Obwohl der Angriff seit Monaten nicht mehr richtig in Schwung kommt, verzichtete der Zweitliga-Tabellenführer im Winter auf eine vorzeitige Rückbeorderung von Said El Mala vom Stadtnachbarn Viktoria Köln. Der Vorgang passt zum zögerlichen Umgang des FC mit seinen Talenten.
Offensivkrise des 1. FC KölnVerzicht auf verliehenen Shootingstar Said El Mala wirft Fragen auf
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Sorgt in der 3. Liga für Furore: FC-Leihgabe Said El Mala, der mit seinen Toren den Stadtnachbarn Viktoria Köln vom Aufstieg in die 2. Bundesliga träumen lässt.
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Der Sportpark Höhenberg verzeichnete am Freitagabend den besten Besuch der Saison. Mehr als 8000 Zuschauer waren erschienen, um dem Drittliga-Westduell zwischen Viktoria Köln und Alemannia Aachen beizuwohnen. Nicht wenige von ihnen dürften in freudiger Erwartung einer weiteren Talent-Kostprobe von Said El Mala an den Rand der Merheimer Heide gepilgert sein, und sie wurden einmal mehr nicht enttäuscht. Mit einem seiner inzwischen berüchtigten Sololäufe zum 1:1-Ausgleich leitete der Leihspieler von Fußball-Zweitligist 1. FC Köln die Wende zu Gunsten der Hausherren ein. Obgleich der U19-Nationalspieler zur Pause angeschlagen in der Kabine bleiben musste, stand am Ende ein weiterer Erfolg der Viktoria. Das 3:1 war der sechste Sieg aus den jüngsten acht Spielen und hielt die leisen Aufstiegshoffnungen des Überraschungsteams am Leben.
Der 1. FC Köln offenbarte zeitgleich bei seiner 0:3-Pleite in Magdeburg bekannte Offensivprobleme. Nach guter Anfangsphase war das Angriffsspiel von Gerhard Strubers Mannschaft erneut nahezu vollständig zum Erliegen gekommen. Es fehlte an einer klar erkennbaren Idee, an Spielwitz, Raffinesse und Tiefgang. Die Geißböcke spielten ähnlich mau wie bei ihren knappen Siegen in den Wochen und Monaten zuvor, allerdings mit einem entscheidenden Unterschied. Diesmal wusste der Gegner den nächsten uninspirierten Auftritt des Zweitliga-Tabellenführers zu bestrafen. Besonders alarmierend war der Umstand, dass den Kölnern nach dem 0:1-Rückstand die Mittel fehlten, um eine Reaktion zu zeigen.
Nichts ist wichtiger, als dass er auf dem Platz steht. Man weiß ja nicht, wie es beim FC gelaufen wäre.
Die zweithöchste Saisonniederlage machte deutlich, dass sich der vermeintliche Favorit auf einem nicht ungefährlichen Weg befindet. Auf Dauer reicht es offenkundig nicht aus, sich beim Unternehmen direkter Wiederaufstieg auf die zuletzt so stabile Defensive und die individuelle Klasse einzelner Offensivspieler wie Damion Downs oder Linton Maina zu verlassen. Sieben Zweitligaspiele seit der Systemumstellung Ende Oktober gewannen die Kölner 1:0. Kassierte der FC dagegen mindestens ein Gegentor, konnte er drei von fünf Spielen nicht für sich entscheiden.
Die Kölner Offensivkrise ist auch eine Krise der Einzelspieler. Luca Waldschmidt hängt in einem gefühlten Dauertief fest. Florian Kainz kommt auch ohne Kapitänsbinde nicht mehr so recht in Schwung. Tim Lemperle ist seit Anfang Dezember verletzt, Mark Uth noch viel länger. Denis Huseinbasic fehlt derzeit die Leichtigkeit seiner Anfangszeit. Jan Thielmann kämpft damit, zwischen Defensive und Offensive hin und her geschoben zu werden. Und Youngster Marvin Obuz kommt nicht mal in Zeiten von Personalknappheit und fehlender Torgefahr zum Zug.
Für Said ist es mit Abstand das Beste, sich bei der Viktoria in aller Ruhe zu entwickeln, um im Sommer hoffentlich den nächsten Schritt bei uns zu gehen.
Stellt sich unweigerlich die Frage, warum der 1. FC Köln in der Winterpause eigentlich nicht von seiner Klausel Gebrauch gemacht hat, um den im vergangenen Sommer langfristig bis 2029 unter Vertrag genommenen Said El Mala vorzeitig ans Geißbockheim zurückzuholen. Der 18-Jährige befindet sich seit geraumer Zeit in bestechender Verfassung, die 3. Liga hat derzeit wohl keinen besseren Linksaußen zu bieten. So mancher Drittliga-Trainer ist der Meinung, El Mala habe schon jetzt nichts mehr in dieser Liga zu suchen.
Weil der deutsche Junioren-Nationalspieler selbst mit Ball schneller ist als viele seiner Gegenspieler. Weil er über Technik und Mut verfügt, um im Eins-gegen-eins Lücken zu reißen. Weil er Spielsituationen lesen kann und obendrein ein Auge für seine Mitspieler hat. Und nicht zuletzt, weil er mit acht Toren und fünf Vorlagen in 23 Spielen über Kaltschnäuzigkeit im Abschluss verfügt. Allesamt Fähigkeiten also, die der schwerfälligen Offensive der Geißböcke gut zu Gesicht stehen würden. Das sieht dem Vernehmen nach auch Trainer Gerhard Struber so, der nach El Malas Gala im Testspiel gegen den FC Mitte Januar intern von Viktorias Offensivwaffe geschwärmt haben soll.
FC-Trainer Gerhard Struber soll intern von Said El Mala schwärmen
Eine vorzeitige Rückbeorderung von Said El Mala soll hinter den Kulissen jedoch nie ernsthaft zur Diskussion gestanden haben. „Wir haben relativ früh besprochen, dass Said das halbe Jahr nochmal nutzen soll, um bei uns 3. Liga zu spielen“, berichtet Stephan Küsters. Viktorias Sportlicher Leiter adelt El Mala als einen „überragenden Spieler, der eine super Saison spielt und genau weiß, wo er hinmöchte“. Küsters gibt aber ebenso zu bedenken: „Nichts ist wichtiger, als dass er auf dem Platz steht. Man weiß ja nicht, wie es beim FC gelaufen wäre. Der FC will hoch, der Druck ist dort ein ganz anderer als bei uns. Deswegen ist es gut, dass der Junge noch bei uns ist.“ Auch FC-Sportchef Christian Keller hatte auf dem Mitglieder-Stammtisch im Januar betont, dass es für El Mala „mit Abstand das Beste“ sei, „sich bei der Viktoria in aller Ruhe zu entwickeln, um im Sommer hoffentlich den nächsten Schritt bei uns zu gehen“. Vom Potenzial des Tempo-Dribblers sei man überzeugt. „Wir haben uns nicht umsonst extrem früh um ihn bemüht.“
Dennoch passt der Umgang mit der Personalie Said El Mala gewissermaßen ins Bild eines Clubs, der bei seinen Talenten dazu neigt, eher etwas abwartender zu agieren, anstatt stärker auf die Gegenwart bezogen zu handeln. Während die routinierten Winterzugänge Jusuf Gazibegovic, Joel Schmied und Imad Rondic auch ohne Bundesliga-Erfahrung mit mehrjährigen Verträgen ausgestattet wurden, entschieden sich die FC-Verantwortlichen bei den Eigengewächsen Tim Lemperle, Damion Downs und Max Finkgräfe dazu, zunächst die weitere Entwicklung zu beobachten. Bei Lemperle ist das Ringen um eine Zukunft in Köln bereits verloren, der Torjäger wird den FC nach Saisonende ablösefrei Richtung Hoffenheim verlassen. Ein Verbleib von Downs und Finkgräfe, deren Arbeitspapiere im Sommer 2026 auslaufen, gilt als unsicher. Jeder weitere Rückschlag im Aufstiegsrennen dürfte eine Einigung zusätzlich erschweren.