Der Ur-Kölner Dirk Lottner debütiert am Sonntag ausgerechnet gegen seinen Heimatclub als Interimstrainer von Hannover 96. Begleitet wird der FC von mindestens 10.000 Fans.
Zweitligaspiel bei Hannover 96Besonderes Wiedersehen für den 1. FC Köln mit Ikone Dirk Lottner

Seit 2022 ist Dirk Lottner im Nachwuchs von Hannover 96 tätig.
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Eigentlich war der Plan von Dirk Lottner ein ganz anderer. Ein paar schöne Stunden mit geladenen Freunden aus dem Rheinland sollten es werden, wenn am Sonntag (13.30 Uhr, Sky) mit Hannover 96 und dem 1. FC Köln der aktuelle und der ehemalige Verein des gebürtigen Kölners in der 2. Fußball-Bundesliga aufeinandertreffen. Seit Wochenmitte ist dieses Programm zumindest teilweise obsolet. Nach der Trennung von Cheftrainer André Breitenreiter beriefen die Niedersachsen mit Lottner den Coach der U19-Mannschaft in ein dreiköpfiges Interimsgespann, das den nach dürftiger Rückrunde ins Mittelfeld abgerutschten ehemaligen Aufstiegsaspiranten zunächst bis Saisonende betreuen wird.
„Ich habe natürlich auch den einen oder anderen Besuch hier am Wochenende, was schon länger geplant war“, berichtet Dirk Lottner schmunzelnd. Doch nun hat sich sein persönlicher Spieltagsplan geändert: „Der Fokus liegt jetzt natürlich auf der Aufgabe rund um die Mannschaft. Die Vorfreude auf das Spiel ist riesig.“ Es ist eine dieser Geschichten, die nur der Fußball schreibt, dass ausgerechnet Lottners Heimatverein an der Leine gastiert, wenn der 53-Jährige erstmals als Teil des 96-Interimstrainergespanns die Geschicke der Profis begleitet. „Das ist natürlich eine besondere Konstellation“, sagt Lottner. Zumal an jenem Ort, an dem die Geißböcke – angeführt von Kapitän Lottner – im Mai 2000 mit einem verrückten 5:3 den ersten Wiederaufstieg feierten.
Das ist natürlich eine besondere Konstellation. Die Vorfreude auf das Spiel ist riesig.
174 Mal lief Dirk Lottner für „seinen“ FC auf, sein gefürchteter linker Fuß zeichnete sich für 57 Tore und 37 Vorlagen mitverantwortlich. Bis heute genießt „Lotte“, dessen Profilbild bei WhatsApp den Dom zeigt, Legendenstatus in Köln. „Dirk hat große Verdiente um den 1. FC Köln. Er war Führungsspieler und später auch noch Trainer der U23-Mannschaft. Er ist ein richtig guter Typ“, würdigt FC-Lizenzspielerleiter Thomas Kessler die Leistungen Lottners und gratuliert ihm zu seiner Beförderung: „Es ist für ihn eine riesige Chance, als U19-Trainer bei der Lizenzmannschaft dabei zu sein – auch wenn er sich vielleicht gewünscht hätte, dass es zum Start gegen eine andere Mannschaft geht. Wir drücken ihm aus Köln alle Daumen. Aber am Sonntag können wir darauf keine Rücksicht nehmen.“
Die gleiche Haltung vertritt auch Lottner. „Wir wollen die drei Punkte holen“, betont der Ur-Kölner, der seit 2022 im Nachwuchs der Hannoveraner tätig ist und nun gemeinsam mit dem bisherigen Co-Trainer Lars Barlemann sowie U17-Coach Christian Schulz das Interimsgespann von 96 bildet. Unabhängig vom Spielausgang rechnet Lottner mit einem Kölner Aufstieg: „Der FC wird die Saison dann schon noch erfolgreich zu Ende spielen.“ Welche Auswirkungen der Trainerwechsel bei 96 auf das Spiel am Sonntag hat, vermag Gerhard Struber noch nicht zu beurteilen. „Das ist eine gute Frage“, gibt der FC-Coach zu. „Wir wollen daher flexibel sein für mögliche Situationen, die wir im ersten Moment vielleicht nicht eingepreist haben.“ Struber hofft auf einen überzeugenden Auftritt wie gegen Preußen Münster (3:1): „Wir wollen auch jetzt wieder frech sein und uns einiges zutrauen.“
Ich freue mich extrem über diesen Rückhalt. Wir brauchen im Moment diese geballte Ladung, um den nächsten Schritt zu machen.
Bei diesem Vorhaben können die Kölner erstmals seit fast zwei Monaten wieder auf Linton Maina zurückgreifen. Der beste Vorlagengeber des FC hat seine Sprunggelenkverletzung schneller als gedacht auskuriert und könnte an ehemaliger Wirkungsstätte zumindest von der Bank kommen. „Es ist ein ganz wichtiges Signal für uns alle, dass mit Linton ein Schlüsselspieler zurück ist. Das tut uns natürlich gut. Er hat seine Klasse im Training schon wieder aufblitzen lassen“, freut sich Struber, dem in Max Finkgräfe (nach Muskelverletzung) eine weitere Option zur Verfügung steht. Fraglich ist noch der Einsatz des kränkelnden Julian Pauli. Im Falle eines weiteren Sieges könnten die Kölner den Sekt schon mal kalt stellen, um die Korken womöglich schon nach dem darauffolgenden Heimspiel am 3. Mai gegen Schlusslicht Jahn Regensburg knallen zu lassen.
Entsprechend riesig ist die Euphorie im Umfeld des FC. Mindestens 10.000 Fans begleiten den Zweitliga-Tabellenführer nach Hannover. Die rot-weiße Faninvasion weckt Erinnerungen an das Gastspiel Anfang November bei Hertha BSC, wo sogar 20.000 Kölner Anhänger ihre Mannschaft zu einem 1:0-Erfolg peitschten. Es war der Beginn einer Siegesserie, die trotz holpriger Rückrunde schon bald mit dem Aufstieg finalisiert werden könnte. „Ich freue mich extrem über diesen Rückhalt. Wir brauchen im Moment diese geballte Ladung, um den nächsten Schritt zu machen und freuen uns, wenn wir gemeinsam mit unseren Fans ein Gefühl wie in Berlin hinbekommen“, zeigt sich Gerhard Struber beeindruckt von der Reiselust der FC-Fans.
Voraussichtliche Aufstellungen: Hannover 96: Zieler; Neumann, Knight, Halstenberg, Ezeh; Kunze, Leopold; Gindorf, Oudenne; Nielsen, Voglshammer. – 1. FC Köln: Schwäbe; Thielmann, Hübers, Heintz, Pacarada; Martel; Ljubicic, Waldschmidt, Kainz; Lemperle, Downs. – SR.: Gansloweit (Dortmund).