Nach dem Wegfall der Corona-Einschränkungen werden die Tourismusunternehmen im Rhein-Sieg-Kreis von vielen neuen Krisen heimgesucht. Das sorgt für Existenzsorgen - trotz des Reisebooms in der Region.
EnergiekriseTourismusbetriebe in Rhein-Sieg sind trotz des Reisebooms beunruhigt
Gerade erst sind sie den Corona-Einschränkungen entronnen und haben Hoffnung geschöpft, schon werden die Tourismusunternehmen von neuen Krisen heimgesucht. Das trübt die Stimmung auch an Rhein und Sieg.
Während die meisten Betriebe die aktuelle Lage als gut bewerten, sehen sie angesichts steigender Energie- und Rohstoffpreise, Ukrainekrieg und Mitarbeitermangel eher sorgenvoll in die Zukunft. Das berichteten die Vizepräsidentin der IHK Bonn/ Rhein-Sieg, Ruth Winterwerp-von den Elzen, und IHK-Geschäftsführer Professor Stephan Wimmers am Dienstag.
60 Prozent der Betriebe in Rhein-Sieg sorgen sich wegen des Fachkräftemangels
Mit einem Klima-Index von 89 liege der Wert bei der jüngsten Befragung noch relativ hoch, referierte Wimmers. Allerdings habe die Zahl im Frühjahr mit 97 Punkten noch knapp unter den ausgewogenen 100 gelegen. Gaspreise, die sich vervierfacht, und Strompreise, die sich verzehnfacht hätten, drückten die Branche, ebenso gestiegene Lebensmittel- und Rohstoffpreise. 80 Prozent der Befragten werteten diese Faktoren als Risiken.
Fast 60 Prozent seien wegen fehlender Fachkräfte und gestiegener Personalkosten beunruhigt, zitierte der Geschäftsführer aus der 14. Umfrage unter 521 Betrieben. 123 hatten geantwortet. Auf die Herausforderungen reagierten die Betriebe unter anderem mit Rationalisierungen.
Mit den Lockerungen im Mai sei die Zahl der Übernachtungen „extrem nach oben gegangen“, berichtete Winterwerp-von den Elzen. Die Hotelchefin sprach mit Blick auf Bonn und den Rhein-Sieg-Kreis von einem „Reiseboom in Stadt und Region“. Die Auslastung liege nur noch 16,7 Prozent unter der von 2019. Die Zeit dazwischen „blenden wir im Gastgewerbe gerne aus“, sagte sie. 307.946 Übernachtungen habe es bis im September 2019 gegeben, 247.288 im Jahr 2021, dieses Jahr immerhin wieder 280.401. Ohne die ersten vier Monate „wäre es das erfolgreichste Jahr geworden“, zog die Vizepräsidentin Bilanz.
Übernachtungen: IHK zweifelt an Rückkehr von Geschäftsreisenden
Touristen buchten jetzt stärker als noch 2019 auch unter der Woche. Sie bezweifle, dass Geschäftsreisende in dem Maße zurückkämen wie vor Corona. Der Trend gehe klar zum nachhaltigen Tourismus. Schon jetzt spiele das Thema bei Firmenbuchungen eine große Rolle, es gewinne aber auch bei privaten Buchungen zunehmend an Relevanz. Die Tourismus & Congress GmbH in Bonn bearbeite das Thema seit 2006 und habe der Region damit einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Den gelte es auszubauen.
Die Vize-Präsidentin warb dafür, touristische Ziele und Attraktionen für Ortsfremde schnell und unkompliziert erreichbar zu machen. Stadt- und Naturtourismus sollten innerhalb eines Tages ohne große Zeitverluste möglich sein. E-Bike-Verleih und 49-Euro-Ticket seien Meilensteine auf diesem Weg. Es sei angesagt, Tourismus neu zu denken, die Region „aus der Brille der Gäste“ anzuschauen. Da sei die Entwicklung zur „Smart Destination“ angesagt, bei der sich Gäste vor Ausflügen zum Beispiel über aktuelle Besucherzahlen informieren könnten.
Unzufrieden ist Winterwerp-von den Elzen mit der aktuellen Entwicklung bei „Rhein in Flammen“, wo sich Kommunen zurückzögen: „Diese Marke darf nicht sterben.“
IHK-Vizepräsidentin fordert zentrale Anlaufstelle für den Rhein-Sieg-Kreis
Für die Region fordert die IHK-Vizepräsidentin eine Zentrale Anlaufstelle für Gäste. Wie das zwischen dem Bergischen und Siebengebirge, der Naturregion Sieg und dem Ahrtal organisiert werden kann, ließ sie offen, verwies aber auf die Tourismus & Congress GmbH in Bonn.
Wie sehr erzählte Geschichten Reisende inspirierten, habe der Zweiteiler „Das weiße Haus am Rhein“ im Oktober bewiesen, ergänzte Geschäftsführer Wimmers. Derartige Geschichten gebe es in der Region noch manche, die Gäste locken könnten.