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Carsten Henn begeistert„Wäre das Restaurant Zum Auerhahn in Köln, wär’s längst Stadtgespräch“

Lesezeit 3 Minuten
Restaurantleiter Stefan Specht und Inhaber und Küchenchef Rene Katzenberger im Restaurant Auerhahn.

Restaurantleiter Stefan Specht und Inhaber und Küchenchef Rene Katzenberger im Restaurant Auerhahn (v.l.)

Restaurantkritiker Carsten Henn hat ein Restaurant in Pulheim getestet und war ziemlich angetan. Was ihn besonders überzeugt hat.

Nein, Auerhahn steht natürlich nicht auf der Karte, das scheue Tier ist vom Aussterben bedroht. Es findet sich allerdings auf einem Ölgemälde in der großen Fachwerkscheune mit dem imposanten Kamin und dem prächtigen Kronleuchter aus leeren Weinflaschen. Bis zu 80 Personen haben in dem Raum Platz, im Sommer ist die Terrasse offen.

„Moderne Landhausküche“ nennt Chefkoch René Katzenberger seinen Stil, aber „Casual-Fine-Bistro-Dining“ trifft es eher, denn Speisen wie Calamaretti mit Miesmuscheln und Zitrusfrüchten, oder Zander mit Kräuter-Panna-Cotta und Curry-Beurre-Blanc finden sich bei ersterer eher nicht. Ein Gruß aus der Küche – wie hier mit einem Tatar im knusprigen Wantan-Schälchen – ist dort auch unüblich.

Restaurant Zum Auerhahn

So sieht es im Restaurant „Zum Auerhahn“ aus.

Im „Auerhahn“ wird kreativ gekocht, mit Einflüssen aus vielen Ländern, manchmal auch mit Zutaten aus der Haute Cuisine. Eine der Vorspeisen ist zum Beispiel ein gekonnt gegartes Stück Steinbeißer auf einem Bett aus schwarzem Knoblauch, der ihn ebenso erdet wie die Steckrüben-Tagliatelle, akzentuiert von Aprikose.

Beim Kartoffel-„Salat“ spielt Katzenberger mit Temperaturen und Texturen, unter anderem in Form von Kartoffeleis und Gurkenschaum. „Dekonstruieren“ heißt der Ansatz, der hier geschmacklich wunderbar aufgeht – wenn man alle Komponenten auf die Gabel nimmt. Auch bei den Hauptgängen beweist Katzenberger, dass er Klassikern einen klugen Dreh geben kann.

Essen im alten Fachwerkhaus: Zum Auerhahn in Pulheim

Essen im alten Fachwerkhaus: Zum Auerhahn in Pulheim

Schlotziger Trüffel-Risotto mit Umami-Power

Einem schlotzigen Trüffel-Risotto verleiht er durch Dashi noch mehr Umami-Power, als es ohnehin schon hat. Das Schaufelstück vom Rind kommt wunderbar zart geschmort auf den Teller, die dunkle Sauce ist intensiv, das Selleriepüree cremig, der Dreh sind hierbei Schwarzwurzelstücke in knusprigem Tempurateig.

Bei Nachtischen erwarte ich aus Erfahrung nur noch wenig – im „Auerhahn“ ein Fehler. Wer „Dekonstruierter Apfel“ bestellt, erhält einen Apfel, der keiner ist. Die „Schale“ und das grüne Blättchen bestehen aus weißer Schokolade, die mit Lebensmittelfarbe besprüht wurde, das Innere ist aus fluffiger Mousse mit einem Kern aus Apfel-Chutney.

Guter Nachtisch im Auerhahn: „Dekonstruierter Apfel“

Guter Nachtisch im Auerhahn: „Dekonstruierter Apfel“

Optisch weniger spektakulär, aber geschmacklich noch stimmiger ist die Kombination von Blutorange, Milchreis, Mango und Kokos. Zum Abschluss gibt es dann sogar ein Petit Four in Form eines eiskalten Krokants mit Zimt. Der nette Service unter Restaurantleiter Stefan Specht bringt die Speisen warm an den Platz. Die Weinkarte könnte ruhig ein wenig größer sein, bietet aber vor allem aus Deutschland einige schöne Tropfen. Würde sich ein Restaurant, in dem so unprätentiös und klug gekocht wird, in Köln befinden, wäre es längst Stadtgespräch. So ist es ein Pulheimer Geheimnis – zu günstigeren Preisen (vor allem, wenn man ein Menü nimmt).

Fazit: Kreative Bistro-Küche in schönem Fachwerk-Ambiente, netter Service. Bewertung: 5 von 6 Sternen

Auerhahn, Roggendorfer Straße 44, 50259 Pulheim, Tel. 02238/949 950 6, Mi-Sa 17-21.30 Uhr, So 12-15 Uhr und 17-21 Uhr / www.restaurantauerhahn.de

Henns Auswahl:

Ein bisschen Haute Cuisine im Auerhahn

Ein bisschen Haute Cuisine im Auerhahn

  1. Steinbeißer // 15,50 Euro
  2. Rinder-Schaufel // 28,50 Euro
  3. Trüffel-Risotto // 21,50 Euro
  4. Dekonstruierter Apfel // 9 Euro 
  5. Menü // 47 Euro (3 Gänge), 62 Euro (5 Gänge), 77 Euro (7 Gänge)