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„Etwas unglaublich wertvolles“Archivarin über den Schatz von St. Servatius in Siegburg

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Dr. Andrea Korte-Böger bei einem Vortrag in der Schatzkammer St. Servatius mit wertvollem Tuche.

Kenntnisreich geht Dr. Andrea Korte-Böger der spannenden Geschichte der Textilien in der Schatzkammer St. Servatius nach.

In der Siegburger Schatzkammer Sankt Servatius sprach Dr. Korte-Böger über feinste Seide und heilige Reliquien.

Als schön und mächtig galt Theophanu (960 bis 991) und als Symbolfigur byzantinischen Prunks, mit dem Ostrom Bedeutung und Reichtum zur Schau stellte. In hiesigen Breiten muss die in Köln gestorbene Witwe Kaiser Ottos II. ihre Zeitgenossen sehr beeindruckt haben.

Ehemalige Stadtarchivarin Dr. Korte-Böger geht auf Tuchfühlung

Ein Tuch, das mit einiger Wahrscheinlichkeit aus ihrem Brautschatz stammt, gelangte ins Allerheiligste Siegburgs: Der Löwenstoff, auf dem sich die namengebenden Könige des Tierreichs allerdings nur noch erahnen lassen, wurde in einem Schrein gefunden, der heute in der Schatzkammer St. Servatius zu bewundern ist. Zusammen mit einigen anderen wertvollen Tüchern, deren Geschichte die ehemalige Stadtarchivarin Dr. Andrea Korte-Böger in einem Vortrag zu „Elefanten, Drachen und tanzende Greifen“ vor Ort auf den Grund ging.

Die „ungeheure Wertschätzung“ für die Seidenstoffe erkläre, warum man kleine und kleinste Fragmente im Servatiusschatz finde, erklärte Korte-Böger, die auch Vorsitzende des Vereins der Freunde und Förderer des Michaelsbergs ist. Damals habe man sie genutzt, um die wertvollen Reliquien im Besitz der Abtei angemessen zu umhüllen.

„Man wollte den Heiligen etwas Besonderes geben, keinen Wollstoff aus der eigenen Region, sondern etwas unglaublich Wertvolles.“ Die edle Beigabe habe wohl dem eigenen Seelenheil zugute kommen sollen. Prinzessin Theophanu habe allerdings einem alten Gebet zufolge eher für „Eitelkeit und Hoffart“ gestanden.

Von heiligen Reliquien und staufischen Schreinen

Korte-Böger schilderte anschaulich, wie exotisch die oft Fabeltiere darstellenden Seidenstoffe damals gewirkt haben müssen, nur langsam seien die Technik der Seidenherstellung und der Zucht von Seidenraupen über die Alpen gelangt.

Staufische Schreine, wie die goldglänzenden und mit Bergkristallen und Halbedelsteinen verzierten Artefakte der Schatzkammer , hatten keine Öffnungsmechanismus und mussten umständlich umgedreht und aufgeschraubt werden. Später hätten die Gläubigen die angebeteten Reliquien der Heiligen auch sehen wollen.

1819 wurde der Schatz an die Kirchengemeinde als Eigentümerin übertragen, die Schreine wurden geöffnet, ihr Inhalt inventarisiert. „Wahrscheinlich hat man damals einen Teil der Stoffe herausgenommen und in Mappen gelegt.“ Ab 1949 waren sie wohl dann öffentlich in Rahmen zu sehen.

Dr. Korte-Bögers Lieblingsstück: Ein Elefant aus Persien

Ein prominentes Textil ist das Pallium des heiligen Anno. Solche Bänder tragen Erzbischöfe bis heute, früher waren sie hohen Beratern der byzantinischen Kaiser vorbehalten.

Das Pallium des heiligen Anno fand sich kurioserweise zusammengeknüllt in einem der kleineren Exponate der Schatzkammer, der Arca Quadrata, einem kleinen Reliquiar, das vermutlich im 17. oder 18. Jahrhundert aus weit älteren Fragmenten zusammengesetzt wurde. Gut erhalten ist hingegen ein Pallium des heiligen Heribert (um 970 bis 1021), Erzbischof von Köln.

Der älteste Stoff ist weitaus älter als die 1064 gegründete Abtei auf dem Michaelsberg: Das Fragment zeigt einen Greif als Herrschaftssymbol und geht auf das sechste bis siebte Jahrhundert zurück. Ein Lieblingsstück Korte-Bögers ist ein Elefant, der einen weiten Weg hinter sich hat: Der feine Stoff wurde im siebten bis neunten Jahrhundert in Persien gewebt.