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Von Marinefliegern zu Corona-HelfernWie Soldaten aus Nordholz nach Leverkusen kamen

Lesezeit 4 Minuten

Die Soldatinnen und Soldaten aus Nordholz bei ihrer Einweisung in die Corona-Hilfe im Ratssaal vergangenen Dienstag.

Vom Truppenübungsplatz ans Telefon: So sieht der Arbeitsplatzwechsel vieler Soldatinnen und Soldaten in Deutschland aus. Rund 1000 von ihnen sind aktuell in Nordrhein-Westfalen im Corona-Einsatz. Sie unterstützen die Gesundheitsämter bei der Kontaktnachverfolgung und sind in mobilen Abstrichteams eingesetzt. „Ein weiterer personeller Aufwuchs ist absehbar“, teilt ein Sprecher des Landeskommandos Nordrhein-Westfalen mit. Rund 400 weitere Soldaten sind abrufbereit.

Auch in Leverkusen unterstützen seit voriger Woche 20 Soldatinnen und Soldaten das Gesundheitsamt. Sie stammen vom Marinefliegerstützpunkt Nordholz im Landkreis Cuxhaven. Nicht nur der Kontrast zwischen Nordseebrise und Autobahn-Smog macht deutlich, dass die Soldaten eigentlich anderes gewöhnt sind. Stephan Giesbers, Fregattenkapitän und Kasernenkommandant in Nordholz, gibt Einblicke, welcher Arbeit die Einsatzkräfte normalerweise nachgehen – und wie es sie nun nach Leverkusen verschlagen hat.

Marineflieger kämpfen gegen Piraterie und Umweltsünder

Der Fliegerhorst Nordholz ist Deutschlands einziger Marine-Flugplatz. Viele kennen den Ort jedoch wegen etwas anderem: „Ihnen sagt vielleicht das Deichbrand-Festival etwas. Das findet jährlich direkt an unserer Zaungrenze statt“, erklärt Giesbers und lacht.

Für die Bundeswehr ist Nordholz hingegen einzigartig, weil im Gegensatz zur „normalen“ Luftwaffe die Soldaten als unterstützender Faktor für Schiffe im Einsatz sind. Die Soldaten werden zunächst also in der Marine ausgebildet und lernen dann, Hubschrauber und Flugzeuge zu fliegen. In diesen unterstützen sie beispielsweise im Rahmen der „Operation Atalanta“ der Europäischen Union den Kampf gegen Piraterie vor der Küste Somalias. Oder sie kontrollieren im Auftrag des Umweltministeriums, dass es in Nord- und Ostsee zu keinen Ölunfällen kommt. Bei den teils schwierigen Wetter- und Sichtverhältnissen an der Nordsee helfen die Piloten auch bei Einsätzen auf den Inseln aus.

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sagt Giesbers. Erst kürzlich habe man eine kranke Frau und ihren Säugling nach Hamburg ins Krankenhaus geflogen.

Soldaten sind auf Abruf bereit für ihren Corona-Einsatz

Dass es die Soldatinnen und Soldaten aus dem hohen Norden nun ausgerechnet nach Leverkusen verschlagen hat, darauf hatte Giesbers keinen Einfluss. Welche Kräfte in Nordrhein-Westfalen eingesetzt werden, entscheidet der Regionale Führungsstab II mit Sitz in Oldenburg, wie das Landeskommando NRW mitteilt. Die Städte und Kreise ermitteln selbstständig ihren Bedarf an Unterstützung und fordern diesen dann bei der Bundeswehr an.

Damit ist die Fliegerstaffel sonst unterwegs: eine Lockeed P3C Orion im Hangar in Nordholz

Die einzelnen Kommandos sind darauf bereits seit Monaten vorbereitet. Im März habe man aus den höheren Kommandobehörden in Berlin die Anweisung bekommen, Teams à 30 Personen aus Soldatinnen und Soldaten zu benennen, so Giesbers. Es gibt also eine Art „Stand-By-Liste“ an Kräften, die auf einen möglichen Corona-Einsatz eingestellt sind. Letztlich habe der zuständige Kontingentführer und Leutnant zur See, Arthur Bock, entschieden, welche 20 Leute er mit nach Leverkusen nimmt. Die Truppe ist ein „bunt gemischter Haufen“, so Giesbers: Techniker, Logistiker und Mitarbeiter aus der Versorgung sind mitgekommen. In Leverkusen bleiben sie nun zunächst bis zum 23. Dezember.

Strenge Auflagen für das Leben der Einsatzkräfte in Leverkusen

Hier gelten für die Helfer strenge Vorgaben für ihr Leben nach Feierabend. „Nur alle zwei Wochen können die Soldaten am Wochenende nach Hause“, in die Öffentlichkeit gehen die Einsatzkräfte nur sehr eingeschränkt und in Kleingruppen. „Damit wollen wir verhindern, dass die Soldatinnen und Soldaten sich selbst anstecken und das Virus womöglich am Ende noch in das Gesundheitsamt hineintragen“, so Giesbers.

Positive Energie sorgt für Willkommensgefühl

Gerade in der Vorweihnachtszeit ist das auch für Soldaten eine schwierige Situation, erklärt er: „Da stellen sich natürlich auch Fragen wie: ’Wie bekomme ich jetzt alle meine Weihnachtsgeschenke zusammen?’“ Die Stadt Leverkusen habe sich jedoch von Anfang an gut um die Unterbringung und Verpflegung der Einsatzkräfte gekümmert. Man habe gemerkt, dass man sich auf die Unterstützung freue: „Die positive Energie hat uns beeindruckt und uns ein gutes Gefühl für den Ort gegeben“, sagt der Kasernenkommandant.

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„Alles, was sich um Covid-19 dreht, hat Priorität“

In dieser Woche wird die Truppe von ihrem Disziplinarvorgesetzten und Fregattenkapitän Michael Buchert besucht, der sich die ersten Erfahrungsberichte der Marinesoldaten anhören wird. In Nordholz fehle der Trupp zwar schon, so Giesbers. „Wir können nicht mehr alles zu 100 Prozent erfüllen. Aber das müssen wir dann auch so hinnehmen – schließlich hat alles, was sich um Covid-19 dreht, Priorität.“