Der 1. FC Köln ist noch nicht abgestiegen. Die Chancen auf den Klassenerhalt sind nach dem 0:0 gegen Freiburg weiter aber nur noch gering.
Abstieg des 1. FC Köln nicht besiegeltDie Hoffnung stirbt zuletzt
Wenn sich eine Geschichte ihrem Ende entgegen neigt, spiegeln sich die entscheidenden Kapitel häufig noch einmal in einzelnen Momenten wider. So wie am Samstagabend, als in Müngersdorf die Kölner unter den 50.000 Zuschauern im Rheinenergiestadion mitansehen mussten, wie ihr FC seinem siebten Abstieg aus der Fußball-Bundesliga unausweichlich näherkam.
Das 0:0 gegen den SC Freiburg war zu wenig, um die schmale Hoffnung auf den Klassenerhalt zu nähren und ein Spiel, das allen noch einmal deutlich vor Augen führte, warum der 1. FC Köln nach 32 Spieltagen mit nur 24 Punkten und 24 geschossenen Toren auf Abstiegsplatz 17 rangiert und nur noch durch ein sportliches Wunder zu retten ist.
Bochumer Sieg hält FC-Hoffnung am Leben
Abgestiegen sind die Geißböcke durch das achte Remis unter Steffen Baumgart-Nachfolger Timo Schultz auf der Trainerbank nämlich noch nicht. Zum einen, weil der 1. FSV Mainz 05 beim FC Heidenheim nicht über ein 1:1 hinaus kam und bei fünf Punkten Vorsprung vor seinen beiden ausstehenden Partien gegen Dortmund und in Wolfsburg noch in Reichweite liegt. Zum anderen, weil der VfL Bochum 4:3 beim nächsten FC-Gegner Union Berlin siegte und damit auch die Eisernen rechnerisch einholbar sind.
Christian Keller packte die Verzweiflung der Geißböcke, die sich wie ein roter Faden durch die Saison zieht, in Worte: „Ich habe gedacht, Scheiße. Warum schießen wir den Ball nicht ins Tor?“ Der Geschäftsführer Sport bezog seine Worte auf zwei Szenen, die am Samstagabend sinnbildlich für die ganze Saison der Kölner standen – oder besser gesagt, stellvertretend für ihre fehlende Überzeugung und mangelnde Qualität vor dem gegnerischen Tor. Schon nach drei Minuten hatte der neu ins Team gerückte Linton Maina das 1:0 auf dem rechten Fuß, führte seinen Schuss aber technisch nicht sauber genug aus.
Faride Alidou, mit vier Treffern hinter Davie Selke (6) immerhin zweitbester Kölner Torschütze in dieser Saison, hätte dann in der 71. Minute ganz Müngersdorf glücklichen machen müssen, ließ aber auch nur Verzweiflung zurück. Sein Linksschuss aus acht Metern geriet zu unplatziert, weil der Stürmer überhastet direkt abgeschlossen hatte. „Eine Monsterchance“, kennzeichnete Christian Keller die Szene, die ihn zu der Aussage zwang, die es von den Kölner Verantwortlichen in Dauerschleife zu hören gibt. „Am Ende schießen wir dann kein Tor. Das ist bitter. Das ist eine Saison der vergebenen Chancen.“
19:4-Torschüsse, 56 Prozent und ein Spiel auf ein Tor in den zweiten 45 Minuten reichten den Kölnern am Samstag gegen müde Freiburger nicht für den erforderlichen Dreier: „Das muss reichen, um ein Tor zu schießen. Ein 1:0 hätte genügt. Das hätte von mir aus auch Marvin Schwäbe in der 92. Minute erzielen können“, verzweifelte auch FC-Trainer Timo Schultz und erklärte: „Entscheidend ist, dass wir unsere Chancen mit voller Überzeugung zu Ende spielen und die Kaltschnäuzigkeit entwickeln, das Ding über die Linie zu drücken.“
Timo Schultz beklagt Ausfälle von Uth, Selke und Waldschmidt
Keine neue Erkenntnis und eine, die einmal mehr die Offensiv-Qualitäten des Kaders infrage stellt. „Ich hätte gerne einen Spieler im Kader gehabt, der in der Rückrunde 15 Tore schießt“, formulierte der FC-Coach im Konjunktiv. Schultz sprach seinem Team zwar die „absolute Bundesliga-Tauglichkeit“ aus, benannte aber auch die Gründe für die Sturmflaute.
„Die Wahrheit ist, dass wir zu wenig Tore schießen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass uns mit Davie Selke, Luca Waldschmidt und Mark Uth unsere drei erfahrensten Offensivspieler lange ausgefallen sind, die fest eingeplant waren. Und wenn sie gespielt haben, hatten sie oft keinen Rhythmus.“ Selke (Fußbruch) und Uth (krank) fehlten am Samstag, Waldschmidt war wie schon beim 1:1 in Mainz weit von seiner Normalform entfernt.
Am Ende fehlte den Kölnern gegen die Freiburger auch der Mut, bedingungslos alles nach vorne zu werfen. Erst in der allerletzten Szene kam Torwart Marvin Schwäbe mit nach vorne. Eine halbwegs zwingende Tormöglichkeit des FC gab es nach Alidous letztem Versuch (83.) nicht mehr.
So legte sich nach dem Schlusspfiff von Schiedsrichter Sören Storks und freundlichem Applaus aus der Südkurve eine bleierne Schwere und gespenstige Stille über das Rheinenergiestadion. Die Gewissheit, dass es das gewesen sein könnte, hatte den bedingungslosen Support der FC-Fans über 94 Minuten abgelöst. „Die Stimmung war eigenartig, sehr ruhig“, beschrieb der erneut nur eingewechselte Kapitän Florian Kainz die Stimmung.
Hatte es nach dem 0:2 gegen Darmstadt noch „Keller raus-Rufe“ von den Rängen gegeben, blieb am Samstag der Protest gegen die Verantwortlichen der Geißböcke aus. Präsident Werner Wolf hatte zu Beginn der Woche ja schon der Geschäftsführung das Vertrauen ausgesprochen und einen Rücktritt des Vorstands ausgeschlossen. Christian Keller begegnete der Kritik an dieser Entscheidung: „Es geht nicht um einzelne Personen, sondern darum, den FC bestmöglich nach vorne zu bringen. Entscheidend ist, wie es im Innenverhältnis wahrgenommen worden ist. Ich glaube, dass es für die Mitarbeiter ein wichtiges Zeichen war, dass es der Plan ist, Kontinuität walten zu lassen.“
Ganz vorbei ist es ja auch sportlich noch nicht. Wenn Mainz zweimal verliert und die Kölner zweimal gewinnen, ist der FC auf jeden Fall 16. Um Union Berlin noch abzufangen, muss der FC sechs Punkte und fünf Tore aufholen. Während die Eisernen in Köln und gegen Freiburg verlieren müssen, braucht der FC zwei Siege gegen Union und in Heidenheim. Und Tore — also irgendeinen Weg, den roten Faden dieser Saison endlich durchzuschneiden. Die Hoffnung stirbt zuletzt.