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Rheinderby in Düsseldorf1. FC Köln betreibt wieder Chancenwucher, Fortuna ist im Glück

Lesezeit 5 Minuten
Unfassbar: Jona Niemiecs verunglückter Flankenball schlägt hinter dem machtlosen Kölner Keeper Jonas Urbig zum 2:2-Ausgleich ein.

Unfassbar: Jona Niemiecs verunglückter Flankenball schlägt hinter dem machtlosen Kölner Keeper Jonas Urbig zum 2:2-Ausgleich ein.

Ein Düsseldorfer Glücksschuss in der letzten Minute hat den 1. FC Köln um den Sieg im Zweitliga-Rheinderby bei der Fortuna gebracht.

Alle Kölner hatten sich schon zum Derby-Jubel bereit gemacht, als der letzte Ball Richtung Jonas Urbig flog, eine von Jona Niemiec abgesendete Flanke der Verzweiflung von weit rechts draußen. Sekunden später gab es nur noch verzweifelte, konsternierte Gesichter im Lager des 1. FC Köln zu sehen, denn der Ball des eingewechselten Niemiec hatte sich zum überglücklichen 2:2 (1:1)-Ausgleich für Fortuna Düsseldorf hinter den Kölner Keeper ins Tor gesenkt.

Wie schon beim 1:2 eine Woche zuvor im Heimspiel gegen den 1. FC Magdeburg hatte Chancenwucher die überlegenen Kölner einen sicheren Sieg gekostet. Der FC tritt damit in der 2. Fußball-Bundesliga mit acht Punkten erst einmal weiter im Mittelfeld auf der Stelle, während der Erzrivale aus Düsseldorf seine Tabellenführung mit 14 Zählern vorerst verteidigte.

„Wir haben das Spiel kontrolliert, dominiert und viele Chancen heraus gespielt. Wir müssen uns vorwerfen, dass wir den Sack nicht zugemacht und dem Gegner immer etwas Luft gegeben haben. Zu erkennen, dass wir heute nur einen Punkt mitnehmen ist bitter, denn wir hätten einen Sieg verdient gehabt. Deshalb feiern wir das Ergebnis nicht. Die Art und Weise, wie wir spielen und hier beim Spitzenreiter aufgetreten sind, gibt uns aber viel Selbstvertrauen“, sagte FC-Trainer Gerhard Struber.

61. Rheinderby: Duell Offensive gegen Defensive in interessanter Aufstellung

Der Österreicher reagierte auf den krankheitsbedingten Ausfall von Dejan Ljubicic mit einer interessanten Umstellung. Tim Lemperle rückte aus der Doppelspitze auf Ljubicics rechte Achter-Position. Luca Waldschmidt kam neu ins Team und besetzte die Position neben Damion Downs im Angriff. „Luca ist ein Spieler, der uns mit seiner Kreativität verblüffen kann. Er soll ein Stück weit Freiheit in seiner Rolle genießen“, begründete Struber seine Entscheidung. FC-Topscorer Linton Maina stand trotz seiner Rückenprobleme in der Startelf.

Das 61. Rheinderby war auch ein Duell der besten Offensive gegen die beste Defensive der 2. Liga. „Wir werden sehen, was das Spiel entscheidet“, erklärte Fortuna-Coach Daniel Thioune, dessen Team in den ersten fünf Saisonspielen erst ein Gegentor kassieren musste. Das Spiel zog sich dann auch wie erwartet auf. Die Düsseldorfer standen recht tief und lauerten auf schnelle Konter. Der FC hatte viel Ballbesitz und diktierte das Geschehen.

Kölner Führung hält nur sechs Minuten

Die Struber-Elf fand schnell ihr Spiel und verzeichnete nach einer fein ausgeführten Ecken-Variante den ersten gefährlichen Abschluss durch Waldschmidt, der aus 15 Metern seinen Meister in Fortuna-Keeper Florian Kastenmeier fand (10.). Die Kölner blieben am Drück und kamen mit dem starken Maina immer wieder über ihre linke Seite. Erst segelte eine Freistoßflanke des linken Achters knapp am rechten Pfosten vorbei (17.), dann scheiterte Lemperle nach einem Maina-Steckpass an Kastenmeier (20.).

Die folgende Ecke brachte die verdiente Führung. Mainas Flanke von rechts prallte am Fünfer genau zu Eric Martel ab, der aus acht Metern zum 0:1 einköpfte (21.). Die Kölner hatten sich für ihr dominantes Spiel belohnt, durften sich aber nur sechs Minuten freuen. Rechtsverteidiger Jan Thielmann ließ Tim Rossmann ziehen, dessen Flanke Julian Pauli in höchster Eigentor-Gefahr am Fünfer nicht klären konnte. Düsseldorfs Rechtsverteidiger Emmanuel Iyoha kam herangerauscht und drosch den Ball diagonal flach zum 1:1 ins linke Eck (27.). Direkt danach hätte Fortuna-Torjäger Dawid Kownacki das Spiel beinahe noch mehr auf den Kopf gestellt, zog aber knapp rechts am Tor von Jonas Urbig vorbei (28.).

FC klar das bessere Team

Abschlüsse von Maina (29.) und Waldschmidt (31.) zogen das Geschehen wieder auf die Seite des FC. Nach einem verunglückten Ausflug von Kastenmeier gegen Lemperle, hätte die erneute Führung fallen können. Fortuna-Kapitän Andre Hoffmann rettete aber gegen Waldschmidts 16-Meterschuss per Kopf drei Meter vor der Linie für seinen abwesenden Torhüter (31.). Das Fazit der ersten Hälfte lautete: Die Kölner machten bei 9:3-Torschüssen und 57 Prozent Ballbesitz vorne zu wenig aus ihren guten Möglichkeiten und zeigten sich hinten einmal mehr zu anfällig.

Auch die ersten Chancen des zweiten Durchgangs gehörte den Geißböcken. Waldschmidt traf aus 13 Metern mit links aber das Tor nicht (47.) und Damion Downs konnte Kastenmeier zweimal nicht überlisten (53./56.) und schoss dann neben das Tor (57.). Als auch der überragende Denis Huseinbasic am Düsseldorfer Torwart scheiterte (60.) war das 2:1 längst überfällig.

Es fiel nach einem Konter der Spitzenklasse. Huseinbasic setzte auf links Maina ein, der sich im Direktspiel mit Lemperle freie Fahrt auf das Düsseldorfer Tor verschaffte und dann cool im Abschluss blieb. Ein Haken, ein Schuss mit rechts und das dritte Saisontor des 25-Jährigen war perfekt (61.).

Der FC war das fußballerisch klar bessere Team und verpasste bei einer Doppelchance von Waldschmidt und Lemperle (67.) die Vorentscheidung. Düsseldorfs bester, Florian Kastenmeier, war zweimal auf seinem Posten und wehrte auch den nächsten Versuch des unermüdlichen Lemperle ab (77.). Die Statistiker notierten am Ende 23:10-Torschüsse für die Kölner. Der Chancenwucher der vergangenen Woche setzte sich fort.

Düsseldorfer Glücksmoment durch Niemiec

So blieb die unterlegene Fortuna wie der FC Magdeburg einen Spieltag zuvor bis zum Schlusspfiff im Rennen und erlebte nach einem Lattentreffer von Giovanni Haag (90.+1) mit der letzten Aktion des Spiels den unfassbaren Glücksmoment durch den eingewechselten Jona Niemiec und sein Zufallsprodukt (90.+5).

Riesige Enttäuschung: Kölns Linton Maina schlägt nach der dem 2:2 im Rheinderby in Düsseldorf die Hände vors Gesicht.

Riesige Enttäuschung: Kölns Linton Maina schlägt nach der dem 2:2 im Rheinderby in Düsseldorf die Hände vors Gesicht.

„Wir haben gegen die stärkste Mannschaft der Liga gespielt. Wenn man so wie der FC Fußball spielt, werden sich die Ergebnisse auch einstellen. Wir versuchen etwas besseren Fußball zu spielen, bei uns stimmen aber die Ergebnisse“, sagte Düsseldorfs Trainer Daniel Thioune.

„Wir bekommen zu viele Gegentore. Das 1:1 können wir durch besser verteidigen, das zweite ist aber reiner Zufall. Ansonsten haben wir keine große Torchance der Fortuna zugelassen und gut und kompakt im Pressing gearbeitet. Unser Spiel ist offensiv ausgerichtet und schön anzusehen. Wir hätten bislang alle sechs Spiele gewinnen können. Wir müssen uns bald belohnen“, analysierte FC-Sportchef Christian Keller das 2:2-Remis beim Tabellenführer.


Statistik:

Fortuna Düsseldorf: Kastenmeier; Iyoha (69. Niemiec) , Hoffmann, Oberdorf, Gavory (69. Fridiriksson); Zimmermann, Johannesson; Klaus, Schmidt (46. Haag), Rossmann; Kownacki. – 1. FC Köln: Urbig; Thielmann, Hübers, Pauli, Pacarada (90.+4 Heintz); Martel Huseinbasic, Lemperle (86. Olesen), Maina; Waldschmidt, Downs (63. Tigges). – SR.: Dingert (Lebecksmühle). – Zuschauer: 51.500 (ausverkauft). – Tore: 0:1 Martel (21.), 1:1 Iyoha (27.), 1:2 Maina (61.), 2:2 Niemiec (90.+5). – Gelbe Karten: Schmidt; Waldschmidt, Theilmann, Struber.