FC-Trainer Gerhard Struber verzichtet gegen den Ligakonkurrenten auf Rotation. Bei einem Sieg winkt das erste Viertelfinale seit 2010.
Pokalspiel gegen Hertha BSCUrbig und Finkgräfe beim 1. FC Köln erneut nur auf der Bank
Thomas Kessler war selbst noch dabei, als dem 1. FC Köln zum vorerst letzten Mal der Einzug ins Viertelfinale des DFB-Pokals gelang. In der Saison 2009/2010 war das, die jüngeren Fans des Fußball-Zweitligisten dürften sich kaum mehr erinnern. Die seinerzeit von Zvonimir Soldo trainierten Kölner waren durch einen 3:0-Sieg bei Eintracht Trier in die Runde der letzten Acht eingezogen, ehe eine von denkwürdigen Umständen begleitete 0:2-Niederlage beim FC Augsburg den Traum von Berlin auf bittere Art zerplatzen ließ. Als Ersatztorwart musste Kessler von draußen mitansehen, wie Adil Chihi, Lukas Podolski und Petit vom übertrieben kleinlich pfeifenden Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer nacheinander vom Platz gestellt wurden.
Fast 15 Jahre und viele frühzeitig gescheiterte Versuche später bietet sich den Geißböcken erstmalig wieder die Aussicht, den Sprung ins Viertelfinale zu schaffen und obendrein weitere 1,7 Millionen Euro an Prämien einzustreichen. Thomas Kessler, der mittlerweile als Leiter der Lizenzspieler-Abteilung des 1. FC Köln tätig ist, will mit seinem Heimatverein die seltene Gelegenheit ergreifen: „Wir hatten dieses Jahr etwas Losglück mit zwei Heimspielen in Folge. Es ist eine riesige Chance und lange her, dass wir diese Chance zuletzt hatten. Diese wollen wir nutzen“, verdeutlichte der 38-Jährige am Montag, zwei Tage vor dem Achtelfinale in Müngersdorf gegen den Aufstiegskonkurrenten Hertha BSC Berlin (Mittwoch, 18 Uhr/ZDF und Sky).
Während andere Trainer Pokalspiele gerne mal nutzen, um Wechsel vorzunehmen, will Gerhard Struber jener Elf vertrauen, die seit fünf Pflichtspielen ungeschlagen ist. „Wir haben mit Hertha BSC einen schweren Gegner, gegen den wir keine Experimente bauen wollen. Wir wollen die Jungs aufs Feld schicken, bei denen wir das Vertrauen haben, dass es in eine Richtung geht, das Spiel zu gewinnen“, erteilte der Österreicher der Frage nach Rotation eine deutliche Absage. Das bedeutet auch, dass erneut Marvin Schwäbe zwischen den Pfosten stehen wird. „Marvin Schwäbe hat es in den letzten Wochen gut gemacht. Es bietet sich jetzt nicht an, etwas zu verändern. Ich denke, dass es im Moment so gut ist, wie es ist“, fuhr Gerhard Struber fort.
Der FC-Trainer hatte das Zweitrundenspiel Ende Oktober gegen Holstein Kiel (3:0) zum Anlass genommen, um Eigengewächs Jonas Urbig aus dem Tor zu nehmen. Die damalige Situation sei im Vergleich zur heutigen jedoch „eine ganz andere“, betont Struber. „Der Moment sagt uns, dass wir seit dieser Entscheidung ordentliche Spiele mit wenigen Gegentoren abgeliefert haben, an denen Marvin seinen Anteil hatte. Ich glaube, dass es in unserer Situation gut ist, stabil zu bleiben – in dem Wissen, dass ich mit Jonas einen Torhüter habe, der jederzeit auch wieder hereinspringen kann.“
Seit dem Verlust seines Stammplatzes kursieren Gerüchte über einen Abgang Urbigs in der Winterpause. Es soll Interesse aus der Premier League am U21-Nationaltorwart geben. Struber ist darum bemüht, seine ehemalige Nummer eins bei Laune zu halten: „Es gab schon vor einiger Zeit einen offenen Austausch zwischen Jonas und mir über seine momentane Situation und wie wir perspektivisch für ihn wieder etwas einbauen, was ihm Hoffnung und Motivation gibt, hier dranzubleiben. Ich muss sagen, dass es Jonas in den letzten Wochen in der neuen Rolle sehr gut gemacht hat“, sagte der 47-Jährige.
Thomas Kessler macht keinen Hehl daraus, dass sich der 1. FC Köln als selbsterklärter Ausbildungsverein gerade bei der Torhüterfrage in einer brenzligen Situation befindet. „Das ist ein Thema, das wir uns natürlich anschauen“, ließ der Lizenzspielerleiter durchblicken. Weiter sagte er: „Natürlich ist die Situation für Jonas unbefriedigend, keine Frage. Er will spielen und hat auch die Qualität, zu spielen. Jetzt haben wir aber einen anderen Torhüter. Irgendwann wird der Tag kommen, an dem Jonas wieder die Chance bekommt. Wann das sein wird, kann man im Fußball nie sagen.“
Max Finkgräfe dürfte sich ebenfalls seine Gedanken machen. Der Senkrechtstarter aus der Abstiegssaison hat seinen Stammplatz links hinten an Routinier Leart Pacarada verloren. Auch für das Pokalspiel am Mittwoch hat Gerhard Struber für den neuen U20-Nationalspieler keinen Startelfplatz eingeplant: „Wir haben über die letzten Wochen viele Spieler auf einem ordentlichen Level gesehen. Ich bin kein Trainer, der diesen Spielern relativ schnell das Vertrauen entzieht. Ich bleibe meinen Entscheidungen treu“, unterstrich der FC-Coach, der den Blick nicht allzu weit zurückwirft: „Was davor war, berührt mich nicht so sehr. Man ist letztes Jahr abgestiegen und hat seit Sommer mit mir die Gelegenheit, sich zu beweisen. Daraus mache ich mir ein Bild, und nicht daraus, was irgendwann in der Vergangenheit mal gewesen ist.“
Struber machte deutlich, dass Leart Pacarada im Zweikampf mit Finkgräfe trotz einer auch am Samstag gegen Hannover 96 (2:2) defensiv unsicheren Vorstellung weiter die Nase vorn hat: „Wir haben einen Kader mit vielen Jungs, die etwas mitbringen. Zu ihnen zählt auch ein Max Finkgräfe. Aber es gibt auf der Position auch einen anderen Burschen, der es über weite Strecken in dieser Saison sehr gut gemacht hat, und deshalb gibt es wettbewerbsübergreifend keine Rotation. Wir wollen weiterkommen und unsere Ziele im Auge behalten.“