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DFL-SupercupBayer Leverkusen macht einfach weiter

Lesezeit 6 Minuten
Patrick Schick Leverkusen 14 erzielt das Tor zum 2:2.

Patrick Schick (l.) trifft spät zum 2:2-Ausgleich.

Bayer 04 Leverkusen hat den Supercup gewonnen. Im Duell mit dem Vizemeister VfB Stuttgart gewann der Doublesieger der vergangenen Saison im Elfmeterschießen.

In Leverkusen hat sich über den Sommer hinweg nichts geändert. Bayer 04 ist nicht zu besiegen, trifft spät und holt Titel. Der deutsche Fußballmeister gewann am Samstagabend vor 30.210 begeisterten Zuschauern den Supercup gegen den VfB Stuttgart trotz langer Unterzahl und Rückstand bis zur 88. Minute mit 4:3 im Elfmeterschießen. Nach 90 Minuten hatte es durch Patrik Schicks Ausgleich (88. Minute) in einer spektakulären Partie 2:2 (1:1) geheißen.

Als die Aufstellung herauskam, durfte gleich wieder spekuliert werden. Der abwanderungswillige Jonathan Tah nahm zu Beginn nur auf der Bank Platz. Die Wechselgeschichte um den Abwehrchef und der wohl geplatzte Deal mit Bayern München hat die Schlagzeilen der vergangenen Wochen geprägt und ist inzwischen ein wenig zur Posse geraten. Für ihn rückte Robert Andrich, der gerade seinen Vertrag bis 2028 verlängert hat, ins Zentrum der Dreierkette neben Piero Hincapie und Edmond Tapsoba.

Bayer-Coach beorderte mit den beiden von Stade Rennes gekommenen Franzosen Jeanuel Belocian und Martin Terrier sowie dem Spanier Aleix Garcia drei Neuzugänge in seine Startformation. Neben Tah blieben mit Florian Wirtz, Alejandro Grimaldo, Jeremie Frimpong und Patrik Schick weitere Hochkaräter und EM-Teilnehmer zunächst draußen.

Gar nicht mehr im Leverkusener Kader stand Adam Hložek. Der tschechische Angreifer hatte am Samstag den Medizincheck beim Bundesliga-Konkurrenten TSG 1899 Hoffenheim bestanden und wechselt für die erstaunliche Ablösesumme von 18 Millionen Euro plus Boni ins Kraichgau.

Großartige Stimmung vom Anpfiff weg

Bei den Stuttgartern, die im Sommer Top-Torjäger Serhou Guirassy an Dortmund verloren, dafür aber Nationalspieler Deniz Undav fest verpflichten konnten, vertraute Trainer Sebastian Hoeneß mit dem vom 1. FC Köln gekommenen Innenverteidiger Jeff Chabot und Mittelstürmer Ermedin Demirovic (vom FC Augsburg) auf zwei Neuzugänge.

Fußball-Deutschland freute sich abgesehen von den Ultras beider Clubs, die das Spiel als „Kirmespokal“ titulierten und boykottieren, auf das Auftaktspiel der Bundesliga-Saison 2024/25. Was auch daran lag, dass die drei Duelle zwischen Meister und Vizemeister in der vergangenen Saison alles hatten, was ein gutes Fußballspiel braucht. 1:1 und 2:2 hieß es in der Liga, 3:2 für Bayer 04 im Viertelfinale des DFB-Pokals mit dem Siegtor von Jonathan Tah in der 90. Minute.

Die Abwesenheit der Ultras war kaum zu bemerken. Die Stimmung ließ vom Anpfiff weg keine Wünsche offen. Und keiner der Zuschauer musste sein Kommen auch nur eine Sekunde lang bereuen. Beide Teams verzichteten auf eine Abtastphase, gaben sofort Vollgas nach vorne und knüpften einfach dort an, wo sie vergangene Saison aufgehört hatten.

Boniface trifft früh, Millot kontert schnell

Schon nach 60 Sekunden hatte Amine Adli nach einem Ballgewinn von Terrier das 1:0 auf dem Fuß, zielte bei seiner schwierigen Direktabnahme aus 16 Metern aber zu hoch. Die Führung für den Meister fiel zehn Minuten später. Garcia kam nach einer von ihm getretenen Ecke ein zweites Mal an den Ball und flankte von links millimetergenau auf Tapsoba. Der Defensivmann köpfte von rechts über VfB-Keeper Alexander Hübel hinweg auf den langen Pfosten, wo ihm Victor Boniface mit seiner Fußspitze das 1:0 klaute.

Stuttgart zeigte sich unbeeindruckt und hätte durch Demirovics Kopfball schnell ausgleichen können (13.). Enzo Millot holte das Versäumte nach und traf nach toller Vorarbeit von Maximilian Mittelstädt und noch leicht von Andrich abgefälscht aus 13 Metern per Direktabnahme zum 1:1 (15.).

Es ging weiter ohne Taktieren munter hin und her. Wobei die Werkself Probleme mit dem extrem hohen Stuttgarter Pressing offenbarte und vor allem in Person von Granit Xhaka das Zentrum nicht immer schließen konnte. Der VfB war aber auch mit langen Bällen auf Demirovic gefährlich. Als der Neuzugang Hincapie entwischte, traf er im Fallen aber nur den rechten Pfosten (25.).

Terrier fliegt vom Platz

Das Spiel bot alles, was das Herz der Fans begehrt und bekam in der 37. Minute eine erneute Wendung. Terrier kam nach einem technischen Fehler im Mittelkreis gegen Demirovic zu spät und traf den Stuttgarter von der Seite unabsichtlich aber voll am Knöchel. Schiedsrichter Tobias Stieler zückte Rot.

Xabi Alonso reagierte auf die Unterzahl, brachte Tah für Stürmer Boniface und zog Andrich für 5:3:1 ins defensive Mittelfeld. Sein Team benötigte einen Moment, um die Umstellung zu verstehen. Als Adli ein hohes Pressing auslöste, faltete Alonso den Franzosen so heftig zusammen, dass er seine Coaching-Zone verließ und dafür Gelb sah (43.).

Kurz zuvor hatte Millot nach einem unwiderstehlichen Solo von Cris Führich und anschließendem Hradecky-Fehler nur die Unterkante der Latte getroffen (42.). Und Stuttgart blieb im Aluminium-Pech. Pascal Stenzel schlenzte den Ball aus 25 Metern an den Pfosten (45.+2), bevor die atemlose erste Hälfte ein Ende fand.

DFL-Supercup, Finale, Bayer Leverkusen - VfB Stuttgart, BayArena: Schiedsrichter Tobias Stieler gibt eine Rote Karte an Leverkusens Martin Terrier (l).

Schiedsrichter Tobias Stieler zeigt Leverkusens Martin Terrier (ganz links) die Rote Karte.

Alonso stellte sein Team nach dem Wechsel mit einem Mann weniger deutlich tiefer auf und verzichtete weitgehend auf Pressing. Die zweite Hälfte war deshalb von viel unproduktivem Stuttgarter Ballbesitz rund um den Leverkusener Strafraum und gelegentlichen Versuchen der Gastgeber über die schnellen Adli und Nathan Tella offensive Nadelstiche zu setzen. Eine Co-Produktion des Duos hätte dann beinahe auch zum 2:1 durch Adli geführt. Der Drehschuss des Franzosen strich aber einen Meter rechts vorbei (56.).

Dem VfB fiel offensiv wenig ein, bis Hoeneß dreifach wechselte (62.). Als Bayer einmal zu weit aufgerückt war, flankte Joker Frans Krätzig mit seinem ersten Ballkontakt von links und Undav traf 40 Sekunden nach seiner Einwechslung mit seinem ersten Ballkontakt zum 1:2 (63.).

Leverkusen trifft schon wieder spät

Alonso wechselte auch dreimal und brachte Wirtz, Frimpong und Schick (73.). Die nächste Großchance hatte aber Stuttgart. War Hincapie beim 1:2 noch zu spät gekommen, verhinderte er diesmal gegen Undav das 1:3 (75.). Auf der anderen Seite vergaben Schick und Frimpong hintereinander den Ausgleich (79.).

Das Spiel nahm massiv an Hektik zu und ähnelte eher einem Pokal-Viertelfinale als einem Supercup. Bayer drückte trotz Unterzahl und dann kam die Schlussphase, Leverkusen-Zeit: Grimaldo schickte Schick in die Gasse und der Tscheche vollendete zum 2:2 (88.). Die BayArena war gleich im ersten Spiel der Saison schon wieder ein Tollhaus. Es wäre noch lauter geworden, wenn Frimpong in der Nachspielzeit seine hundertprozentige Chance zum 3:2-Siegtreffer genutzt hätte (90.+1).

So ging es den Supercup-Regeln gemäß ohne Verlängerung ins Elfmeterschießen. Während Schick, Grimaldo, Garcia und Tapsoba für Bayer 04 sicher verwandelten, vergaben beim VfB Krätzig und Silas. Leverkusen blieb also auch im 41. nationalen Pflichtspiel ungeschlagen und setzt seine unglaubliche Erfolgsgeschichte mit dem erstmaligen Gewinn des Supercups einfach fort. Xabi Alonso jubelte, als hätte er schon wieder eine perfekte Saison gespielt und musste mit dem Supercup gleich vor die Fankurve.

„Die Maßgabe war, die letzte zehn, zwölf Minuten voll auf den Ausgleich zu gehen. Wir hatten noch Topspieler auf der Bank, die frisch waren. Die Mannschaft hat unglaublich couragiert gespielt und Willen gezeigt“, freute sich Bayers-Sportchef Simon Rolfes und war voll zufrieden: „Wir wollten Zuhause nach der Pause gleich wieder die Energie und Leidenschaft entfachen. Dafür hat das Spiel alles mitgebracht.“

Bayer Leverkusen hat den Supercup 2024 gewonnen.

Bayer Leverkusen hat den Supercup 2024 gewonnen.


Statistik zum Spiel:

Bayer 04 Leverkusen: Hradecky; Tapsoba, Andrich (73. Schick), Hincapie; Tella (73. Frimpong), Garcia, Xhaka, Belocian (84. Grimaldo); Adli (73. Wirtz), Boniface (40. Tah), Terrier. - VfB Stuttgart: Nübel; Stenzel (83. Keitel), Rouault, Chabot, Mittelstädt (60. Krätzig); Karazor, Stiller (60. Undav); Leweling (60. Silas), Millot, Führich (76. Diehl); Demirovic. - SR.: Stieler (Hamburg). - Zuschauer: 30.210. - Tore: 1:0 Boniface (11.), 1:1 Millot (15.), 1:2 Undav (63.), 2:2 Schick (8.). - Rote Karte: Terrier (37./grobes Foulspiel). - Elfmeterschießen: 0:1 Millot, 1:1 Schick, 1:2 Demirovic, 2:2 Grimaldo, Krätzig vergibt, 3:2 Garcia, 3:3 Undav, 4:3 Tapsoba, Silas vergibt - Gelbe Karten: Xhaka, Tapsoba, Boniface, Wirtz, Alonso; Stiller, Demirovic, Millot, Stenzel.