Reisen, nein danke!Ein Urlaubshasser packt aus
„Bin ich blöd und fahr in Urlaub?“, fragt Falko Löffler in seinem gleichnamigen Buch. Doch das ist eine rhetorische Frage, denn Löfflers Antwort ist klar: „Natürlich nicht!“ In seinem Buch bricht er eine Lanze für alle, die nicht ständig dem nächsten aufregenden Reiseerlebnis hinterherhechten. Löffler erzählt, warum Reiseverweigerung Wellness ist und warum Reisemuffel die besseren Menschen sind. In diesen Auszügen aus Löfflers Buch erfahren Sie, warum es gut tut, NICHT zu verreisen.
Warum Urlaub in Wahrheit KEINEN Spaß macht
1. Da draußen ist es auch nicht besser!
Sicher, Sie wollen dem Alltag entfliehen. Aber Alltag ist ÜBERALL! Auch an anderen Orten müssen Sie essen, trinken und aufs Klo gehen. Sie sind zwangsweise mit fremden Menschen in Kontakt. Wenn Sie nach Brasilien fliegen und sich dann wundern, dass dort nicht alle Leute den ganzen Tag Samba tanzen, sondern lieber Bandenkriminalität als Hobby pflegen, rücken Sie ein Stück näher an die Realität.
2. Wer die Welt bereist, muss trotzdem wieder heim!
Ja, irgendwann kommt der Tag, an dem Sie die Rückreise antreten müssen. Natürlich können Sie Ihren Urlaub ins Unendliche verlängern und sich „Globetrotter“ oder „Aussteiger“ nennen. Aber das ist nichts anderes als ein Leben auf der Flucht. […] Dann, irgendwann müssen, Sie sich bei der Rentenkasse melden, weil Sie Verhungern für eine schlechte Zukunftsperspektive halten.
3. Was auf Reisen alles schief gehen kann…
Man weiß ja gar nicht, wo man anfangen soll. Defekte Klimaanlagen, hochtourig laufende Klimaanlagen, Magenverstimmung, englische Touristen, Doppelbuchungen, Überbuchungen, Nichtbuchungen, defekte Fahrstühle, hysterische Servicekräfte, regen, Sonne, Wirbelstürme, Sonnenbrände, Wundbrände, Salmonellen…
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Warum Reisen NICHT bildet und andere Reiselügen.
Die größten Reiselügen
1. „Reisen bildet“
Die Mutter aller Lügen. Kaum jemand fährt in den Urlaub, um wirklich etwas zu lernen. Die Reisenden, die sowas behaupten, nehmen in Wirklichkeit nicht mal Bücher mit, weil die zu schwer sind (höchstens Illustrierte). Das sind dann auch, die Leute, die an ihrem Urlaubsort als Erstes Ausschau nach einem Stückchen Heimat halten: Das ist auf den Balearen der Kiosk, der deutsche Boulevardzeitungen führt, und das ist auch in Feuerland der gleiche Kiosk, nur mit kleinerem Sortiment. Diese Urlauber wollen sich in erster Linie überzeugen, dass in der Welt alles ein wenig so ist wie daheim.
2. „Reisen erweitert den Horizont“
Auf Reisen werden Sie nichts lernen, was sie nicht längst durch Lebenserfahrung oder aus Büchern wissen. […] Letzten Endes werden Sie die Rückreise mit dem gleichen Horizont antreten, mit dem sie losgefahren sind – schlimmstenfalls bringen Sie die gleichen Vorurteile verstärkt wieder mit nach Hause, weil sie sich bewahrheitet haben.
3. „Der Weg ist das Ziel“
Reisen ist primär der Prozess, von A nach B zu kommen, und der Weg ist dabei die Notwendigkeit, nicht der Zweck des Ganzen. Sonst könnten Sie auch den Vormittag damit verbringen, im Kreisverkehr am Industriegebiet eine Runde nach der anderen zu drehen und dann behaupten, sie hätten zu sich selbst gefunden.
4. „Reisen veredelt den Geist und räumt mit unseren Vorstellungen auf“
Meinte Oscar Wilde. Er hatte gut reden, denn er selbst war frei von Vorurteilen. Aber die Umwelt, die von seinem Lebenswandel nicht ganz so angetan war, hatte einige Vorbehalte über ihn. Wilde verreiste gern, endete im Zuchthaus und Einzelhaft und starb früh.
5. „Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt“
Meinte Lao-Tse. Und recht hatte er. Denn er erwähnte nicht, in welche Richtung Sie diesen Schritt vollführen sollen. Wo steht Ihre Couch? Dort? Vielleicht reicht sogar der eine Schritt…und schon sind Sie da!
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Mit welchen Utensilien Reisemuffel überleben, wenn der Ernstfall eintritt und sie doch den Koffer packen müssen.
Was Reisemuffel zum Überleben brauchen
Smartphone
Mit GPS und dem Kartenmaterial reisen Sie schneller und effizienter von allen Orten ab oder haben Fluchtwege und Umgehungsrouten immer zur Hand.
2 Paar Kopfhörer
Ja, zwei. Nicht nur eins. Denn Kopfhörer haben die Angewohnheit, immer dann den Geist aufzugeben, wenn man sie am nötigsten braucht, nämlich auf langen Zugfahrten. Haben Sie einen kommunikativen Sitznachbarn […] müssen Sie Müdigkeit oder Handygespräche vortäuschen. […] Wenn Sie ein zweites Paar Kopfhörer dabeihaben, kann Ihnen nichts geschehen.
Müsliriegel
Wenn keine Zeit bleibt, unterwegs Essen zu kaufen oder der Zug zwischen Holzminden und Göttingen rumsteht und keiner weiß, wann es weitergeht, werden Sie glücklich sein, einen Müsliriegel dabeizuhaben.
Kleingeld
Wenn im Zug mal wieder alle Toiletten defekt sind und Sie nach dem Zughalt rausstürzen und zur Bahnhofstoilette rennen, wollen Sie nicht erst Geld wechseln müssen, um die Schranke zum Nirwana passieren zu können.
Schmerztabletten
Nichts ist unangenehmer, als in einem überfüllten Zug fahren zu müssen und dabei Kopfschmerzen zu haben. Oder Übelkeit. Oder Atemnot. Oder Verfolgungswahn. […] Eine Reise ist immer mit Schmerzen verbunden, daher ist die Reiseapotheke Ihr neuer bester Freund!
Lesestoff
Lesestoff ist für jede Reise unabkömmlich. Wichtig ist nur, dass Sie etwas zur Hand haben, in das Sie sich vertiefen können. Wenn Sie das nicht tun, werden Sie aus purer Verzweiflung zum Bahn-Magazin greifen oder zerrissene Sportartikelfetzen vom Abteilboden klauben, bloß um sich von der nervtötenden Reise abzulenken.
Informationen zum Buch
Falko Löffler: „Bin ich blöd und fahr in Urlaub? Zuhausebleiben ist der beste Trip“, erschienen im Goldmann Verlag, 240 Seiten, 8,99 Euro.