StudieFluggesellschaften sind nicht ausreichend auf Notfälle mit Kindern vorbereitet
Durham – Für Kinder, die während eines Fluges krank werden, gibt es manchmal nur eine begrenzte Versorgung. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler der Duke Universität, die Daten amerikanischer Flüge ausgewertet hatten. Erste-Hilfe-Sets an Bord seien nicht immer auf die notwendigen Behandlungen für den Nachwuchs ausgelegt, schreiben die Forscher in einer Studie für die Fachzeitschrift „Annals of Emergency Medicine“.
„In fast 16 Prozent der medizinischen Notfälle in Flugzeugen sind Kinder betroffen, damit sind das keine seltenen Zwischenfälle“, sagt Hauptautor Alexandre Rotta von der Duke Universität in Durham im US-Bundesstaat North Carolina. „Unsere beste Schätzung ist, dass medizinische Ereignisse während des Fluges in ungefähr einem von 300 Flügen stattfinden und solche, an denen Kinder beteiligt sind, in ungefähr 1 von 2000 Flügen“, sagte Rotta. Anders ausgedrückt gibt es ungefähr 23 pädiatrische medizinische Vorfälle während des Fluges für jede Million beförderte Kinderpassagiere.
Medikamente in Erste-Hilfe-Boxen nicht immer für Kinder geeignet
In den meisten Fällen musste der Studie zufolge das Kabinenpersonal einschreiten, wenn die Eltern die Medikamente ihres Kindes nicht selbst dabei hatten. Aber auch die Medikamente in den Erste-Hilfe-Boxen der Fluggesellschaften seien nicht immer für Kinder geeignet. So könne ein Kleinkind die Tablette, die für einen Erwachsenen gedacht ist, oftmals nicht schlucken, geschweige denn die Dosierung vertragen.
„Sowohl Fluggesellschaften als auch Eltern sollten sich der häufigsten Krankheiten bewusst sein und darauf vorbereitet zu sein, mit ihnen umzugehen“, fordert Rotta. An Bord sollte es zudem Informationsmaterial geben, das die benötigte Medikamentenmenge für das jeweilige Gewicht der Kinder angibt.
Übelkeit, Erbrechen und Fieber kommen bei Kindern häufig vor
In der Luft haben die kleinen Patienten den Autoren der Studie nach mit den gleichen gesundheitlichen Problemen zu kämpfen wie auch zu Land. Am häufigsten seien Übelkeit oder Erbrechen (33,9 Prozent), Fieber oder Schüttelfrost (22,2 Prozent), akute allergische Reaktionen (5,5 Prozent), Bauchschmerzen (4,7 Prozent) und Magen-Darm-Verstimmungen (4,5 Prozent).
Das bestätigt auch Michael Sroka, Leiter der Notfallambulanz am Flughafen Frankfurt. „Typisch sind Atemwegsinfekte, Übelkeit, Erbrechen und allgemeine Reisekrankheit“, sagt der Mediziner. Hinzu kämen Unfälle des täglichen Lebens, zum Beispiel beim Spielen und Tollen.
Die Notfallambulanz am Flughafen Frankfurt, sowie der Rettungs- und Notarztdienst der Fraport AG, versorgen jährlich rund 30 000 Patienten. Gesundheitliche Probleme könnten nach der Rückkehr aus dem Urlaub oder von der Geschäftsreise auftreten. „Gelegentlich sind davon natürlich auch Kinder betroffen“, sagt Sroka.
„Die meisten Eltern sind gut vorbereitet“
Nach Einschätzungen des Arztes gibt es aber keine größeren Probleme: „Unserer Wahrnehmung nach sind die meisten Eltern bei Reisen mit Kindern entsprechend gut vorbereitet“, berichtet der Ambulanz-Leiter. Zunehmend stellten sich Familien auch vor der Reise im Rahmen der Reisemedizin vor. In einer ärztlichen Beratung werde dann gemeinsam sichergestellt, dass alle benötigten Impfungen für das jeweilige Reiseland vorhanden sind. Auch Verhaltensregeln und Ernährungstipps seien fester Bestandteil einer solchen reisemedizinischen Beratung.
Das Kabinenpersonal der Lufthansa wird nach Angaben der Fluggesellschaft in Erster Hilfe für die an Bord zu erwartenden Notfälle ausgebildet und jährlich nachgeschult. Auch die Simulation von Notfällen an Bord mit Kindern gehöre zum Standard der Schulungen und Auffrischer. Zur Behandlung stehe an Bord eine umfangreiche Ausrüstung, bestehend aus Notarztkoffer, Defibrillator und mehreren Erste-Hilfe-Koffern zur Verfügung. Diverse Medikamente, darunter auch Zäpfchen, flögen immer mit.
In mehr als 11000 Notfällen an Bord waren Kinder betroffen
Rund 83 Prozent, und damit die meisten medizinischen Notfälle konnten den Studienautoren zufolge während des Flugs gelöst werden. Bei 16,5 Prozent war eine Behandlung nach der Landung erforderlich und in 0,5 Prozent der Fälle führte der Notfall zu einer Umleitung der Flugzeuge.
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Die Wissenschaftler haben 75 587 Vorfälle in dem Zeitraum von Januar 2015 bis Oktober 2016 ausgewertet, die in dem weltweit am stärksten frequentierten medizinischen Support-Center in den USA eingegangen sind. Das Zentrum hat in dem Zeitraum Notrufe von 77 Fluggesellschaften aus sechs Kontinenten angenommen. Diese machten rund 35 Prozent des kommerziellen Personenluftverkehrs weltweit aus. In rund 11 200 der Fälle waren Kinder unter 19 Jahren betroffen. (dpa)