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Vor dem AbstiegBleibt Timo Schultz Trainer des 1. FC Köln?

Lesezeit 5 Minuten
Fussball, Bundesliga, Deutschland, Herren, Saison 2023/2024, 30. Spieltag, Rhein Energie Stadion Köln, 1. FC Köln - SV Darmstadt 98 0:2 Cheftrainer Timo Schultz KOE enttäuscht. Enttäuschung, Frust, Aktion.

FC-Cheftrainer Timo Schultz zeigt sich nach dem 0:2 gegen Darmstadt enttäuscht.

Der 1. FC Köln steht vor dem Gang in die 2. Bundesliga. Darüber kann auch die verbesserte wirtschaftliche Situation des Clubs nicht hinwegtrösten.

Der 1. FC Köln darf sich an einem letzten, kleinen Strohhalm festhalten. Die Niederlagen des VfL Bochum (1:2 in Wolfsburg) und von Union Berlin (1:5 gegen Bayern München) sowie das 1:1 des 1. FSV Mainz 05 am Sonntagabend in Freiburg geben dem Tabellenvorletzten der Fußball-Bundesliga die rechnerische Chance, das Unmögliche noch möglich zu machen und fünf beziehungsweise sieben Punkte an den verbleibenden vier Spieltagen aufzuholen.

Keller erwartet ein anderes Gesicht beim FC-Spiel gegen Mainz

Nach der erschütternden 0:2-Heimniederlage am vergangenen Samstag gegen das abgeschlagene Schlusslicht SV Darmstadt 98 fehlt allein die Fantasie, wie die Geißböcke in dieser Saison überhaupt noch ein Spiel gewinnen sollen. Die Hoffnung von Trainer Timo Schultz, dass das Team nun „eine Scheißegal-Stimmung“ entwickeln könne, klingt genauso wie das Pfeifen im Walde wie die Aussage von Sportchef Christian Keller, dass die Mannschaft am kommenden Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) im direkten Duell beim 1. FSV Mainz „ein anderes Gesicht“ als vergangenen Samstag zeigen werde.

Zur Erinnerung: Vor der Partie gegen Darmstadt hatten sowohl Schultz als auch Keller angesichts von vier Punkten Rückstand auf Relegationsplatz 16 aus dem Brustton der Überzeugung heraus behauptet, dass die Tabelle nach dem 30. Spieltag wieder anders aussehen würde. Die sportliche Führung des FC behielt recht, nur dass Trainer und Geschäftsführer vom positiven Fall und einem Dreier gegen die Lilien ausgegangen war. Das peinliche 0:2 hat aber dafür gesorgt, dass sich die Lage der Kölner in Richtung Aussichtslosigkeit weiter dramatisiert hat.

Angesichts des drohenden siebten Abstiegs in der Vereinsgeschichte trafen sich die FC-Verantwortlichen noch am Sonntag hinter verschlossenen Türen zu einer Sondersitzung, um die Situation zu analysieren. Es darf darüber spekuliert werden, ob es Überlegungen gab, vor den ausstehenden vier Partien einen erneuten Trainerwechsel vorzunehmen, um einen neuen Impuls zu setzen.

Jedenfalls war es Timo Schultz nicht gelungen, die Mannschaft mental so auf die Aufgabe gegen Darmstadt vorzubereiten, dass sie ihre Leistung abrufen konnte. „Wenn du Angst hast zu verlieren, dann wird es schwierig, irgendwann mal ein Spiel zu gewinnen. Wir hatten Angst den Ball zu fordern, wir wollten den Ball nicht haben und haben nicht den Fußball gespielt, den wir spielen können“, hatte Mark Uth nach der Niederlage gegen das Schlusslicht kritisiert.

Der 32-Jährige, der gegen Darmstadt nach vier Monaten Verletzungspause ab der 80. Minute sein Comeback gegeben hatte, wäre der Führungsspieler gewesen, den die Kölner in ihrer schwierigen Situation unbedingt brauchen — allerdings von Beginn an und topfit.

1. FC Köln: Angst und Verunsicherung spielen mit

Wie schon bei den Heimspielen gegen Heidenheim (1:1), Bremen (0:1) und auch beim glücklichen 2:1 gegen Bochum waren Angst und Verunsicherung ständige Begleiter der FC-Profis. Ein Thema also, das sich durch die gesamte Rückrunde zieht und das die sportliche Führung zu keinem Zeitpunkt nachhaltig in den Griff bekommen hat. Weder in der täglichen Arbeit noch durch die Maßnahme Mitte März ein Trainingslager in Spanien abzuhalten. Stattdessen gipfelte die Angst vor dem Verlieren in der Schmach gegen Darmstadt. Also genau in dem Moment, in dem die Kölner ihre Chance auf den Klassenerhalt enorm hätten steigern können.

Offensichtlich fehlt der Mannschaft neben einem Kapitän wie Jonas Hector auch die Emotionalität, die Schultz-Vorgänger Steffen Baumgart zwei Jahre lang in den Laden gebracht hat. Eine Emotionalität, die sich mit Baumgart diese Saison ins Negative verkehrte und mit dem kühlen Kopf Keller und dem gelassen, freundlichen Schultz nicht wiederkehrte. Und Angst ist ein Gefühl, dem psychologisch betrachtet oft nur mit Emotionen und nicht rational begegnet werden kann.

1. FC Köln: Timo Schultz bleibt bis Saisonende

Dem Vernehmen nach wird Timo Schultz bis Saisonende FC-Trainer bleiben und versuchen dürfen, am kommenden Sonntag die letzte Ausfahrt in Mainz zu nehmen. Sollten die Kölner bei den form- und mentalstarken 05er nicht überraschen können, dürfte der Sturz in die Zweitklassigkeit nicht mehr abzuwenden sein.

Bei einem Abstieg stellt sich die Frage nach Schultz als Trainer nicht mehr und auch der Verbleib von Sportchef Christian Keller wird infrage gestellt werden. Wobei anzunehmen ist, dass der 45-Jährige am Ende selbst über sein Schicksal entscheidet. Dem Vorstand, der den ehemaligen Regensburger erst im April 2022 installiert hat, ist zuzutrauen, dass er Keller ebenso wie Philipp Türoff halten möchte.

Immerhin ist das Geschäftsführer-Duo hauptverantwortlich dafür, dass sich der „Sanierungsfall“ 1. FC Köln auf dem besten Weg befindet, wieder ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen zu werden. Der Club rechnet wohl auch in diesem Geschäftsjahr, das zum 30. Juni endet, mit einem zweistelligen Millionengewinn. Zudem soll der neue Pachtvertrag für das Rheinenergiestadion ausgehandelt sein und kurz vor der Unterschrift stehen — mit besseren Konditionen für den FC als bisher. Das gilt sowohl für die Bundesliga als auch für die 2. Liga.

Wichtige Parameter im Hinblick auf den Abstieg, der den Geißböcken in der kommenden Saison vor allem angesichts der reduzierten Einnahmen aus dem TV-Vertrag Umsatzeinbußen in Höhe von etwa 40 Millionen Euro einbrockt. Christian Keller bestätigte diese Dimension am Sonntag im „Doppelpass“, hielt aber die „Aufwandsreduktion“ dagegen, die neben der Pacht auch Spielergehälter umfasst. „Die klare Botschaft lautet, dass der 1. FC Köln auch in der 2. Liga in der Lage sein wird, sich aus eigener Kraft zu tragen und ein positives Jahresergebnis vorweisen kann.“ Zumindest in diesem Segment wird der FC erstklassig bleiben.