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„Totale Unzufriedenheit“Struber erklärt Dreifachwechsel des 1. FC Köln in der Halbzeitpause

Lesezeit 4 Minuten
1. FC Köln vs. Darmstadt 98, 26. Spieltag, 15.03.2025, 20.30 Uhr, Applaus vor der Südtribüne für Marvin Schwäbe (1. FC Köln), Bild: Herbert Bucco

Und dann die Hände zum Himmel: FC-Torwart Marvin Schwäbe lässt sich von seinen Mitspielern feiern.

Erst in Überzahl kommt der 1. FC Köln zum 2:1-Sieg gegen den SV Darmstadt 98 – und muss sich am Ende sogar noch bei Torhüter Marvin Schwäbe bedanken. Jusuf Gazibegovic droht länger auszufallen.

Die Fans in der Südkurve wussten, bei wem sie sich zu bedanken hatten, und so schallte nach dem Abpfiff der Name von Marvin Schwäbe durchs Stadion. Der Torhüter des 1. FC Köln winkte freundlich zurück, nachdem er beim 2:1 (1:0)-Erfolg gegen den SV Darmstadt 98 zum Sieggaranten avancierte. Auch Torschütze Jan Thielmann stimmte in die Lobeshymne mit ein und hob seinen Schlussmann als „überragenden“ Rückhalt zwischen den Pfosten hervor. Mit einer Parade aus kurzer Distanz gegen Aleksandar Vukotic hatte Schwäbe tief in der Nachspielzeit drei wichtige Punkte festgehalten, die in Anbetracht einer mehr als 30-minütigen Überzahl eigentlich nicht mehr in Gefahr hätten geraten dürfen.

Entsprechend verhalten fielen die Reaktionen aus. Die ganz große Euphorie wollte unter den 50.000 Zuschauern in Müngersdorf nicht aufkommen. Zu holprig war auch dieser Erfolg von Gerhard Strubers Mannschaft zustande gekommen, die nach einer ganz schwachen ersten Halbzeit zur Pause noch mit Pfiffen bedacht worden war. Bei den FC-Profis hielt sich der Jubel ebenfalls in Grenzen. „Wir müssen endlich anfangen, besseren Fußball zu spielen“, forderte Jan Thielmann, dessen Führungstor nach gerade einmal 50 Sekunden nicht zur erhofften spielerischen Steigerung beigetragen hatte.

Auch Luca Waldschmidt fand mahnende Worte. „Wir müssen einiges draufpacken. Sonst wird es ganz schwer, Spiele zu gewinnen“, erklärte der frühere Nationalspieler, der in diesen Tagen mit gutem Beispiel vorangeht. Mit einem verwandelten Foulelfmeter nach Videobeweis (80.) zeichnete sich Waldschmidt wie schon eine Woche zuvor beim SSV Ulm (1:0) für den Siegtreffer verantwortlich.

Wir haben den Spielbetrieb mehr oder weniger eingestellt.
Christian Keller, FC-Sportchef, über die Phase nach dem schnellen 1:0

Durch den zweiten Sieg in Folge verabschiedeten sich die Kölner auf einem Aufstiegsplatz in die Länderspielpause. Der Vorsprung auf den vierten Tabellenplatz wuchs auf vier Punkte an. Dem Wiederbeginn am 29. März beim SC Paderborn kommt nunmehr eine wegweisende Bedeutung zu. Gelingt gegen den direkten Verfolger ein weiterer Erfolg, könnte sich der FC auch vom Relegationsplatz etwas absetzen. Die Kölner wollen die zweiwöchige Unterbrechung nutzen, um ihr Lazarett zu verkleinern.

„Wichtig ist, dass wir schnell wieder eine hohe Verfügbarkeit im Kader zurückbekommen. Da hilft uns die Länderspielpause ein wenig“, meinte Gerhard Struber, der allerdings den nächsten Ausfall befürchten muss. Winterzugang Jusuf Gazibegovic gehe es „nicht gut“, sorgt sich der FC-Trainer. „Es blüht auch hier wieder der Knöchel nach einer sehr unsauberen Attacke.“ Der Bosnier war von Fraser Hornby an der Seitenauslinie mit offener Sohle aus der Partie befördert worden (66.). Eine MRT-Untersuchung soll am Montag Aufschluss darüber gehen, wie schwer es Gazibegovic erwischt hat.

Die daraus resultierende Gelb-Rote Karte gegen den Darmstädter Torschützen zum 1:1-Ausgleich (25./Handelfmeter nach Videobeweis) sorgte für einen „Domino-Effekt“ (Gerhard Struber) in einer Partie, die der FC erst durch einen Dreifachwechsel in der Halbzeit besser in den Griff bekommen hatte. Trotz des schnellsten Kölner Saisontores von Jan Thielmann, der nach einem kapitalen Fehlpass von Sergio López nur noch einschieben brauchte (1.), waren die Kölner erneut in Passivität verfallen. „Wir haben den Spielbetrieb mehr oder weniger eingestellt“, monierte Sportchef Christian Keller.

Das war einfach die totale Unzufriedenheit in der ersten Halbzeit, mit unserem Spieltempo und unserer offensiven Ausrichtung.
Gerhard Struber, FC-Trainer, über den Dreifachwechsel in der Halbzeit

Gerhard Struber reagierte mit einer drastischen Maßnahme und wechselte zur Pause in Steffen Tigges, Florian Kainz und Mathias Olesen gleich drei Spieler auf einmal aus. „Das war einfach die totale Unzufriedenheit in der ersten Halbzeit, mit unserem Spieltempo und unserer offensiven Ausrichtung“, begründete Struber die Personalrochade und sah sich bestätigt: „Ein Schlüssel, dass wir das Spiel positiv gestalten konnten, waren sicherlich auch die Wechsel.“

Mit Dejan Ljubicic, Denis Huseinbasic und Imad Rondic entwickelte der FC mehr Schwung. Das 30-minütige Comeback des lange verletzten Tim Lemperle veränderte das Kölner Spiel dann endgültig. „Tim gibt uns nochmal eine ganz andere Unberechenbarkeit in der Tiefe. Er ist für uns eine ganz wichtige Stütze, weil er über seine Dynamik eine Schlüsselqualifikation für unsere Spielausrichtung mitbringt“, freute sich Struber über die Rückkehr des Hinrunden-Torjägers.

Dennoch mussten die Kölner ob ihrer fast schon fahrlässigen Chancenverwertung bis zum letzten Moment bangen. „Wir haben uns in Überzahl vieles gut herausgespielt. Wir hatten aber nicht den letzten Punch, die Dinge über die Linie zu bringen“, sagte Struber, der seine Mannschaft in Schutz nahm: „Ich würde das nicht an fehlender Ernsthaftigkeit festmachen, sondern vielmehr an der fehlenden totalen Überzeugung. Die gilt es wieder aufzubauen.“