Julian Pauli hat sich in seinem ersten Halbjahr als Profi des 1. FC Köln auf Anhieb zum Stammspieler entwickelt. Im Rundschau-Interview blickt der 19-jährige Innenverteidiger auf die Zweitliga-Hinrunde zurück - und seine nicht immer einfache Zeit als Nachwuchsspieler.
Julian Pauli ist der Shootingstar beim 1. FC Köln„Das Meiste mache ich mit mir aus“
Julian Pauli hat eine Deutsche als Mutter und einen Deutsch-Engländer als Vater. Der 19-jährige Innenverteidiger des 1. FC Köln könnte also für beide Länder spielen. Martin Sauerborn unterhielt sich mit dem Shooting-Star der Hinrunde im FC-Trainingslager im spanischen Estepona.
Hallo Julian, hast Du eigentlich Erinnerungen an London oder noch eine Beziehung zu der Stadt, in der Deine Eltern lange gelebt und Du geboren worden bist?
Tatsächlich fühle ich mich in London immer noch zu Hause. Ich war über Silvester dort und habe Freunde und Familie getroffen. Das Feuerwerk haben wir uns aber nicht angeschaut. Es war viel zu voll und der Eintritt zu dem abgesperrten Zuschauerbereich in der Nähe des Feuerwerks hätte 50 Pfund gekostet. Das war es uns nicht wert.
Dass Du nach London gereist bist und hier im Trainingslager wieder voll bei der Sache bist, spricht dafür, dass es Deinem Kopf nach der Gehirnerschütterung aus dem Pokalspiel gegen Hertha BSC wieder gut geht.
Ja, ich habe die Tage über nichts mehr gemerkt. Das habe ich auch dem Trainer gesagt. Die Szene sah zuerst gar nicht so schlimm aus und Du hast auch zunächst weitergespielt. Ich dachte, es wäre nur eine Platzwunde und ich könnte weitermachen. Daran war mein Ehrgeiz schuld und die mangelnde Erfahrung. Das war nicht clever. Der erste Tag nach dem Spiel war echt chaotisch.
Warum chaotisch?
Ich konnte mich schwer konzentrieren – und war total lärm- und lichtempfindlich. Die Tests haben dann schnell und relativ eindeutig ergeben, dass nicht alles okay ist. Vor dem Spiel in Kaiserslautern war ich nach zwei Wochen Pause wieder im Training, habe dann aber am Tag vor der Abreise wieder Kopfschmerzen gehabt. Ich habe an das Team und an mich gedacht und wollte kein Risiko eingehen. Es war die richtige Entscheidung. Jetzt ist aber alles wieder gut.
Rechtzeitig vor dem Spiel in Hamburg. Gegen den HSV hast Du im Hinspiel Dein Profi-Debüt gegeben und welche Erinnerungen an diesen Tag?
Es war ein schwieriges Spiel – und für mich das Erste. Vor allem die ersten 30 Minuten waren sehr anstrengend. Als Debüt wird es für mich immer aber trotzdem eine besondere Bedeutung behalten, auch wenn wir verloren haben. Im Rückspiel wollen wir es als Mannschaft und ich als Spieler besser machen.
Also wieder mit Julian Pauli in der Startelf?
Das muss ich mir wie im Sommer erstmal wieder erkämpfen. Es fängt bei null an.
Zumal die Verpflichtung von Joël Schmied, einem neuen Innenverteidiger, im Gespräch ist. Ein weiterer Konkurrent also.
Ja, das stimmt, aber Konkurrenz ist wichtig – sie macht einen selbst auch besser. Es ist Ansporn, noch mehr zu machen.
Hast Du realisiert, was Du für eine Hinrunde erlebt hast?
Zuletzt hatten wir ja ein paar Tage frei und ich konnte darüber nachdenken. Es kam doch alles unerwartet. Aber auch wenn es am Anfang für uns als Mannschaft nicht so gut lief, war es auf jeden Fall eine coole Zeit, das alles so zu erleben. Ich hoffe, es geht so weiter.
Dabei hattest Du mit dem Fußball schon abgeschlossen, nachdem Du von Fortuna Düsseldorf in den Nachwuchs von Borussia Dortmund gewechselt und dort eine Art Burn-out erlebt hast. War es die richtige Entscheidung, weiterzumachen?
Ich kann mich ganz genau noch an die Worte meiner Eltern und meines Beraters erinnern, dass ich dieses Talent, das ich habe, nicht wegwerfen sollte. Mein Talent war mir auch immer bewusst. Dass es sich so schnell bezahlt hat, macht es umso schöner. Ich habe dem NLZ des FC sehr viel zu verdanken. Der Wechsel nach Köln war der richtige Schritt, obwohl ich zu anderen, größeren Clubs hätte gehen können. Die lockere Atmosphäre hier ohne den Druck, den ich beim BVB gespürt habe, hat mir den Spaß am Fußball zurückgebracht.
Du fühlst Dich als quasi Düsseldorfer wohl in Köln?
Ja, zu 100 Prozent. Die Stadt passt perfekt zu mir. Das Team ist überragend. Und ich habe mich vom ersten Tag an superwohl gefühlt.
Der FC ist also ein Verein, bei dem Du Dir vorstellen kannst, ganz lange zu spielen?
Ich bin dem 1. FC Köln sehr dankbar und will diese Dankbarkeit mit guten Leistungen zum Ausdruck bringen. Ich habe auf jeden Fall das Gefühl, dass ich gerne lange hierbleiben möchte und habe ja noch Vertrag bis 2027.
Der bald verlängert wird?
Darüber mache ich mir gerade keine Gedanken.
Als junger Spieler, der den Durchbruch im Alter von 19 Jahren geschafft hat: Was kannst Du anderen Talenten raten, damit es ihnen auch gelingt?
Was mir geholfen hat, war immer, mehr zu tun als die anderen. Ob vor oder nach dem Training, ich wollte das Gefühl haben, mehr zu leisten. Und das im Training zu spüren, dass man vielleicht einer der Besten ist. Und das Wichtigste ist wohl, nie den Spaß am Fußball zu verlieren, denn das bringt Selbstvertrauen. Und Selbstvertrauen ist das Wichtigste im Fußball. Den Spaß hatte ich in Dortmund nicht und das hat sich letztlich auf meine Leistung ausgewirkt.
Warum hast Du in Dortmund den Spaß verloren?
Das Umfeld spielt sicher eine große Rolle, ich habe mich wie einer von vielen gefühlt. Das ist eine krasse Talentschmiede, es kommen auch Spieler von ManCity oder Liverpool, das ist einfach ein anderes Miteinander. In Köln ist es in erster Linie das Team, das im Mittelpunkt steht und mit dem es Spaß macht. Und wenn es bei einem selbst läuft, hilft das natürlich auch.
Das 1:5 in Darmstadt und das 1:2 gegen Paderborn waren nicht nur Tiefpunkte für die ganze Mannschaft, sondern auch persönlich für Dich. Ein Zeitpunkt, an dem Du den Spaß hättest verlieren können? Hast Du in diesem Moment mentale Hilfe in Anspruch genommen?
Das Meiste mache ich mit mir selbst aus. Das habe ich schon früh gelernt. Vielleicht ist das nicht immer gut, weil ich viel in mich reinfresse und zu Hause und lange darüber nachdenke. Die ersten zwei, drei Tage hat sich alles bei mir nur darum gedreht. Inzwischen kann ich besser mit solchen Situationen umgehen, da hat mir zu Beginn der Saison noch ein bisschen die Erfahrung gefehlt.
Die Mannschaft hat sich dann zusammengesetzt und offen über die Situation gesprochen. Wie hast Du diese Zeit erlebt?
Wir sind einander so nahe, dass jeder zu jedem etwas sagen kann. Das wird niemandem übelgenommen, denn Kritik gehört dazu. Wir hatten einen guten Austausch. Jeder hat gemerkt, dass es uns gutgetan hat, ehrlich und offen zueinander zu sein.
Ging es dabei auch um Druck und Angst? Etwas, was die Mannschaft aus der Abstiegssaison mitgebracht hat?
Uns allen war bewusst, dass wir in dieser Saison unter Druck stehen. Nach diesen beiden Niederlagen war es extrem. Aber wir haben auch ein paar erfahrene Spieler, die uns Jüngeren geholfen haben, mit dieser Situation umzugehen.
Jetzt ist der FC Tabellenführer und schaut von oben auf die Rückrunde. Wie fühlt sich das an?
Es ging gefühlt relativ schnell. Wir haben gegen Kiel, Hertha und Fürth gewonnen und dann war es ein Lauf. Wir haben uns nicht mehr viel umgeschaut, haben einfach nur Fußball gespielt. Es lief und das ist der Moment, in dem man aufhört, darüber nachzudenken.
Dann steigt der FC also auf?
Außer in Darmstadt hatte ich nie das Gefühl, dass wir keine Chance hatten. Wir waren in den meisten Spielen der Hinrunde die bessere Mannschaft. Der Glaube, dass wir den Aufstieg schaffen können, ist definitiv vorhanden, wenn wir weiter von Spiel zu Spiel abliefern.
Was könnt und was müsst Ihr in der Rückrunde besser machen?
Offensiv können wir uns noch verbessern und auch unseren Spielaufbau aus der Defensive heraus. Es wäre schon schön, mal 2:0 oder 3:0 zu gewinnen. Aber wir nehmen gerne weiterhin auch 1:0-Siege.