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„Reichenghetto“Zu teuer für Einheimische – leben auf Sylt bald nur noch Urlauber?

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Schicke Villa mit Reetdach, ein Oldtimer-Bentley vor der Garage: Typischer Anblick auf Sylt, hier in Keitum.

Draußen glitzert das Meer silberfarben, drinnen dominieren Erdtöne. Die fünf Zimmer der Sylter Reetdachvilla verteilen sich auf 215 Quadratmeter, es gibt eine Sauna, vier geräumige Bäder. „Ob eine Dusche groß genug ist, wissen Sie erst, wenn Sie sich mit einem Parka hineinstellen und dann noch umdrehen können“, preist Makler Peter Peters (45) den Neubau in Morsum. Haus und Grund sollen 6,2 Millionen Euro kosten.

Es sind Immobilienpreise wie dieser, die Sylts Bürgermeister Nikolas Häckel (41) ärgern. „Dramatisch“ haben sie sich seiner Ansicht nach zuletzt nach oben bewegt. Die Verwaltung ließ die Entwicklung zwischen 2000 und 2010 untersuchen und erfuhr von Steigerungen von 88 Prozent bei bebauten Flächen, von 74 Prozent bei Eigentumswohnungen und von 229 Prozent bei unbebauten Flächen. Makler Peters zufolge stiegen die Preise von 2010 bis heute nochmals um weitere 30 bis 50 Prozent. In Toplagen könnten sie sich gar verdoppelt haben.

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Makler Peter Peters in Morsum auf Sylt

„Die Mietpreise sind nicht mit den hiesigen Einkommen zu erwirtschaften“, klagt Bürgermeister Häckel. 4500 Menschen pendeln inzwischen täglich mit dem Zug über den Hindenburgdamm auf die Insel. „Dauerwohnraum überwiegt nicht mehr, geht unter und mit ihm der soziale Zusammenhalt der Sylter“, sagt Häckel. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) im Norden warnt gar vor „einer Art Reichenghetto“.

Immer mehr Sylter müssen ihre Heimat verlassen

Makler Peters sieht diese Gefahr nicht. „Jede Gemeinde legt Wohnungsbauprogramme auf, Ehrenamtliche werden gefördert und wir haben knapp 20.000 Einwohner.“ Zudem falle auf Sylt wegen seiner Überschaubarkeit manches leichter, wie etwa die Integration von Flüchtlingen - 200 haben bereits auf der Ferieninsel Quartier bekommen.

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Nicht nur vielen der rund 1000 Mitglieder des Sylter SoVD-Ortsverbands fällt es dagegen zunehmend schwer, auf der Insel zu leben. „Immer mehr Menschen - auch Familien, die über Generationen auf der Insel gelebt haben - müssen ihre Heimat verlassen“, sagt SoVD-Sprecher Guido Bauer. Bürgermeister Häckel ergänzt: „Die Infrastruktur ist gefährdet (...). Grundschulen wurden geschlossen, Lebensmittelmärkte überleben nur mit öffentlicher Förderung.“

Nächste Seite: Warum eine alte Hütte elf Millionen Euro kostet – und wie die Sylter den Ausverkauf ihrer Insel stoppen wollen.

Trotzdem wollen immer mehr Menschen bei immer höheren Preisen Eigentum auf Sylt. „Warum diese alte Hütte 11,2 Millionen wert ist“ titelte kürzlich die „Hamburger Morgenpost“ über ein Haus in Keitum. Peters hat auch „diese alte Hütte“ im Angebot. Das Haus besichtigen oder fotografieren? „Die Noch-Eigentümer wünschen das nicht“, winkt der Kaufmann ab.

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Ein neu gebautes Einfamilienhaus in Morsum auf Sylt (Schleswig-Holstein), aufgenommen mit einer Drohne.

Hatte die Band Die Ärzte also recht, als sie 1988 über Sylt sang: „Es ist zwar etwas teurer, dafür ist man unter sich“? Häckel kämpft dagegen an - und wendet sich dabei auch an die Einwohner: „Wir Sylter müssen auch den Angeboten der Investoren widerstehen.“ Der Ausverkauf der Insel müsse gestoppt werden, fordert er. Bis 2018 sollen mehr als 500 neue kommunale, bezahlbare Mietwohnungen entstehen. Zusätzlich muss Sylt allein 2016 Betten für mindestens 400 weitere Flüchtlinge finden. 200 leben bereits auf der Insel.

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Typische Sylter Reetdachhäuser sind hinter dem Strand von Hörnum auf Sylt zu sehen.

Aktuell diskutiert die Insel über eine Quotenregelung für Ferienwohnungen. In Häusern müsste demnach künftig mindestens 40 Prozent der Fläche Dauerwohnraum sein. Beschlossen ist noch nichts, doch für den SoVD ist die 40-60-Regel ein erster Schritt. Dennoch: Lagen am Wasser in Keitum, Morsum oder Kampen dürften noch teurer werden. Denn der Platz auf Sylt ist begrenzt. So sehr, dass der Dunstabzug in der offenen Küche der Morsumer Villa die Dämpfe von unten absaugt - keine Haube soll den Blick aufs Watt verdecken.

(dpa)

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