Sportchef Christian Keller ist schon nach zwei Spieltagen beim 1. FC Köln als Krisenmanager gefragt.
Fehlstart des 1. FC KölnChristian Keller fordert mehr defensive Stabilität
Christian Keller hätte sich sicher einen anderen Saisonstart des 1. FC Köln in die 2. Fußball-Bundesliga gewünscht. Der nach dem Bundesliga-Abstieg in der Pflicht stehende Geschäftsführer Sport ist nach einem Punkt aus den ersten beiden Spielen und vor der kniffligen Pokalaufgabe am Sonntag (15.30 Uhr/Sky) beim Drittligisten SV Sandhausen früh in der Saison als Krisenmanager gefragt. Der 45-Jährige trat am Mittwoch nach dem Training vor die Medien und nahm Stellung zu den aktuellen Themen, wie der schwierigen Situation von Torhüter Marvin Schwäbe.
die ersten beiden Pflichtspiele: Insgeheim habe ich mir erhofft, dass wir mehr als den einen Punkt holen. Meine realistische Erwartungshaltung war aber, dass wir uns trotz einer guten Vorbereitung schwerer tun, in die Saison zu starten. Schon in der Vorbereitung haben sich Themenfelder aufgetan, die mit unserer defensiven Stabilität zu tun haben. Wir können dominant auftreten, sind aber noch nicht in der Lage diese Dominanz vor dem Tor in entsprechende Erträge umzusetzen. Wenn wir einen Ertrag haben wie in Elversberg die 1:0-Führung, dürfen wir ihn uns nicht durch mangelnde defensive Stabilität wieder nehmen lassen.
die defensive Stabilität: Es ist klar erkennbar, dass die Spielidee schon gut auf den Platz gebracht wird. Wir stressen den Gegner in vielen Phasen des Spiels und weisen die dazu nötige Kompaktheit auf. Es gibt aber auch Phasen, in denen wir die Kompaktheit verlieren wie nach dem 1:1 in Elversberg. Vorne laufen wir dann zu fünft an und die anderen fünf parken hinten. Das ist nicht mehr synchron und dadurch entstehen Räume für den Gegner. Wir müssen eine bessere Balance hinbekommen zwischen Phasen, in denen wir pressen und Phasen, in denen die Pressing Linie auch mal tiefer verläuft. Mit dieser Balance werden auch die Phasen kommen, in denen wir aus der Dominanz unseres Pressings mehr Ertrag erzielen werden. Es ist ja sehr erfreulich, dass wir uns so viele Torchancen herausspielen.
die Stimmung im Team: Es ist etwas anderes, ob du enttäuscht oder verärgert bist. Wir sind verärgert, dass wir zweimal so viel investiert haben, aber mit dem einen kleinen Punkt so wenig Ertrag daraus ziehen konnten. Das ändert erst einmal nichts an der Stimmung, aber klar ist auch, dass wir Erfolgserlebnisse brauchen, um die nötige mentale Stabilität zurückzugewinnen. Wir brauchen die Überzeugung, auch in Momenten von Rückschlägen, wie dem 1:1 in Elversberg, in der Struktur und in der Kompaktheit zu bleiben.
die erneute Verletzung von Hoffnungsträger Mark Uth: Es ist gut, dass die Zerrung der rechten Adduktoren eine moderate Verletzung darstellt. Ich denke, dass er in sieben bis zehn Tagen wieder voll trainieren kann. Andererseits ist es schlecht, dass Mark ein umfassendes, individuelles Programm absolviert hat, um gut in die Saison starten zu können. Er hat dann dreieinhalb Wochen voll trainiert und ein ordentliches Spiel in der U21 gemacht. Dass dann ein Muskel nach vier Minuten nicht mitspielt, auf den wir im Aufbau sehr viel Wert gelegt haben, ist für ihn blöd und für uns blöd. Die Idee war, dass genau das nicht passiert. Es hat leider nicht geklappt.
die Situation des abwanderungswilligen Torwarts Marvin Schwäbe: Es liegt, Stand jetzt, kein belastbares Angebot eines anderen Clubs für Marvin vor. Das Transferfenster ist aber noch ein bisschen offen. Das Thema, dass er in den ersten beiden Ligaspielen zweimal ausgefallen ist, würde ich bitten nicht allzu hoch hängen. Einmal war es ein Infekt. Was passiert, denn Marvin hat zwei kleine Kinder. Das zweite Mal hat der untere Rücken zugemacht. Das ist nichts Neues bei Marvin. Er verhält sich total professionell und die Situation ist keine Belastung für die Mannschaft. Es ist auch nicht so, dass Jonas Urbig den Ball gegen den HSV nicht sauber fängt, weil Marvin Schwäbe noch da ist. Ob Marvin am Sonntag für das Pokalspiel in Sandhausen im Kader steht, entscheidet der Trainer. Aber klar ist natürlich, dass wir Verlässlichkeit brauchen.
die fehlenden Führungsspieler im Team: Ich finde, dass der, der Kraft Binde am Arm, der Hauptführungsspieler sein soll, es sehr gut gemacht hat in Elversberg. Timo Hübers hat extrem viel kommuniziert und auch eine gewisse Konfliktbereitschaft mit seinen Mitspielern auf den Platz gebracht, um sie nach dem 1:2 wieder in die Aufgabe reinzurütteln. Wenn er dabei noch mehr Unterstützung bekommt, wäre es noch besser.
den Bankplatz von Luca Waldschmidt in Elversberg: Grundsätzlich ist Luca ein wichtiger Spieler. Er hat nach seiner Verletzungshistorie vergangene Saison in der Vorbereitung mal zehn Tage verpasst, hat es in den Testspielen dann aber gut gemacht. Deshalb stand er gegen Hamburg zurecht in der Startelf. Er weiß selber, dass er es besser kann als das, was er da gespielt hat. Und dann haben es andere Spieler wie Linton Maina gegen den HSV sehr gut gemacht. Unser Kader ist für Zweitliga-Verhältnisse gut und auch breit besetzt. Dann ist es einfach eine Trainerentscheidung, wenn er eine große Auswahl hat. Lucas Aufgabe ist es, in der folgenden Trainingswoche dem Coach zu zeigen, dass es nicht die richtige Entscheidung war und er in Sandhausen wieder spielen will. Es liegt also an ihm und feststeht: Ein guter Luca Waldschmidt hilft dem 1. FC Köln massiv.
die Bedeutung des Pokalspiels in Sandhausen: Sandhausen ist – obwohl wieder ein kleiner Standort – eher eine Zweit- als eine Drittliga-Mannschaft, was die Ambitionen und die Kaderzusammenstellung anbelangen. Es wird sicher kein einfacheres Spiel als das in Elversberg, zumal noch der Pokal-Charakter hinzukommt. Ich bin aber doch der Meinung, dass wir mit viel Zutrauen und Selbstvertrauen in die eigene Stärke nach Sandhausen fahren können. In Elversberg sind wir sehr dominant aufgetreten und haben nach dem Rückschlag vergessen, dass wir eigentlich in der Lage gewesen wären, den Klassenunterschied auch in der zweiten Hälfte auszumachen. Wir haben grundsätzlich den Anspruch, jedes Spiel gewinnen zu wollen. Wir sehen aber auch, dass es kein Selbstläufer ist und wir nicht einfach so durch die Zweite Liga marschieren und einfach mal jeden wegspielen. Ich freue mich aber in jedem Fall auf das Spiel in Sandhausen und würde dann gerne auch mal eine Runde weiterkommen.