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1:5-Pleite in Darmstadt1. FC Köln präsentiert sich wie eine Schülermannschaft

Lesezeit 5 Minuten
Fraser Hornby schießt das erste von fünf Toren gegen den 1. FC Köln.

Fraser Hornby schießt das erste von fünf Toren gegen den 1. FC Köln.

Der 1. FC Köln hat in Darmstadt eine peinliche Vorstellung abgeliefert und beim 1:5 ein Debakel erlebt.

Der SV Darmstadt 98 hat im Oktober 2023 zum letzten Mal ein Heimspiel gewonnen. Das war beim 4:2 in der Fußball-Bundesliga gegen Werder Bremen. Die Lilien stiegen dann auch als Tabellenletzter ab und rangierten vor dem neunten Spieltag der 2. Bundesliga mit nur einem Sieg auf Relegationsplatz 16. Eine ziemlich traurige Bilanz — bis der 1. FC Köln am 18. Oktober 2024 im Stadion am Böllenfalltor auftauchte. Der große Aufstiegsfavorit erweckte die Hessen mit einer desaströsen Vorstellung zum Leben, ließ sich im Absteiger-Duell beim 1:5 (1:2) wie eine Schülermannschaft auskontern und kassierte die höchste Saisonniederlage. Die Tabellenspitze ist nach dieser Leistung kein Thema mehr.

„Wir waren überfordert und nicht in unseren Prinzipien. Wir waren zwar gut vorbereitet, haben in der Umsetzung aber nie den Fokus und eine Zweikampfmentalität hinbekommen. Es war am Ende ein auch in der Höhe verdienter Sieg für Darmstadt. Wir waren enttäuschend in allen Phasen des Spiels“, war Gerhard Struber restlos bedient.

Der FC-Trainer löste die Problematik auf der Rechtsverteidiger-Position mit einer kleinen Überraschung. Rasmus Carstensen war erste Wahl und feierte sein Startelfdebüt in dieser Saison. Der bislang als Einwechselspieler wenig überzeugende Däne hatte gegen den SSV Ulm (2:0) noch auf der Tribüne gesessen, dann im Testspiel gegen den Bundesligisten VfL Bochum (3:2) aber gezeigt, dass er mental wieder stabiler aufgestellt ist.

Der FC startete mit viel Ballbesitz und entsprechender Kontrolle. Nach zwei geblockten Versuchen von Damion Downs (3.) und Carstensen (5.) ging die erste Großchance trotzdem auf das Konto der Hausherren. Toptorjäger Isaac Lidberg vernaschte Timo Hübers per Beinschuss, zielte aber viel zu weit nach rechts (6.).

Freude über den Ausgleich währt nur zwei Minuten

Die Szene verdeutlichte schon, dass die Kölner viel zu luftig verteidigten. Was ihnen in Minute elf auch gleich zum Verhängnis wurde. Leart Pacarada öffnete seine linke Seite für Philipp Förster, der den Ball erst verlor, ihn dann aber von Denis Huseinbasic auf dem Silbertablett zurückbekam. Förster versuchte es mit einem Schuss, der verunglückt und von Eric Martel abgefälscht bei Fraser Hornby landete. Der Darmstädter Stürmer nutzte seine unglaublichen Freiheiten und traf flach zum 1:0.

Die Fehlerkette und der Gegentreffer verunsicherten den FC. Struktur und Sicherheit gingen flöten, obwohl Darmstadt im Aufbau sehr fehlerhaft agierte und mit Ballverlusten viel anbot. Die Struber-Elf spielte aber viel zu hektisch und hatte Glück, als Förster nur den Außenpfosten traf (31.). Ein langer Ball von Torwart Jonas Urbig leitete dann den Ausgleich ein. Luca Waldschmidt schickte Linton Maina auf die Reise, der von links Tim Lemperle für das 1:1 fand (38.). Es war ein Strohfeuer.

FC lässt sich wie eine Schülermannschaft auskontern

Denn die Kölner Freude währte nicht einmal zwei Minuten, weil Julian Pauli und Kapitän Hübers dilettantisch gegen Lidberg verteidigten. Hornby musste anschließend die Vorarbeit des Schweden nur noch zum 2:1 und seinem Doppelpack vollenden (40.). Urbig musste hinter dem offenen FC-Scheunentor in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit sogar noch das 1:3 gegen Killian Corredor verhindern (45.+2).

Gerhard Struber verzichtete trotz der schwächsten ersten FC-Hälfte der Saison auf neue Spieler. Er hätte besser gewechselt, denn ein langer Ball von Corredor genügte, um seine komplette Hintermannschaft auszuhebeln. Hornby ließ Pauli wie einen Schüler aussehen und legte dem völlig freien Lidberg das 3:1 auf (54.). Das Defensivverhalten des FC war ein einziges Desaster.

Und blieb es. Struber nahm zwar Pauli und Carstensen aus dem Spiel (62.), das änderte aber rein gar nichts, weil Timo Hübers einen rabenschwarzen Abend erwischt hatte und Philipp Förster mit einem verlorenen Zweikampf gegen Luca Marseiler das 4:1 ermöglichte (65.).

Es ging nichts bei den Kölnern — auch nach vorne gelang der besten Offensive der 2. Liga so gut wie nichts. Eric Martel (64.) und Damion Downs (75.) scheiterten am Ex-Kölner Marcel Schuhen im Darmstädter Tor. Der FC war längst geschlagen und fing sich in der Nachspielzeit noch das 1:5 ein. Aleksandar Vukotic durfte aus nächster Nähe einköpfen und das Debakel für die Geißböcke perfekt machen (90.+4).

Das war desolat, bodenlos, fürchterlich und enttäuschend.
Christian Keller, Sportchef 1. FC Köln

Die Struber-Elf kassierte so völlig verdient nicht nur die erste Auswärtsniederlage der Saison, sondern ging auch beim elften Auftritt das erste Mal überhaupt am Böllenfalltor als Verlierer vom Platz. Ein völlig gebrauchter Abend der offenen Tür für die Kölner, der bis zum nächsten Heimspiel am kommenden Freitag gegen den SC Paderborn viele unangenehme Fragen aufwerfen wird. „Wir sind unserem Anspruch in keinster Weise gerecht geworden und können es uns bei unseren Ansprüchen nicht noch einmal leisten, so ein Gesicht zu zeigen“, sagte Gerhard Struber stinksauer, kündigte aber trotzdem eine sachliche Aufarbeitung an.

Sportchef Christian Keller war noch weniger gut als der Trainer auf die Kölner Mannschaft zu sprechen: „Das war desolat, bodenlos, fürchterlich und enttäuschend. Es wird noch richtig laut werden. Fußball geht immer mit den Basics los. Da zu gehören Zweikämpfe suchen und bestenfalls für sich entscheiden, Laufbereitschaft in die defensive Richtung und eine taktische Disziplin gegen den Ball. Über die gesamte Mannschaft hinweg war es in diesen Bereichen null von 100 Prozent.“ Deutlicher hätte es Keller nicht zusammenfassen können.


SV Darmstadt 98: Schuhen; Lopez (77. Thiede), Riedel, Vukotic, Nürnberger; Klefisch, Müller; Förster (69. Papela), Corredor (61. Lakenmacher); Lidberg (77. Vilhelmsson), Hornby (61. Marseiler). —1. FC Köln: Urbig; Carstensen (62. Thielmann), Hübers, Pauli (62. Heintz), Pacarada; Martel, Huseinbasic (68. Olesen); Lemperle (68. Kainz), Maina; Waldschmidt, Downs (76. Adamyan). —SR.: Willenborg (Osnabrück). — Zuschauer: 17 810. —Tore: 1:0 Fraser (11.), 1:1 Lemperle (38.), 2:1 Hornby (40.), 3:1 Lidberg (54.), 4:1 Förster (65.), 5:1 Vukotic (90.+4). — Gelbe Karten: Lidberg, Villhemsson; Lemperle, Heintz, Hübers.