Der Power-Fußball des 1. FC Köln ist ins Stocken geraten. Beim 0:2 gegen den VfL Wolfsburg blieben die Geißböcke zum vierten Mal in den jüngsten fünf Spielen ohne eigenen Treffer. Trainer Steffen Baumgart sieht sich in der Verantwortung, Lösungen zu finden.
Keine Chancen, keine Punkte1. FC Köln kämpft mit Offensivproblem
Steffen Baumgart war gedanklich „zu sehr im Tunnel“, um die atemberaubenden Momente in Müngersdorf am Samstagnachmittag um kurz vor halb vier vollumfänglich aufsaugen zu können. Als nachträgliche Huldigung zum 75-jährigen Vereinsjubiläum des 1. FC Köln hatte die aktive Fanszene eine Choreografie erschaffen, die sich über alle vier Tribünen des Rhein-Energie-Stadions erstreckte und in der Geschichte des Fußball-Bundesligisten ihresgleichen suchte.
Fast 50 000 Zuschauer hielten rote und weiße Papptafeln in die Höhe, dazu donnerte der BAP-Klassiker „FC, jeff Jas!“ aus den Lautsprechern. Die Südkurve formte das FC-Emblem, im Osten waren die Wappen der Ursprungsvereine Kölner BC 01 und SpVgg Sülz 07 zu sehen, der Norden zeigte das Abbild des Gründungsvaters Franz Kremer, während im Westen dessen legendäre Frage aus dem Jahr 1948 zu lesen war: „Wollen Sie mit mir deutscher Meister werden?“ Davie Selke war baff. „Es sah brutal aus“, staunte der FC-Stürmer.
Kölnern fehlt es an offensiver Durchschlagskraft
Doch hinterher herrschte Ernüchterung im Kölner Westen. Die Geißböcke hatten ihr Heimspiel gegen den cleveren VfL Wolfsburg mit 0:2 (0:1) verloren, weil sie wie schon bei der 0:3-Pleite beim VfB Stuttgart deutlich unter Normalform geblieben waren. Damit droht der fulminante Start ins Jahr 2023 zunehmend zu verblassen. Der Trend zeigt nach unten, obgleich der sieben Zähler betragende Rückstand auf Conference League-Platz sieben (Wolfsburg) genauso groß ausfällt, wie der Vorsprung auf den Relegationsrang (Hoffenheim).
Der Hauptgrund für den Durchhänger liegt darin, dass es den Kölnern zurzeit nicht gelingt, offensive Durchschlagskraft zu entwickeln. „Im Moment fällt es uns schwer, klarste Chancen herauszuspielen. Das war in Stuttgart so, und das war auch auf Schalke so“, fasste Steffen Baumgart zusammen. Die (beachtliche) Nullnummer gegen Leipzig miteingerechnet, sind die Kölner sogar in vier der jüngsten fünf Auftritte ohne Torerfolg geblieben. „Wir waren schon mal torgefährlicher. Daran müssen wir arbeiten“, konstatierte der FC-Trainer.
Nach Meinung Baumgarts ist der Mangel an Torchancen keine Frage des Einsatzes. „Ich finde, dass die Jungs viel tun. Aber wir schaffen es im Moment halt nicht.“ Bei der Suche nach Lösungen sieht er sich in der Hauptverantwortung: „Es ist meine Aufgabe, die Jungs dahinzubringen.“ Ansatzpunkte hat Baumgart mehrere ausgemacht: „Es gibt im Moment viele Dinge, an denen wir arbeiten müssen, um wieder zu guten Torchancen zu kommen.“ Der Sportliche Leiter Thomas Kessler hatte gegen Wolfsburg „fehlende Überzeugung in der ein oder anderen Situation“ erkannt.
Krankheitswelle im FC-Kader erwischt auch Denis Huseinbasic
Erschwerend war hinzugekommen, dass der FC neben dem erneut verletzten Anläufer Jan Thielmann auf gleich drei erkrankte Akteure verzichten musste. Das Fehlen von Florian Kainz war nicht zu übersehen. Neben dem Topscorer sowie dem offensivstarken Rechtsverteidiger Benno Schmitz war auch Denis Huseinbasic kurzfristig noch von der Krankheitswelle erfasst worden. Für den Senkrechtstarter rückte Mathias Olesen auf die Spielmacher-Position. Allerdings gelang es dem jungen Luxemburger auch im fünften Startelf-Einsatz nicht, Kreativität zu initiieren. Schon in Stuttgart war Baumgarts Experiment mit Ellyes Skhiri auf der Zehn schief gegangen.
Und so mangelte es in der Kölner Schaltzentrale auch dieses Mal an Impulsen. Das wiederum führte mit dazu, dass die hochgewachsene Doppelspitze Steffen Tigges/Davie Selke auf verlorenem Posten stand. Winter-Zugang Selke („Ich ärgere mich, dass ich das nicht abrunden konnte“) verbuchte in seinem ersten Einsatz über die komplette Distanz die einzige Kölner Großchance (89.). „Es gab die ein oder andere Situation, bei der ich mir gewünscht hätten, dass die Bälle besser zu ihm vorne reingespielt worden wären“, sieht Steffen Baumgart Steigerungsbedarf, was die Einbindung seiner glücklosen Mittelstürmer angeht. Das letzte Kölner Stürmertor, es datiert vom 21. Januar, dem 7:1 gegen Bremen.
Auch defensiv funktionierte der FC in den entscheidenden Momenten nicht. „Wir müssen das besser verteidigen“, haderte Baumgart mit der Entstehung des frühen 0:1. Vor dem verdeckten Kullerball des Ex-Kölners Yannick Gerhardt („Es war kein wunderschönes Tor, aber für uns in der Situation enorm wichtig“), bei dem Torwart Marvin Schwäbe grob patzte, hatten Jeff Chabot und Co. reklamiert – und die Arbeit einfach eingestellt.
„Marvin spielt auf einem sehr hohen Niveau. Es passt aber irgendwie zum heutigen Spiel, dass er den Ball vielleicht ein bisschen zu spät sieht“, nahm Ex-Keeper Thomas Kessler die sonst so beständige Kölner Nummer Eins in Schutz. Beim Elfmeter zum 0:2 (Maximilian Arnold, 68.) war dann Kapitän Jonas Hector zu ungestüm ins Duell mit Kilian Fischer gegangen.
„Gefühlt waren die ersten beiden Schüsse drin“, sah Steffen Baumgart hocheffektive Wölfe, die sich darauf konzentrierten, defensiv sicher zu stehen. „Es könnte ein Kompliment sein, dass Mannschaften mit einer derartigen Qualität mit Respekt zu uns kommen. Das haben wir uns auch erarbeitet. Allerdings müssen wir lernen, uns auf diesen Räumen durchzusetzen. Da fehlt noch etwas.“
Und auch am Schiedsrichter ließ der FC-Coach kein gutes Haar. „Alles“, antwortete der 51-Jährige auf die Frage, was ihm an der Spielleitung von Frank Willenborg missfallen habe. Der Unparteiische hatte es verpasst, die vielen kleinen Wolfsburger Fouls frühzeitig mit Gelb zu ahnden. Auch das war ein Grund, weshalb die Kölner an diesem Samstagnachmittag, der so spektakulär begonnen hatte, nie zu ihrem Rhythmus fanden.