Veedels-CheckBungalow-Uniformität der 60er Jahre in Heimersdorf
Heimersdorf – Hält man im Jahr 2018 zusammen in den Veedeln? Gibt es sie noch, die typisch kölschen Veedel? Mehr als 30.000 Kölner haben sich an unserer nicht repräsentativen Umfrage beteiligt und Noten für Ihre Stadtteile verteilt. Alle 14 Tage veröffentlichen wir die Ergebnisse von fünf weiteren Veedeln.
Heimersdorf im Porträt
Die Gesetzlosen des Wilden Westens wohnen gleich neben den Mongolen. Wilfried und Elisabeth Kuhn haben sogar auf beiden Seiten des Holzzauns eine Bleibe. Elisabeth ist Cowgirl im Verein „Outlaws Revival“, Wilfried Schießmeister bei der 1. Kölner Mongolenhorde von 1984. Stolz führt er durchs größte Mongolen-Dorf Deutschlands, das hinter einem ehemaligen Kraftwerk steht.
Mit viel Liebe zum Detail ist hier ein farbenprächtiges Jurten-Lager entstanden. Die Zelte wurden mit Originalteilen nachgebaut, die per Seecontainer aus der Mongolei eingeschifft wurden. Bunte Fahnen flattern im Wind. Ein Geißbock steht in Mongolenstiefeln auf einem Hüttendach.
„Früher war das alles freies Feld“, sagt Kuhn – und meint damit nicht nur das Domizil der Mongolenhorde. Als er auf die Welt kam, gab es Heimersdorf noch nicht. Kuhns Elternhaus gehörte genau wie die wenigen weiteren Häuser, die hier 1951 standen, zu Volkhoven. Zehn Jahre später kamen die Bagger, um mit dem Bau der „Neuen Stadt“ zu beginnen. Im großen Stil hatte Köln am Reißbrett neue Wohnquartiere planen lassen. In Heimersdorf ging es los, allerdings blieb hier alles im Gegensatz zum später in die Höhe gezogenen Chorweiler recht überschaubar – ein Viertel voller Einfamilienhäuser in der Bungalow-Uniformität der 60er Jahre. Es gibt viele Grün- und Freiflächen, Haus- und Schrebergärten. Es wird aber auch unglaublich viel Platz mit hässlichen Garagenreihen belegt.
Dorf – der Name ist Programm
Der Name, den man dem neuen Quartier gab, geht zurück auf den Gutshof „Heimersdorp“, der Ende des 12. Jahrhunderts erstmals urkundlich erwähnt wurde. Anfang des 19. Jahrhunderts ging aus ihm der Heuserhof hervor – fast das einzige Detail mit etwas längerer Geschichte im jungen Stadtteil. Ein ehemaliges Bahnhofsgebäude steht noch auf der Denkmalliste der Stadt. Das war’s.
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Das „Dorf“ im Namen ist trotzdem keine Täuschung. „Jeder kennt jeden, der Zusammenhalt ist prima“, meint Kuhn. „Man kann hier wunderbar in einer friedlichen und ruhigen Atmosphäre wohnen“, sagt auch Inge Knols vom Verein „Freunde und Förderer Christi Verklärung“, der sich um das soziale, kirchliche und kulturelle Leben kümmert. Die katholische Kirche Christi Verklärung ist bekannt für ihre illuminierte Orgel. Mit unzähligen LED-Lämpchen lassen sich besondere Lichtspiele inszenieren.
Der Förderverein sorgt mit einem durchaus hochkarätigen Programm samt Kabarett, Lesungen und Konzerten im Taborsaal für weitere Attraktionen.Im Vergleich zu den Anfangsjahren, als das Viertel als eines der kinderreichsten in Deutschland galt, sei einiges „weggebrochen“, sagt Knols. So waren die Nachbarschaft intensiver, die Gemeinschaft ausgeprägter und die Vereine deutlich größer. Doch vieles funktioniere immer noch. Es gibt gleich mehrere Karnevalsvereine. Die Siedlergemeinschaft, die sich 1932 für Volkhoven gegründet hat und dann auch für Heimersdorf arbeitete, ist weiter aktiv. Ein Seniorennetzwerk sowie die Interessengemeinschaft der Händler im Einkaufszentrum Haselnusshof prägen das Leben im Ort.
Im stolzen Sportverein KSV Heimersdorf freut man sich zurzeit über die Rückkehr des zweitgrößten Sohns des Veedels: Markus Anfang ließ sich von Kiel zurück nach Köln locken, um Trainer des 1.FC Köln zu werden.Der bekannteste Heimersdorfer dürfte der 2012 verstorbene Komiker Dirk Bach sein. Seine Eltern hatten hier wie viele andere Familien ein Haus gekauft. Wohnviertel, in die vor Jahrzehnten fast zeitgleich Familien zogen, erleiden in aller Regel irgendwann das gleiche Schicksal: Sie überaltern. Heimersdorf scheint diese Phase überwunden zu haben, obwohl das Durchschnittsalter immer noch höher ist als anderswo. Es gibt zahlreiche neue Nachbarn. Der Wandel tue gut, sagt Knols. „Die Leute suchen den Kontakt. Sie wollen nicht anonym wohnen.“
Befragt man die Heimersdorfer nach Veedelsbaustellen, muss man mehrfach nachhaken, um nicht nur Lob zu hören. Beim öffentlichen Bogenschießen im Mongolendorf einigt man sich schließlich darauf, dass die Parkplatzsituation besser sein könnte. Und eine Kneipe mehr könnte auch nicht schaden. Ansonsten sei alles bestens.