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Nach Patzer zum AuftaktFC-Torwart Jonas Urbig erhält Rückendeckung

Lesezeit 4 Minuten

Verdutzter Blick: Die neue Kölner Nummer eins Jonas Urbig leistet sich beim ersten Gegentor einen schweren Fehlgriff.

Trainer Gerhard Struber spricht seinem jungen Keeper das „vollste Vertrauen“ aus. Derweil hadern die Kölner mit dem 1:2 gegen den HSV.

Gerhard Struber war ergriffen, als er auf den schönsten Moment bei seinem ersten Heimspiel als Trainer des 1. FC Köln zu sprechen kam. „Gänsehaut pur“ habe er verspürt, als in Müngersdorf die Hymne erklang und die Südkurve in einer farbenprächtigen Choreografie erstrahlte. „Was kurz vor dem Anpfiff abging, war einzigartig und extrem emotional“, schwärmte der Österreicher von der Atmosphäre im mit 50 000 Zuschauern wieder einmal voll besetzten Rhein-Energie-Stadion. Doch so beeindruckend, wie sein Einstand an der Seitenlinie des Geißbock-Clubs begonnen hatte, war es nicht weitergegangen an diesem sommerlichen Freitagabend.

Nach dem 1:2 (0:2) gegen den effektiveren Hamburger SV zum Auftakt der 2. Fußball-Bundesliga herrschte Ernüchterung beim neuen Mann an der Kölner Seitenlinie, der sich über einen „bitteren Ausgang“ des Duells der beiden Aufstiegsanwärter beklagte. Die Statistik zählte zwar 26:9 Torschüsse und 58 Prozent Ballbesitz zu Gunsten des FC, doch am Ende stand der Bundesliga-Absteiger wie so oft in der vergangenen Saison mit leeren Händen da. „Ich kann mit dieser Niederlage nicht gut leben, weil wir viele Dinge sehr gut gemacht haben. Es wäre viel mehr drin gewesen“, sagte ein zerknirschter Gerhard Struber.

Ich brauche Jonas nicht großartig aufbauen. Wenn man sich sein Spiel nach dem Fehler anschaut, sieht man einmal mehr, wie reif und talentiert dieser Junge ist.
Gerhard Struber, Trainer 1. FC Köln

Zur Wahrheit gehörte aber auch, dass die junge Kölner Mannschaft noch lernen muss und in den entscheidenden Momenten zu grün hinter den Ohren agierte. „Jetzt sind wir angekommen in dem Wissen, dass du über 90 Minuten online sein musst und dir kaum etwas leisten darfst speziell gegen Gegner auf diesem Level. Diese Spiele zeigen uns, wo wir zulegen müssen – und auch, wie unbarmherzig es sein kann“, resümierte Struber, dessen Mannschaft nach stürmischem Beginn und der vergebenen Großchance von Denis Huseinbasic (3.) ausgerechnet durch zwei Fehler der beiden Debütanten auf die Verliererstraße geraten war.

Beim frühen 0:1 (6.) ließ die neue Kölner Nummer eins Jonas Urbig einen harmlosen Schuss von Jean-Luce Dompé vor die Füße von Doppeltorschütze Ransford Königsdörffer fallen. „Ein Eiertor“, ärgerte sich Kapitän Timo Hübers, der direkt zu Urbig geeilt war, um ihn zu trösten. Sorgen um die Stabilität des erst 20-jährigen Torhüters macht sich Struber trotz dessen verunglückten Debüts allerdings nicht: „Ich brauche Jonas nicht großartig aufbauen. Wenn man sich sein Spiel nach dem Fehler anschaut, sieht man einmal mehr, wie reif und talentiert dieser Junge ist“, sagte der Österreicher und stellte klar: „Er hat unser vollstes Vertrauen.“

Wenn wir junge Burschen reinschmeißen in diese Spiele, dann werden wir auch erleben, dass der eine oder andere auch mal ein wenig Lehrgeld zahlt.
Gerhard Struber

Gleiches gilt für Innenverteidiger Julian Pauli, der das 0:2 (35.) durch einen Stellungsfehler bei einer Flanke begünstigte, ansonsten aber mehr richtig als falsch machte. Struber bescheinigte dem physisch starken 19-Jährigen „über weite Strecken ein richtig ordentliches Match“, bei dem er „einmal mehr unter Beweis gestellt hat, dass er ein großes Talent ist“. Zudem habe sich Pauli den Vorzug gegenüber Routinier Dominique Heintz verdient, „weil er eine sehr gute Vorbereitung gespielt hat“.

Gerhard Struber wies in diesem Zusammenhang auf den neuen Kölner Weg in Zeiten der Transfersperre hin – mit all seinen Begleiterscheinungen: „Wenn wir junge Burschen reinschmeißen in diese Spiele, dann werden wir auch erleben, dass der eine oder andere auch mal ein wenig Lehrgeld zahlt. Das haben wir auf dem Schirm“, erklärte der neue FC-Trainer, der sich bei RB Salzburg einen Namen als Talentförderer gemacht hat. Um die sportlich ehrgeizigen Ziele dennoch nicht zu gefährden, gelte es, „schnell dazuzulernen“, unterstrich Struber. Dazu gehöre, „mit allen Nebengeräuschen, die normal sind hier beim FC, umgehen zu lernen“.

Von dem Pressing, wie wir es in der Vorbereitung gezeigt haben, hat man in der ersten Halbzeit zu wenig gesehen.
Dejan Ljubicic, FC-Mittelfeldspieler

Dass es in der über weite Strecken zäh verlaufenen zweiten Halbzeit nur noch zum Anschlusstreffer durch ein Kopfballtor des eingewechselten Linton Maina gelangt hatte (78.), bezeichnete Torvorbereiter Dejan Ljubicic derweil als „sehr enttäuschend“ und gestand: „Das haben wir uns anders vorgestellt.“ Zumal der von Ex-FC-Trainer Steffen Baumgart überraschend defensiv eingestellte HSV keinesfalls geglänzt hatte. „Wenn wir es ein bisschen besser machen, können wir Hamburg schlagen“, meinte Ljubicic, dessen Mannschaft die guten Eindrücke aus den Testspielen allerdings nur phasenweise bestätigen konnte. „Von dem Pressing, wie wir es in der Vorbereitung gezeigt haben, hat man in der ersten Halbzeit zu wenig gesehen. Wir sind nicht richtig in die Zweikämpfe gekommen“, bemängelte der Mittelfeldspieler. Später sei es nur „einen Ticker“ besser geworden.

Timo Hübers, der ob der Vermeidbarkeit des punktlosen Auftaktes „mit einem richtigen Grummeln aus dem Spiel“ gegangen war, mahnte dazu an, möglichst rasch die richtigen Schlüsse zu ziehen aus den Kölner Problemen im Ballbesitz: „Es wird öfter Gegner geben, die sich hinten reinstellen. Da müssen wir uns bessere Lösungen überlegen“, forderte der Kapitän. Am besten schon am nächsten Samstag, wenn der FC zum Kontrastprogramm in Elversberg antritt.