Köln – Markus Gisdol geht mit bestem Beispiel voran. Der Trainer räumt zwar ein, dass das Gefühl der Befreiung im Lager des 1. FC Köln nach dem Klassenerhalt in dieser Woche „deutlich zu spüren“ war. Daraus gleich einen Spannungsabfall vor dem Saisonfinale am Samstag (15.30 Uhr/Sky) bei Werder Bremen zu schlussfolgern, liegt ihm aber fern. „Ich habe diese Woche Dinge im Training gesehen, die ich lange nicht mehr gesehen habe. Jeder will sich noch einmal zeigen und setzt die letzten Energien frei“, rechnet der 50-Jährige zum Saison-Kehraus mit einer hochmotivierten Mannschaft.
„Alles reinhauen, was wir haben“
Die Zeit von Geschenken ist für den FC-Coach noch nicht gekommen. Weder für die um den Relegationsplatz kämpfenden Bremer noch für die eigenen Spieler. Gisdol gehört jedenfalls nicht zu den Trainern, die in einem letzten Saisonspiel aus Dankbarkeit die Spieler aus der zweiten Reihe in die Startelf rotiert. „Wir wollen unsere beste Mannschaft auf den Platz bringen und alles reinhauen, was wir haben. Timo Horn etwa wird zu 100 Prozent spielen.“ Für Torwart Thomas Kessler bedeutet diese Ansage, dass er auch bei seinem letzten Einsatz für den FC auf der Bank Platz nehmen muss. Wenn er das überhaupt kann. Bis Mittwoch plagte den 34-Jährigen eine Grippe und er konnte nicht trainieren.
Markus Gisdol muss sich nur Gedanken machen, wie er Jonas Hector und Florian Kainz ersetzt. Der FC-Kapitän ist nach dem tragischen Tod seines älteren Bruders Lucas (31) bis auf Weiteres freigestellt. Ex-Werder-Profi Kainz ist nach seiner fünften Gelbe Karte beim 1:1 gegen Frankfurt gesperrt. Fraglich ist noch der Einsatz von Torjäger Jhon Cordoba, bei dem eine alte Adduktorenzerrung aufgebrochen ist. Gisdol beeilte sich am Donnerstag, die Verletzung des Kolumbianers von den aktuellen Vertragsverhandlungen zwischen FC und Spieler loszulösen: „Er hat in dieser Woche nicht zu 100 Prozent trainieren können. Sollte er einsatzfähig sein, wird er spielen. Wenn nicht, möchte ich da direkt Spekulationen einen Riegel vorschieben.“
Saisonfazit kommt erst nach dem Spiel
Der Trainer ist ein Mann der Ordnung. Er hält auch sonst gerne die aus seiner Sicht korrekte Reihenfolge ein. Und zwar von dem Tag an, an dem er den schwierigen Job am Geißbockheim angetreten ist. Erst hat er sich Bild von der Mannschaft und ihrem Leistungsstand gemacht, um dann nach dem Sturz auf den letzten Tabellenplatz die entscheidenden Veränderungen einzuleiten und den FC Stück für Stück zum Klassenerhalt zu führen. Weil für Gisdol also eins nach dem anderen kommt, spart er sich sein Saisonfazit für die Zeit nach Bremen auf: „Mein Kopf lässt es noch nicht zu. Ich war erleichtert nach der Partie gegen Frankfurt, aber dann kam in dieser Woche wieder der Fokus auf das nächste Spiel.“ Er und sein Trainerstab wollen vorleben, dass es noch Wichtiges zu erledigen gibt, in das „alle Energie fließen soll“.
Ein Spiel, in dem es für die Bremer um die letzte Chance auf den Relegationsplatz und sehr viel Geld geht. Steigt Werder in die 2. Liga ab, würden sich die Zahlungen der Deutschen Fußball Liga (DFL) aus der nationalen und internationalen Vermarktung für die Hanseaten von 60 Millionen Euro in dieser Saison auf rund 30 Millionen Euro in der nächsten Saison reduzieren.
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Für die Kölner immer noch kein Grund Mitgefühl für den Konkurrenten zu entwickeln. „Wir sind froh, dass wir in unserer Rolle stecken und nicht in der von Werder“, sagte Markus Gisdol. Sportchef Horst Heldt, für den der sportliche Niedergang der Bremer „absolut überraschend“ gekommen ist, verwies darauf, dass es auch für den FC um rund 2,4 Millionen Euro geht. Steigt Werder ab, rücken die Geißböcke in der TV-Gelder nämlich einen Platz nach oben. „Das haben wir dem Mannschaftsrat so noch einmal gesagt.“ Ein Horst Heldt kennt sich mit dem Griff in die Motivationskiste eben auch bestens aus.
Gisdol schweigt zu Personalien
Alles schön der Reihe nach. „Wir legen den Fokus auf das wichtige Spiel gegen Bremen. Alle anderen interessanten Themen stellen wir deshalb hintenan, um auch ein Zeichen nach innen zu setzen“, antwortete Horst Heldt auf die Frage nach dem Stand der Kaderplanung für die nächste Saison. Der Sportchef des 1. FC Köln verkündete am Donnerstag, dass er vor dem Spiel am Samstag nichts mehr bekanntgeben wird, obwohl nach der Leihe von Birger Verstraete nach Antwerpen schon weitere Personalentscheidungen gefallen sein dürften.
Was die Zukunft von Jhon Cordoba betrifft, dessen Vertrag zum 30. Juni 2021 ausläuft, ließ Heldt alles offen. „Wir sind im Austausch und machen keinen Hehl daraus, dass wir den Vertrag verlängern wollen. Es gibt Vorschläge und es ist hinterlegt“, erklärte der FC-Sportchef. Es gäbe allerdings Fragezeichen und deshalb noch keine Entscheidung darüber, ob der Kolumbianer über 2021 in Köln bleibt, oder nach bisher 13 Toren in dieser Saison dem Lockruf des großes Geldes folgt und dem FC dadurch eine hohe Ablösesumme einbringen könnte. „Wir haben uns kein Zeitfenster gegeben und sind entspannt, weil wir noch einen Vertrag haben“, sagte Heldt. Zeit erhält der 50-Jährige auch mit Blick auf die nötigen und möglichen Transfers im Sommer. „Es ist weniger wichtig, wann das Transferfenster offiziell öffnen wird. Es sieht aber danach aus, dass es Anfang Oktober schließen wird“, sagte Heldt, der von einem Start der Bundesliga-Saison 2020/21 Mitte September ausgeht: „Das gibt uns einen Zeitrahmen, um alle Personalien zu klären.“ (sam)