Olimpija Ljubljana hat im Transferstreit mit dem 1. FC Köln seine Forderung erneuert, 2,5 Millionen Euro Entschädigung für Jaka Cuber Potocnik zu erhalten. Das sind die Hintergründe.
Fall PotocnikWarum Olimpija Ljubljana auf Millionen-Forderung beharrt
Christian Dollinger verspürt eine Mischung aus Anspannung und Vorfreude. Olimpija Ljubljana, dessen Geschicke der Wirtschaftsanwalt aus München als Vizepräsident leitet, steht vor dem größten Tag der jüngeren Vereinsgeschichte. Mit einem Sieg im Pokalfinale gegen den Erzrivalen NK Maribor kann sich der frischgebackene slowenische Fußball-Meister am Samstagabend zum Double-Gewinner krönen. Der letzte doppelte Titelgewinn der „Drachen“ liegt fünf Jahre zurück. „Es ist ein echtes Highlight, dazu ein Derby in Reinkultur“, fiebert Dollinger im Gespräch mit der Rundschau dem Endspiel in Celje entgegen.
Die Grün-Weißen gehen mit breiter Brust ins Finale. In der Meisterschaft waren sie in dieser Saison das Maß aller Dinge. Nach einem 2:0-Erfolg gegen den einzigen echten Verfolger aus Maribor war ihnen der Titel bereits fünf Spieltage vor Schluss nicht mehr zu nehmen. Damit einher geht das Ticket für die Qualifikationsrunde zur Champions League. Jene erdrückende Dominanz ist der Grund, weshalb Dollinger sich nun auch „gute Chancen“ auf das Double ausrechnet.
Ende 2021 übernahm der 60-jährige Jurist für fünf Millionen Euro den zuvor immer wieder von finanziellen Problemen geplagten slowenischen Hauptstadtclub. Mit von der Partie: Adam Delius, ein ebenfalls aus München stammender Immobilienunternehmer, der seither das Präsidentenamt bei Olimpija bekleidet. Das Duo aus der bayerischen Landeshauptstadt krempelte den Club Widerständen im Umfeld zum Trotz in Windeseile auf allen Ebenen um – und hat gerade mal anderthalb Jahre später das Double vor Augen.
Der 1. FC Köln, mit dem sich Olimpija Ljubljana vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne beharkt, hat kürzlich ebenfalls einen Titel bejubeln dürfen. Als Jaka Cuber Potocnik am vergangenen Sonntag im Trainingsanzug den DFB-Juniorenpokal in den Himmel reckte, strahlte Deutschlands derzeit wohl bekanntester U19-Fußballer über das ganze Gesicht. Für einen Moment schienen die Sorgen des von der Fifa für vier Monate gesperrten Sturm-Talents vergessen.
Sein Ex-Club hat nun erstmals mitfühlende Worte nach Köln gesendet. „Meiner Meinung nach hat er (Potocnik) von allen drei Parteien den größten Schaden erlitten. Mir tut es leid für den Jungen“, sagte Olimpijas Geschäftsführer Igor Barisic, als er am Donnerstag mit Christian Dollinger die „Kronen Zeitung“ in Wien für ein Video-Interview besuchte. Seit Potocniks Kündigung im Januar 2022 bestehe „absolut kein Kontakt“ mehr zu dem Spieler. Deshalb wüsste man auch nicht, wie es Potocnik derzeit gehe.
Zugleich lobte Barisic den Kölner U19-Torjäger in den höchsten Tönen: „Er ist ein Riesentalent; das größte Talent Sloweniens nach Benjamin Sesko, auf das wir gerne gebaut hätten. Gerade jetzt, wo Europa kommt.“ Zur Einordnung der Aussage: Jung-Nationalspieler Sesko (19) wechselt zur kommenden Saison für kolportierte 24 Millionen Euro Ablöse innerhalb des Red Bull-Imperiums von Salzburg nach Leipzig. Ähnliche Sprünge traut man in Ljubljana auch dem zwei Jahre jüngeren Potocnik zu. Dieser sei „zum jetzigen Zeitpunkt ein besserer Spieler als Sesko damals“, meint Barisic. Potocnik, der in 13 Spielen der U19-Bundesliga 13 Tore erzielte, stehe „vor einer großen Karriere“.
Die öffentlichen Schwärmereien dürften allen voran taktischer Natur sein. Es geht schließlich um viel Geld. Gerade aus Sicht des slowenischen Clubs (Etat: neun Millionen Euro) und seiner neuen Investoren. Ziel sei es, „als kleiner Verein mal ein Zeichen zu setzen“, begründet Christian Dollinger gegenüber der Rundschau die Einlegung juristischer Mittel. Vor dem CAS wollen die Slowenen ihre Forderung in Höhe von 2,5 Millionen Euro nun im zweiten Anlauf durchgedrückt bekommen.
Weiterhin kein Kontakt zwischen dem 1. FC Köln und Olimpija Ljubljana
Jenen Betrag soll Dinamo Zagreb einst für Potocnik geboten haben. In Köln bezweifelt man die Seriosität der kroatischen Offerte. Die Fifa hatte dem slowenischen Meister nur 51.750 Euro zugesprochen. „Wir fühlen uns nach wie vor falsch behandelt im Zusammenhang mit einer finanziellen Entschädigung“, betont Dollinger. Die geforderten 2,5 Millionen Euro stellten „keine Unsumme“ dar. An der Gesprächsbereitschaft Ljubljanas habe sich nichts geändert. Es gebe aber „nach wie vor keinen Kontakt nach Köln“.
Wie berichtet fordert der Bundesligist, die von der Fifa verhängte einjährige Transfersperre (die für männliche Spieler ab 16 Jahren gilt) aufzuheben und festzustellen, dass der FC sein Sturm-Talent nicht zum Vertragsbruch mit Ljubljana angestiftet hat. Jaka Cuber Potocnik wiederum will nunmehr sein komplettes Arbeitspapier bei Olimpija für ungültig erklären lassen – und nicht wie zunächst seine Kündigung für rechtsgültig.
Mit dieser Taktik hatte der neue Kölner Starverteidiger Gianpaolo Monteneri den FC Chelsea 2010 aus einem vergleichbaren Streit mit dem RC Lens befreit und vor dem CAS einen Vergleich erzielen können. Das Schiedsgericht in Lausanne hatte am 27. April erklärt, sich „zu gegebener Zeit“ zu der von Köln und von Potocnik angestrebten vorläufigen Aussetzung der Strafen zu äußern. Der FC schweigt unter Hinweis auf ein „laufendes Verfahren“.