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Florian Kainz im Interview„Das waren die größten Enttäuschungen meiner Karriere“

Lesezeit 6 Minuten
Florian Kainz beim Training.

Florian Kainz beim Training.

Florian Kainz ist mit 30 Jahren einer der erfahrensten Spieler des 1. FC Köln und ein Kandidat für die Nachfolge von Jonas Hector als Kapitän.

Hallo Herr Kainz, Sie sind zurück aus dem Urlaub und seit Donnerstag wieder im Training mit der Mannschaft des 1. FC Köln. Wie fühlt es sich an, wieder auf dem Platz zu stehen?

Anstrengend, aber das ist in der Vorbereitung immer so. Ich habe meinen Urlaub gut genießen können, freue mich jetzt aber auch wieder bei der Mannschaft zu sein.

Wo haben Sie im Urlaub vom Fußball abgeschaltet?

Zuerst war ich mit meiner Familie in Griechenland und dann in der Heimat in Graz.

Wie sehr freut es Sie, dass das FC-Trainingslager dieses Jahr in Ihrem Heimatland stattfindet?

Ich bin sehr gerne in Österreich. Ich mag die Berge und die Menschen hier.

Die zurückliegende Saison war für den FC lang, anstrengend und besonders. Was ist bei Ihnen hängengeblieben?

Es war auf jeden Fall eine coole Saison, in der viel passiert ist. Hängen geblieben ist bei mir vor allem, dass wir als Mannschaft in jeder Phase zusammengehalten haben. Wir haben uns aus zwei schwierigen Phasen super herausgearbeitet, weil wir ein intaktes Team haben und die Zusammenarbeit mit dem Trainerteam passt. Beides stimmt mich positiv für die nächste Saison.

Jonas ist ein unglaublich genialer Spieler, für mich der beste Linksverteidiger.
Florian Kainz, über seinen Freund Jonas Hector

Was genau hat das Trainerteam vorgegeben?

Wir haben in den schwierigen Phasen normal weitergearbeitet und auch in den Phasen, in denen es gelaufen ist, mit hoher Intensität trainiert. Die gelaufenen Kilometer in der vergangenen Saison belegen eindeutig, dass wir nie nachlassen. Das sind unsere Basics. Wir spulen unser Programm ab und folgen unserer klaren Grundidee, die dann auch die neuen Spieler wie Davie, der zum Beispiel im Winter kam, schnell verinnerlichen können.

Sie sprechen es an. Fußball ist immer ein Kommen und Gehen von Spielern. Jonas Hector, Timo Horn und Ellyes Skhiri haben den FC verlassen. Wie nehmen Sie diese Situation wahr?

Es war ein höchst emotionaler Abschied. Ich habe mit allen Drei vier Jahre hier beim FC zusammengespielt. Es fühlt sich eigenartig an und ist anders, seit sie nicht mehr hier sind. Sie waren jeder für sich sehr wichtig für uns als Team. Aber so ist der Fußball. Jetzt müssen andere Spieler mehr Verantwortung übernehmen und andere Rollen als vorher ausfüllen.

Sie sind auch abseits des Fußballs sehr gut mit Jonas Hector befreundet. Was wird Ihnen als Freund besonders fehlen?

Natürlich, der ein oder andere Spruch (lacht). Jonas war als Kapitän und Führungsspieler ein sehr klarer Mensch, der zu jedem Thema eine Meinung hat, die er geäußert und vertreten hat. Seine Persönlichkeit wird mir in der Kabine fehlen. Und er ist ein unglaublich genialer Spieler, für mich der beste Linksverteidiger.

Es würde mir viel bedeuten und wäre eine große Ehre.
Florian Kainz, auf die Frage nach dem Kapitänsamt

Sie haben vor ihm gespielt und wie von seiner Spielweise und seiner Persönlichkeit auf dem Feld profitiert?

Wenn man wie ich links im Mittelfeld spielt und hat so einen Spieler hinter sich, gibt einem das sowohl offensiv als auch defensiv die nötige Sicherheit. Jonas war immer ruhig und klar und hat mich nie blöd angemacht. So konnte sich mein Spiel entwickeln.

Jetzt hat er seine Karriere beendet und Sie sind einer der Spieler beim FC, die mehr Verantwortung und Führung übernehmen sollen. Was haben Sie von Jonas Hector gelernt?

Von ihm kann man sich viel abschauen, seine Art zu führen und eine Meinung klar zu vertreten. Ich habe aber auch von den anderen beiden einiges gelernt. Von Timo Horn etwa, wie er mit der Situation umgegangen ist, nur noch zweiter Torwart zu sein und von Ellyes Skhiri, wie er als absoluter Musterprofi trainiert hat und für alle ein Vorbild war. Sie werden fehlen.

Mit dem Karriereende von Jonas Hector ist auch das Kapitänsamt frei geworden. Sie gelten als einer der Nachfolge-Kandidaten. Würden Sie die Binde annehmen, wenn Trainer Steffen Baumgart Sie bestimmt?

Wenn man mich fragt, würde ich es machen. Es würde mir viel bedeuten und wäre eine große Ehre. Der Trainer entscheidet es und wir wissen noch nicht, wer es wird. Es ist verständlich, dass ich von allen möglichen Seiten darauf angesprochen werde, weil ich Jonas in der vergangenen Saison ein paar Mal als Kapitän vertreten habe.

Für Sie war es persönlich auch eine besondere Saison, vielleicht sogar die beste Ihrer Karriere?

Ja, ich würde sagen, es war meine beste Spielzeit. Ich habe viel erlebt, am Ende mit der Zehn noch einmal eine neue Position kennengelernt und bin ein paar Mal Kapitän gewesen.

Welche Gründe Sehen Sie für Ihre konstant guten Leistungen?

Insgesamt habe ich mich sehr wohlgefühlt und das Vertrauen des Trainerteams gespürt. Ich spiele in einer intakten Mannschaft auf Positionen, die mir liegen und in einem Spielsystem, das zu mir passt. Und ich war die ganze Saison über fit.

Sie sind mit 30 Jahren nach Mark Uth der älteste Spieler im aktuellen Kader des FC. Was geben Sie den jungen Spielern mit auf den Weg?

Ich versuche ein Vorbild zu sein und immer mein Bestes zu geben, für das Team da zu sein und in die Kommunikation mit dem Trainerteam zu gehen. Wir haben aber genügend Spieler, die Verantwortung übernehmen können. Es ist doch jedes Jahr so, dass sich der Kader verändert. Vergangenes Jahr sind Salih Özcan Özcan und Tony Modeste gegangen, davor Sebastiaan Bornauw und Iso Jakobs. In einem intakten Team wird sich die Struktur immer schnell und gut neu sortieren.

Das Trainerteam geht in seine dritte Saison. Was bedeutet das für den 1. FC Köln?

Das ist extrem wichtig. Das sieht man am Erfolg. Das Trainerteam hat uns nach der Relegation in die Conference League und auf Platz elf geführt. Diese Kontinuität tut dem 1. FC Köln gut. Und es macht riesigen Spaß mit diesen Menschen zusammenzuarbeiten.

Die EM ist für mich ein Riesenziel, ein Traum.
Florian Kainz, österreichischer Nationalspieler

Was ist für den FC in der kommenden Saison möglich?

Es ist natürlich noch viel zu früh, um darüber zu sprechen. Es sind noch nicht alle Spieler da und die Transferphase ist noch nicht zu Ende. Es ist also nicht klar, wer noch kommt und ob noch einer geht. Ich habe auf jeden Fall ein gutes Gefühl. Wir sind personell gut besetzt und haben viele Spieler, die schon zwei Jahre dabei sind und die Spielidee verinnerlicht haben. Die personelle Konstellation verspricht einen echt großen Konkurrenzkampf, in dem jeder Einzelne alles versuchen wird, um zu spielen.

Nach der Saison steht mit der Europameisterschaft in Deutschland noch ein weiterer Höhepunkt an. Die Chancen, dass Sie mit Österreich dabei sein werden, stehen aktuell nicht schlecht.

Wir stehen in der Qualifikation nach vier Spielen mit zehn Punkten sehr gut da. Das ist eine super Ausgangsposition. Ich war in allen vier Quali-Spielen dabei, bin dreimal reingekommen und habe mich wieder reingearbeitet. Die EM ist für mich ein Riesenziel, ein Traum. Auch, weil ich bei den beiden letzten Europameisterschaften nicht dabei war. Das waren die beiden größten Enttäuschungen in meiner Karriere. Für mich ist es von enormer Bedeutung, dass Österreich es nach Deutschland schafft und ich dabei bin. Wenn ich dann noch mit dem Nationalteam im Kölner Stadion spiele, wäre der Traum perfekt in Erfüllung gegangen.