Unterwegs auf dem FestplatzSo feiern die Lindlarer Schützenfest
Lindlar – Zwei Jahre Pandemiepause haben bei den Menschen das Freizeit- und Ausgehverhalten geändert. In Lindlar wird derzeit eines der letzten großen Schützenfeste in der Umgebung gefeiert. Wir haben einen Rundgang gemacht.
Letztes Fest für Königspaar Volker und Phillis Grüsges
Am Sonntagnachmittag dreht das Königspaar Volker und Phillis Grüsges eine letzte große Runde mit Königskette und Diadem durch den Ort, immer wieder brandet Applaus auf. Am Montag wird sein Nachfolger ermittelt. „Es wird eine gewisse Erleichterung sein, das Amt bald abzugeben“, ist sich der scheidende Langzeit-König sicher. Fünf Jahre lang versuchte Volker Grüsges, den Königsvogel zu erlegen – als er ihn hatte, sorgte Corona dafür, dass er drei Jahre lang in Würden blieb.
Der nächste Schützenkönig wird bei seiner Krönung am heutigen Montag auf großen Füßen stehen, so viel steht fest. Während am Samstagmittag direkt gegenüber der zweite Kirmestag anläuft, schleppen Wolfgang Beutelstahl, Norbert Schmitz, Achim Büscher und Andreas Loser Unmengen von Stützen und Stangen vor das Pfarrer-Braun-Haus. Im Nu haben sie das Eisen montiert und unter schwarzem Tuch versteckt, schon geht es an die grün-weiße Dekoration des neuen Lindlarer Krönungsbalkons.
„Vier mal vier Meter groß und deutlich repräsentativer als die frühere Lösung hinter der Hecke. Unsere neuen Majestäten sollen doch in die Öffentlichkeit“, betont Achim Büscher, zugleich Geschäftsführer des Schützenvereins Lindlar. Ursprünglich war das Bauwerk für deutlich mehr Grünröcke konzipiert. „Eigentlich wollten wir diesmal das Bundesschützenfest aller oberbergischen Vereine ausrichten, aber das hat Corona ja verhindert“, erklärt Büscher.
Zum Großtreffen der Schützen hätten auch die Kölsch-Rocker „Räuber“ spielen sollen. Eigentlich. Nach zwei pandemiebedingten Absagen in Folge einigte man sich aber darauf, dass die Band am Freitagabend spielt – ob nun mit oder ohne Bundesschützenfest. „Letztlich war diese Lösung ein Schuss in den Ofen – für unseren Verein, aber auch die Band“, bedauert Achim Büscher. Optimistisch habe der Verein mit 550 Konzertbesuchern im Zelt gerechnet – verkauft habe man aber nur 150 Tickets. „Wir werden sicher diskutieren, ob eine Karnevalsband im Sommer eine gute Idee ist“, so Büscher.
3Die Schausteller blicken dagegen zufrieden auf den bisherigen Kirmesverlauf. „Das Wetter passt, es ist nicht zu heiß“, freut sich Mario Timm. Der Chef des Süßigkeiten-Standes aus Herkenrath trägt ein Lebkuchenherz um den Hals, auf dem Zuckerguss die Stimmung zusammenfasst: „Wir sind wieder da!“
Maria Büchel, ebenfalls aus Bergisch Gladbach, ist die Herrin über 270 Kunststoffenten, die unablässig ihre Bahnen ziehen und geangelt werden wollen. Bislang habe sie überdurchschnittlich viele Familien mit kleinen Kindern gesichtet, verrät Büchel. „Ein sehr angenehmes Publikum hier in Lindlar.“
Vor allem die Kinder freut es. Jack (4) hat beim Dosenwerfen eine Spiderman-Figur ergattert, die er wie einen Pokal über den Platz trägt. Enya (3) traut sich endlich in das Mickey Maus-Karussell vor St. Severin. Und Maurice (12) hat mit 15 Euro wahrhaftig den einarmigen Banditen überlistet. Die Größeren nehmen lieber Kurs auf die Autoscooter-Bahn von Winfried und Gilbert Hoffmann aus Leverkusen. Das Vater-Sohn-Gespann ist Schausteller und Kirmes-Organisator zugleich. „Wir sind froh, dass es keine kurzfristigen Absagen der Kollegen gab. Auf der Cranger Kirmes sind zuletzt über 30 Fahrgeschäfte gar nicht erst angereist, weil ihnen das Personal fehlte“, sagt Gilbert Hoffmann.
Sein Betrieb setze inzwischen nur auf festangestellte Mitarbeiter, informiert der Junior. Zwar müssten die auch im Winter bezahlt werden, stünden dann aber auch zum Saisonbeginn im Frühjahr sofort bereit. Sorgen bereitet den Hoffmanns der Spagat zwischen gestiegenen Energiekosten und moderaten Preisen der Fahrgäste.
Der Chip muss familienfreundlich und bezahlbar bleiben und das hinzukriegen wird immer kniffeliger“, stimmt Timo Hartmann aus Hagen zu, dessen tintenfischartiges Fahrgeschäft zwei Dutzend Lindlarer auf einmal in 24 Meter Höhe katapultiert.
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