wirkte sich positiv auf das Spiel der Werkself aus. Bayer 04 betrieb aber Chancenwucher. Hlozek (23/25.) hätte schon treffen müssen, dann hatte der überragende Palacios mit einem Schuss an den Innenpfosten Pech (29.). Frimpong scheiterte am starken Torwart Mile Svilar (32.). Amine Adli und Hlozek erging es bei ihrer Doppelchance nicht besser (39.). Das 1:0 für die Gastgeber war eigentlich nur eine Frage der Zeit.
Das erste Tor fiel aber auf der anderen Seite, weil Jonathan Tah nach einer Angelino-Flanke Azmoun unnötig zu Boden zerrte und Schiedsrichter Danny Makkelie zurecht auf den Punkt zeigte. Leandro Paredes verwandelte sicher zum 0:1 (43.). So richtig verstehen konnte das Halbzeit-Resultat niemand unter den 30.210 Zuschauern in der ausverkauften BayArena.
Xabi Alonso verzichtete zur zweiten Hälfte zunächst auf personelle Änderungen. Seine Elf war in den ersten 45 Minuten bei 17:5-Torschüssen und 6:1-Ecken auch überlegen gewesen. Daran änderte sich nach dem Wechsel nichts. Rom brauchte zwar ein weiteres Tor, stand aber erst einmal tief und schien auf die eine Chance für das 2:0 zu warten. So musste Kovar nur einen 17-Meterschuss von Stephan El Shaarawy parieren (58.).
Zweiter Elfmeter für AS Rom
Viel klarer war die Chance für Jonas Hofmann, der frei vor Svilar nicht am römischen Torhüter vorbeikam (59.). Über der Leverkusener Überlegenheit schwebte das Damoklesschwert, dass es nur ein Tor der Römer bis zum Ausgleich brauchte. Und es fiel nach dem nächsten Geschenk von Bayer. Hlozek nahm im eigenen Strafraum die Hand zu Hilfe und es gab nach Videocheck zum zweiten Mal Elfmeter. Paredes blieb wieder cool und es hieß 0:2 (66.).
Nachdem Adli den nächsten Hochkaräter liegen gelassen hatte (73.), wechselte Alonso das erste Mal und brachte Patrik Schick für Unglücksrabe Hlozek (74.). Die Gäste verschanzten sich nun am eigenen Strafraum und fingen mit den Mätzchen an, die Leverkusen schon vor einem Jahr zur Weißglut und Rom ins Finale gebracht hatten.
Kurioses Eigentor von Mancini zum 1:2
Diesmal half es nicht, denn die Italiener hatten unmittelbar nach der Einwechslung von Florian Wirtz (81.) auch ein Geschenk für ihre Gastgeber parat. Mile Svilar segelte an einer Ecke von Alejandro Grimaldo vorbei und irritierte Ginaluca Mancini, der mit Gesicht und Schulter ein kurioses Eigentor zum 1:2 fabrizierte (82.).
Danach schien es eher darum zu gehen, dass Bayer 04 seine Serie von 48 ungeschlagenen Pflichtspielen in dieser Saison verteidigt, als dass die Roma noch in der Verlängerung gelangt. Frimpong vergab das sichere 2:2 (89.) und auch Schicks Schlenzer verfehlte das Tor (90.+5).
Das 2:2 fiel aber noch, weil der eingewechselte Josip Stanisic es unbedingt wollte und in der siebten Minute der Nachspielzeit mit dem 2:2 das nächste Kapitel in Bayer Leverkusens unglaublicher Saison 2023/24 schrieb. Es war das 49. Pflichtspiel ohne Niederlage und der Einzug ins Finale der Europa League gegen Atalanta Bergamo.
Spielstatistik:
Bayer 04 Leverkusen: Kovar; Tapsoba, Tah, Hincapie; Frimpong (90. Stanisic), Xhaka, Palacios; Adli, Hofmann (81. Wirtz), Grimaldo (90. Kossounou); Hlozek (74. Schick). – AS Rom: Svilar; Mancini, N'Dicka, Angelino (80. Smalling), Spinazzola (21. Zalewski); Pellegrini (80. Abraham), Paredes, Christante; Azmoun (72. Bove), Lukaku, El Shaarawy. – SR.: Makkelie (Niederlande). – Zuschauer: 30.210. –Tore: 0:1 Paredes (43./Foulelfmeter), 0:2 Paredes (66. Handelfmeter), 1:2 Mancini (82./Eigentor) 2:2 Stanisic (90.+7). – Gelbe Karten: Tapsoba, Tah, Adli, Wirtz; Mancini, Pellegrini, Paredes, Zalewski.