Die russische Armee erleidet im Krieg gegen die Ukraine erhebliche Verluste. In Moskau wird man kreativ, um neue Soldaten zu rekrutieren.
„Realität spielt keine Rolle“Putin braucht Soldaten – Russische Armee veröffentlicht „absurdes“ Werbevideo
Für den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine benötigen die russischen Streitkräfte weiterhin viel Personal. Berichten zufolge zahlt die russische Armee ihren Soldaten mittlerweile rund 2.500 Euro im Monat als Gehalt – und damit das Dreifache des russischen Durchschnittseinkommens.
Wladimir Putins Streitkräfte setzen aber nicht nur auf monetäre Anreize, das zeigt ein Rekrutierungsvideo der Armee, das nun große Beachtung findet und für viel Belustigung in westlichen sozialen Nertwerken sorgt. Auch über die eigentlichen Ziele des russischen Kriegs gibt das Video Auskunft – bei der Eroberung von Gebieten in der Ostukraine soll es demnach offenbar nicht bleiben.
Russland: Putins Armee veröffentlicht skurriles Werbevideo
Der 45 Sekunden lange Werbespot zeigt russische Soldaten in einem Schützengraben, die sich vermeintlich im Gefecht befinden. Im Hintergrund sind Schüsse zu hören. Schließlich beginnen zwei Soldaten ein Gespräch. „Weißt du, wo Petschersk in Kiew ist?“, fragt der eine den anderen. „Das ist im Zentrum von Kiew. Meine Tante lebt dort – teures Viertel. Warum fragst du?“, erwidert der andere Soldat. „Ich habe einen Traum, ich möchte eine Wohnung dort kaufen“, lautet die Antwort.
Nachdem die beiden Soldaten – wie nebenbei – ein paar Schüsse abfeuern, setzt sich das Gespräch schließlich fort. „Wenn der Krieg vorbei ist und wir Kiew zurückerobert haben, werde ich mit meiner Familie dorthin ziehen“, kündigt einer der Soldaten an. Der andere erwidert: „Ich gehe nach Odessa!“ Das Werbevideo endet schließlich mit dem Slogan „Wähle die Stadt deiner Träume“ und der Aufforderung, sich für den Dienst bei den Streitkräften zu registrieren.
„Wenn wir Kiew zurückerobert haben, werde ich mit meiner Familie dorthin ziehen“
Das Video sei so skurril, dass man es leicht abtun könne, erklärte der britische Historiker und Russland-Experte Ian Garner im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter). Es erfülle jedoch drei zentrale Aspekte der russischen Kriegspropaganda, führte Garner aus.
„Erstens stimmt die Ästhetik“, erklärt der Historiker. Die Aufnahmen wirkten wie aus einem Videospiel und vermittelten so das Bild eines „ungefährlichen“ Krieges. „Schüsse aus der Ferne – aber sie bedrohen unsere Helden nicht“, übersetzt Garner die Botschaft der Bildsprache. Ein zweiter wichtiger Punkt seien die Versprechungen, die das Video den Soldaten mache. Das seien zum einen Geld, „um sich Eigentum kaufen zu können“.
„Absurdes“ Video erfüllt zentrale Aspekte russischer Propaganda
Zum anderen spiele die Anspielung auf die „Tante in Kiew“ auf die von Russland stets behauptete „Wiedervereinigung“ mit der Ukraine an. Das dritte Versprechen sei das eines russischen Imperiums.
„Kiew ist seit Jahrhunderten Russlands Traumstadt – ein Ort voller Kirchen, glitzernder Türme, der sogenannte Geburtsort der Nation“, erklärte Garner. „Das Versprechen einer Wohnung in Kiew nach dem Krieg“ spiele auf dieses Narrativ an, gleiches gelte für die Erwähnung Odessas.
Wladimir Putins Kriegspropaganda: „Die Realität spielt keine Rolle“
Die Werbung sei zweifelsfrei „absurd“, erklärt Garner, da Russland niemals „Odessa, geschweige denn Kiew einnehmen“ werde. Doch um die Realität gehe es bei russischer Propaganda ohnehin nicht. „Die Realität spielt keine Rolle“, so Garner. „Was zählt, sind Wahrnehmung, Träume und Visionen – und diese Werbung ist darin nicht so schlecht, wie es den Anschein macht.“
Russland führt seit dem 24. Februar 2022 einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Einschätzungen von westlichen Analysten zufolge haben die russischen Streitkräfte dabei erhebliche Verluste erlitten.
Im September 2022 ordnete der russische Präsident Wladimir Putin eine Teilmobilmachung an. Rund 300.000 Reservisten wurden für den Kriegsdienst eingezogen. Seitdem setzt der Kreml auf Rekrutierungskampagnen, um den Personalbedarf der Streitkräfte zu decken.