Bayer LeverkusenDer Meister verpasst auch die nächste Gelegenheit

Leverkusens Florian Wirtz (2.v.r) und seine Teamkollegen Piero Hincapie, Jonathan Tah und Amine Adli (v.l.) sind nach dem Spiel gegen Union Berlin enttäuscht.
Copyright: Bernd Thissen/dpa
Wenn sich die Verantwortlichen und Spieler von Bayer 04 Leverkusen am 17. Mai fragen müssen, warum sie ihren Titel als deutscher Fußball-Meister nicht verteidigt haben, werden sie die Antwort damit beginnen, ihre verpassten Möglichkeiten aufzuzählen. Etwa die zu vielen und völlig unnötigen Unentschieden in der Hinrunde (Kiel, Bochum, Bremen). Oder die 0:2-Heimniederlage in der Rückrunde gegen Bremen just an dem Spieltag, an dem Tabellenführer Bayern München mit einem 2:3 gegen Bochum die Tür für eine Leverkusener Aufholjagd weit geöffnet hatte.
Wahrscheinlich wird nach 34 Spieltagen auch das jüngste 0:0 zu Hause gegen Union Berlin ein Teil der Antwort sein, denn der Doublesieger verpasste es nach Bayerns 2:2 gegen den BVB, fünf Spieltage vor Saisonende zumindest zwei Punkte gutzumachen.
Wir sind bei Bayer Leverkusen, da müssen wir Vollgas geben.
„Mathematisch besteht weiter eine kleine Chance, die Wahrscheinlichkeit ist aber gesunken“, bewertete Kapitän Lukas Hradecky Bayers Titelchancen nach der enttäuschenden Nullnummer gegen die vom Ex-Kölner Steffen Baumgart trainierten Berliner. „Einen Gefallen haben wir uns heute nicht getan. Es wird nicht einfacher. Unentschieden helfen uns momentan gar nicht“, fügte der Torwart an, der während der 90 Minuten so gut wie nichts zu tun hatte.
Die Verantwortlichen um Sportchef Simon Rolfes und Trainer Xabi Alonso wollen die Flinte natürlich noch nicht ins Korn werfen. „Solange es möglich ist, werden wir sicher nicht aufgeben. Wir sind hier bei Bayer Leverkusen, da müssen wir Vollgas geben“, sagte Rolfes und Alonso pflichtete ihm bei: „Es ist nicht vorbei.“
Durchhalteparolen nach mäßiger Leistung
Angesichts der Leistungen, die die Leverkusener seit dem Pokal-Desaster bei Drittligist Arminia Bielefeld auf den Platz bringen, klingen solche Sätze eher wie Durchhalteparolen. Rolfes erwähnte zwar zurecht, dass „die Mannschaft anders spielen kann“, sie tat es nach dem glücklichen 1:0 in Heidenheim aber erneut nicht und hinterließ am Samstag auch nicht den Eindruck, als wenn sich daran in dieser Saison noch etwas ändern würde.
Der Werkself fehlten gegen die konzentriert und am eigenen Strafraum dicht gestaffelten Köpenicker Tempo, Energie, Glaube und Überzeugung. Über die gesamte Spielzeit hinweg blieben ein 20-Meter-Schuss von Torjäger Patrik Schick (29.) und ein von Union-Keeper Frederik Rönnow gehaltener Versuch von Exequiel Palacios (58.) die einzigen Torchancen. „Wir müssen gerade zu Hause wieder einen anderen Rhythmus spielen und das Tempo erhöhen“, kritisierte Simon Rolfes: „Das werden wir auch wieder tun.“
Flo hatte direkt einen Impact, das Stadion hat gelebt - das tat uns sehr gut.
Eine elementare Rolle in diesem Vorhaben kann und soll natürlich Florian Wirtz spielen. Der 21-Jährige gab am Samstag nach seiner Sprunggelenkverletzung sein umjubeltes Comeback und leitete gleich mit seiner ersten Aktion die Chance von Palacios ein. „Natürlich sind wir mit Flo stärker. Wir sind aber nicht von Flo abhängig, dass wir gut spielen. Wir haben so viele gute Spieler“, wiegelte Simon Rolfes ab.
Dem Sportchef wird aber auch nicht entgangenen sein, dass nach der Einwechslung des Nationalspielers sofort ein Ruck durch die ganze Mannschaft gegangen war. „Flo hatte direkt einen Impact, das Stadion hat gelebt – das tat uns gut“, sagte Hradecky. Für ein Tor reichte es aber auch mit Wirtz selbst in der Nachspielzeit nicht. Schick scheiterte noch einmal an Rönnow (90.+4).
Und dann gab ausgerechnet Granit Xhaka einen tiefen Einblick in die aktuelle Verfassung des Teams, das der Schweizer als Kopf und Stratege in der vergangenen Saison zu zwei Titeln und ins Finale der Europa League geführt hatte. Der Sechser trat rechts am Strafraum zu einem Freistoß an und jagte den Ball ohne Überzeugung und Fokus mit links weit über das Tor (90.+7).
Spekulationen über Floria Wirtz
Während Xhaka noch bis 2028 Vertrag bei Bayer hat, darf über die Zukunft von Jungstar Wirtz weiter spekuliert werden. Verlässt er Bayer schon nach dieser Saison? Bleibt er ein weiteres Jahr und verlängert vorher seinen bis 30. Juni 2027 laufenden Vertrag? Oder bleibt er ohne Vertragsverlängerung und geht im Sommer 2026?
Von den an Wirtz interessierten Bayern habe er noch nichts gehört, sagte Clubboss Fernando Carro am Samstag. Er gehe sowieso davon aus, dass Wirtz auch kommende Saison das Bayer-Trikot tragen wird. Genau wie Simon Rolfes, der die entsprechende Frage mit einem einfachen und klaren „Ja“ beantwortete.