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FastenbrechenSiegburger Muslime bewirten täglich viele Gäste – auch den Bürgermeister

Lesezeit 4 Minuten
Männer sitzen an Biertischen in einem Zelt, sie essen.

Viele Gäste sind Geflüchtete aus Syrien und Afghanistan.

Zum gemeinsamen Fastenbrechen hat die muslimische Gemeinde in Siegburg stets viele Gäste; darunter auch Bürgermeister Stefan Rosemann.

Während des Fastenmonats Ramadan in muslimischen Ländern unterwegs zu sein, kann ein ganz besonderes Erlebnis sein. Zum Fastenbrechen am Abend fährt das Leben im ganzen Land herunter, Supermärkte passen ihre Öffnungszeiten an – in etwa wie an Heiligabend.

Siegburger Gemeinde hat Zelte aufgestellt

In Deutschland wird das Fasten in der Öffentlichkeit weniger wahrgenommen, und doch kommen muslimische Menschen auch hier zum abendlichen gemeinsamen Essen zusammen. Auch die Moscheegemeinde an der Händelstraße in Siegburg lädt jeden Abend zum Fastenbrechen ein.

So auch an diesem Donnerstagabend, wo das „Iftar“ um genau 20.15 Uhr beginnt. Je nach Aufenthaltsort kann der Sonnenuntergang früher oder später liegen. Für die Gebetszeiten gibt es aber Kalender und Apps. Wie aus dem Nichts entsteht schnell eine Schlange vor dem Zelt mit der Essensausgabe. Menschen kommen herbei, der Parkplatz füllt sich binnen weniger Minuten.

Viele von ihnen sind Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan
Turna Alkan, 1. Vorsitzender des Gemeindevorstands, über die Gäste beim Fastenbrechen

Sie stellen sich an für Rotkohlsalat, Reis, eine Suppe mit Limonen-Aroma und einen Kartoffel-Hackfleisch-Eintopf, zubereitet in riesigen Töpfen. Die Gemeinde hat für den gesamten Fastenmonat Zelte und Biergarnituren aufgestellt, an denen die Menschen Platz nehmen. Zwischendurch halten sie kurz inne, als jemand über Lautsprecher ein Gebet spricht. So schnell wie sie gekommen sind, sind die Gäste nach dem Essen auch wieder verschwunden.

„Zum Fastenbrechen sind aber alle eingeladen, ob Muslim oder nicht“

„Viele von ihnen sind Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan“, sagt Turan Kalkan, 1. Vorsitzender des Gemeindevorstands. „Häufig sind diese Gruppen sehr zurückhaltend, weil sie glauben, sie seien hier nicht willkommen – zum Fastenbrechen sind aber alle eingeladen, ob Muslim oder nicht“, betont er.

All das zu organisieren, sei ein immenser Aufwand, sagt Yasha Taschan, den alle wegen seiner Herkunft „den Georgier“ nennen. „Meine Frau ist Türkin“, klärt er auf. Das Essen werden über Spenden finanziert. „Manche geben zehn, andere tausend Euro“, sagt Osman Akdeniz, 2. Vorsitzender.

Yasha Taschan erklärt: „Die Frauen der Gemeinde treffen sich mittags, kaufen ein und planen das Essen für den nächsten Tag. Dann kochen sie für alle – ehrenamtlich.“ Die Gemeindemitglieder gäben ihr Bestes, um gute Gastgeber zu sein.

Zwei Männer und zwei Frauen sitzen vor Speisen an einem gedeckten Tisch. Hinter ihnen hängen eine türkische und eine deutsche Fahne.

Bürgermeister Stefan Rosemann nahm am Fastenbrechen teil und besuchte die Gemeinde.

Beim Fastenbrechen zu Hause laufe es ähnlich ab: „Wir stellen drei bis vier Speisen auf den Tisch, manchmal kommen die Familie oder Bekannte dazu. Abends esse ich viel, morgens reichen mir Wasser und eine Scheibe Brot. Mein Nachbar zum Beispiel isst aber auch dann reichlich“, sagt Akdeniz.

Um 7.25 Uhr endet am Mittwoch der Ramadan in Siegburg

Der Ramadan dauert noch bis Mittwochmorgen, er endet in Siegburg um 7.25 Uhr mit einem Gebet und dem Zuckerfest vor der Moschee. „Dann gibt es Süßigkeiten“, sagt Osman Akdeniz. In größeren Städten wie Köln und Frankfurt hängen während des Fastenmonats Lichterketten über bestimmten Straßen. Der Ramadan wird dadurch sichtbar, der Glaube aus den Hinterhofmoscheen in die Straßen getragen.

Die Gemeinde wünsche sich das auch für Siegburg, für die Kaiserstraße etwa, sagt Akdeniz. Bei Bürgermeister Stefan Rosemann, der wie andere Vertreterinnen und Vertreter des Stadtrats sowie Angehörige der Polizei ebenfalls am Fastenbrechen teilnimmt, stößt er damit auf offene Ohren.

„Wenn sich die Gemeinde das wünscht, würde ich mich dem nicht verschließen – da müssten wir mal drüber sprechen“, sagt er. Für ihn gehöre es als Bürgermeister dazu, die gesamte Stadtgesellschaft zu repräsentieren. Das Fastenbrechen reihe sich ein in das gute Miteinander mit der türkisch-islamischen Gemeinde.

Siegburgs Bürgermeister wäre offen gegenüber Muezzin-Ruf

„Die Einladung hat Tradition und der folgen wir gerne“, sagt Rosemann. „Wenn man sieht, wie viele Menschen aus Syrien und Afghanistan ebenfalls willkommen geheißen werden, kann man von einem wichtigen sozialen Beitrag zur Integration sprechen.“ Rosemann zeigte sich auch gegenüber einem Muezzin-Ruf zu bestimmten Anlässen offen. Die Gemeinde plant derzeit den Bau einer größeren Moschee auf ihrem Gelände.

„Da muss man die Religionsfreiheit mit den Interessen der Anwohner abstimmen. Sicher würde das nicht nur auf Gegenliebe stoßen“, meint Rosemann. „Einigen Menschen müsste man vielleicht erklären, was ein Muezzin da eigentlich ruft und sie dafür sensibilisieren. Aber wenn sich das im Rahmen halten würde – und den müsste man vorher festlegen, ein Mal pro Woche zum Beispiel – könnte ich mir auch einen Muezzin-Ruf gut vorstellen.“