Kleiner Fehler, katastrophale Folge: 18 Monate nach einem Unfall auf dem Bergisch Gladbacher Busbahnhof stand der Busfahrer vor Gericht.
ProzessFahrfehler führt zu schlimmen Unfall am Bergisch Gladbacher S-Bahnhof – Geldstrafe
Rund 18 Monate nach einem folgenschweren Verkehrsunfall auf dem Bergisch Gladbacher Busbahnhof hat sich am Montagnachmittag ein Busfahrer wegen fahrlässiger Körperverletzung vor Gericht verantworten müssen. Der zur Unfallzeit 23 Jahre alte Mann hatte am 20. April 2023 beim Abbiegen von der Stationsstraße auf den Busbahnhof eine 81-jährige Fußgängerin übersehen und überrollt. Die Wipperfürtherin erlitt schwerste Verletzungen, lag drei Monate im Krankenhaus und musste danach mit ihrem Ehemann in ein Seniorenheim umziehen.
Richter Miriam Kuschel verurteilte den bis dahin nicht vorbestraften Fahrer zu 900 Euro Geldstrafe, 90 Tagessätze zu je zehn Euro. Sie folgte damit dem Antrag von Verteidiger Jörg Reinartz. Der Staatsanwalt hatte 1200 Euro Geldstrafe gefordert.
Von der munteren Seniorin zum Pflegefall
Die Fußgängerin, der nach dem Unfall ein Unterschenkel hatte amputiert werden müssen, war aus gesundheitlichen Gründen nicht dazu in der Lage, an dem Prozess teilzunehmen. Ihre Nichte berichtete unter Tränen, wie sehr sich das Leben der bis dahin völlig selbstständigen Frau danach verändert hatte.
Die Folgen des Unfalls gingen auch den beruflich abgehärteten Juristen erkennbar an die Nieren. Ein wenig Mitgefühl wurde allerdings auch dem Fahrer des verunfallten RVK-Wasserstoffbusses entgegengebracht. Sein Fehler, das ergab sich sowohl aus seinem Geständnis als auch aus dem Gutachten des Rösrather Sachverständigen Alexander Wiek, war es gewesen, dass er beim Abbiegen eine kurze Zeit in eine andere Richtung geschaut hatte als in die, in die er gefahren war.
Fahrer blickte nach rechts und fuhr nach links
Nachdem der heute nicht mehr als Busfahrer tätige Mann zunächst auf der Straße sein Tempo immer weiter vermindert hatte, um den Gegenverkehr durchzulassen, beschleunigte er beim Linksabbiegen wieder und blickte dabei zu am rechten Rand stehenden Passanten, um sich zu vergewissern, dass keiner auf die Straße laufe.
Die alte Dame, die laut Nichte zuvor ihren Mann im Krankenhaus besucht hatte, dann etwas essen gegangen war und nun wieder zurück zum Mann wollte, näherte sich aber von links. „Ich habe sie nicht gesehen“, so der Busfahrer, der sein tiefes Bedauern über das Geschehen versicherte.
Kreuz und quer: Problematische Verkehrsverhältnisse am Busbahnhof
Den Fehler, in eine andere Richtung zu schauen als in die, in die man fährt, nannte Wiek eine typische Unfallursache: „Er hätte anhalten müssen.“ Etwaige tote Winkel durch Holme in den Seitenscheiben seien nicht das Problem; die kenne auch jeder Autofahrer und gucke daran vorbei.
Problematisch, so der Sachverständige weiter, sei allerdings die Verkehrssituation auf dem Busbahnhof, auf dem Fußgänger häufig die Fahrwege der Busse kreuzten, ohne durch Mauern oder Ketten gehindert zu werden. Nebenklagevertreter Achim Mettlach kritisierte in dem Strafverfahren mehrfach das bisherige Agieren der Versicherung des Busunternehmens RVK gegenüber der Verletzten; hier soll es nun neue Gespräche geben.