AboAbonnieren

Rheinland als Trüffel-Riviera50 Trüffelarten in Köln nachgewiesen – mit Hunden auf der Suche

Lesezeit 5 Minuten
Trüffelberaterin Sabine Hörnicke

Trüffelsuche mit Milly (l.) und Pepper.

Nach Trüffelverlusten in Italien und Frankreich wird das Rheinland zur neuen Trüffelhochburg. Deutsche Sommer- und Burgundertrüffel, die etwa 1000 Euro pro Kilo einbringen, erfahren ein Revival des Anbaus.

Wir spielen diesen Artikel im Rahmen unserer „Best-of 2024“-Texte erneut aus.

Geduld ist eine Tugend. Von der bringt Sabine Hörnicke eine ganze Menge auf. Für ein Hobby, das sie zum Beruf gemacht hat und das vor allem mit Suchen und Finden zu tun hat. Sabine Hörnicke ist Pilzwirtin und Trüffelberaterin, durchkämmt Wälder und Parks mit ihren beiden Trüffelhunden Milly und Pepper nach der wertvollen Bodenfrucht.

Burgundertrüffel gibt es zahlreich.

Burgundertrüffel gibt es zahlreich.

Für Trüffelfreunde hierzulande hat sie gute Nachrichten: „Köln ist nicht nur eine Karnevalshochburg. Es ist auch eine Trüffelhochburg“, schmunzelt sie. Und damit meint sie nicht nur Köln-nahe Parks und Wälder, sondern sogar städtische Alleen oder die Rheinauen. Überall dort, wo es Bäume gibt, kann es theoretisch auch Trüffel geben. Hörnicke hat nach eigenen Angaben in Köln etwa 50 Trüffelarten nachgewiesen und sie entsprechend kartiert. Im Naturpark Eifel, den sie ebenfalls gut kennt, sind es ebenfalls Dutzende. Deutschlandweit sind derzeit rund 300 Arten bekannt.

Trüffel im Rheinland: Gute Bedingungen für Kultivierung

Dass wir von Pilzarten umgeben sind, ist ein Naturgesetz. Dass dazu aber auch Trüffel gehören, denen im Rheinland ein vielversprechende Zukunft blühen dürfte, ist weniger bekannt. Die relativ warme Region und die kalkhaltigen Bodenverhältnisse spielen dem Trüffelwachstum in die Karten. Während angestammte Trüffel-Regionen in Italien und Frankreich aufgrund größerer Dürrephasen und des Klimawandels aktuell Probleme und Einbußen bis zu 30 Prozent bei Trüffel-Erträgen haben (Rundschau berichtete), könnte das Rheinland die neue „Trüffel-Riviera“ werden, so Hörnicke.

Trüffelhunde Sabine Hörnicke Millie und Pepper

Die Expertin Sabine Hörnicke hat schon Dutzende Arten im Rheinland gefunden und kartiert.

Genau genommen waren die schwarzen knollenartigen Früchtchen immer schon da, nur wurden sie lange Zeit nicht kultiviert. Hörnicke beschäftigt sich seit mehr als zehn Jahren nicht nur mit dem Anbau, sondern auch mit der Geschichte der Trüffel. Im 18. und 19. Jahrhundert sei Deutschland ein autarkes Trüffelland gewesen, so die Expertin. Es wurden Wälder zur Trüffeljagd verpachtet, die hier heimischen Sommer- und Burgundertrüffel wurden sogar exportiert. Hausschweine erledigten die Trüffelsuche, aber auch Hunde wurden bereits in dieser Zeit ausgebildet, die Gewächse zu erschnuppern.

Als Delikatesse sind nur rund acht bis zehn Arten geeignet – die erwirtschaften durchaus verlockende Beträge. Sommer- und Burgundertrüffel, so Hörnicke, hätten derzeit einen Marktwert von rund 1000 Euro pro Kilo. Wenngleich sie nicht mit ihren berühmten französischen oder italienischen Verwandten mithalten könnten. Der weiße Alba gilt als wertvollstes Exemplar. „Er kann – gerade vor Weihnachten – beim Kilopreis von 6000 bis 10 000 Euro liegen“, so Hörnicke. Auch der schwarze Winteredeltrüffel Périgord wird hochpreisig, mit über 1000 Euro pro Kilo, gehandelt.

Trüffel ernten als Herausforderung

Leider ist es mit der Ernte nicht so einfach, wie es sich um ersten Moment anhört. Die Knollen, die sich aus dem Bodengeflecht und der Pilzkultur bilden, werden durch feine Hunde- (oder früher: noch feinere Schweine-)Nasen aufgespürt. „Das ist intensive Teamarbeit“, meint Hörnicke – und bezieht sich dabei auf ihre beiden Hunde Milly und Pepper. „Wir haben eine intensive Kommunikation und sind in einer echten Symbiose – fast schon so wie Baum und Pilz.“ Die Expertin weiß, ob ihre Hunde ein Reh-Fährte in der Nase haben oder einen Trüffel unter der Erde riechen. Einen Alba haben sie aber in ganz Deutschland noch nicht entdeckt. „Wir haben noch nie einen in freier Wildbahn gefunden“; so Hörnicke, will es aber in Zukunft nicht ausschließen. Weiße Frühlingstrüffel gibt es hierzulande bereits im Anbau. „Ich nenne sie die kleinen Schwestern des Alba. Sie sind leichter, nicht ganz so aromatisch und weniger intensiv.“

Hörnicke, die es vor einigen Jahren von Köln und Niederkassel nach Nordhessen verschlagen hat, ist eine, so schätzt sie, von etwa zehn Personen oder Unternehmen, die sich mit dem Trüffelanbau beschäftigen. Die gelernte Betriebswirtin, die auch als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Ressourcenmanagement an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) Göttingen arbeitet, hat schon an vielen Forschungsprojekten mitgewirkt, hilft Ämtern, Verbänden, Naturschutzbehörden, die Lebensräume der Pilzart zu begutachten, zu analysieren und berät land- oder forstwirtschaftliche Betriebe bei Anbauplänen und Zucht von Trüffeln.

Man brauche Investitionsbereitschaft und vor allem Geduld, sagt die Pilzwirtin. Bis zur ersten Ernte vergingen im Schnitt fünf bis sieben Jahre. Grundsätzlich könne sich auch jede Privatperson im Trüffelanbau üben. Am Ende braucht es den Baum als Wirt, den Pilz, die richtige Bodenbeschaffenheit, den richtigen Mix aus Luftfeuchtigkeit und Wärme. „Ich bin sicher, dass es in Deutschland und vor allem hier im Rheinland eine ganze Menge ‚geheimer Trüffelgärten‘ gibt.“

Im Rheinland und der Eifel setzen laut Hörnicke inzwischen auch Land- und Forstwirte einige Hektar für Trüffelanbau ein. Wie die Schätze anzulegen, zu finden, zu heben sind und wie Trüffelhunde ausgebildet werden, verrät die Expertin regelmäßig in Vorträgen und Schulungen. Im Frühjahr wird sie wieder in ihr altes Revier kommen, für eine Infoveranstaltung zum Trüffelanbau in Blankenheim, eine Hundeausbildung in Kerpen und einen kulinarischen Vortrag in Euskirchen.


Hunde als Trüffelsucher und eigene Plantagen

Jeder Hund kann für die Trüffelsuche eingesetzt werden. Für das Auffinden von wilden Trüffeln ist aber ein intensives Training von Hund und Halter nötig. In den Ausbildungskursen von Sabine Hörnicke lernen Mensch und Tier gemeinsam die Sinne zu schärfen, für den Hund sollte Freude und Spieltrieb im Vordergrund stehen.

Trüffelanbau im eigene Garten ist prinzipiell auch möglich. Dazu benötigt man bestimmte Trüffel-Baum-Kombinationen. Hain- und Rotbuche, Stiel- und Traubeneiche eignen sich als Pilzwirte. Haselnüsse erfreuen sich wachsender Beliebtheit, denn sie harmonieren hervorragend mit Trüffeln und passen auf jede Plantage oder Garten.

Um die Symbiose zu erleichtern – und damit ein mögliches Wachstum vonTrüffeln zu fördern, werden Bäume in Trüffelbaumschulen mykorrhiziert, das heißt mit Pilzen besiedelt, quasi „geimpft“.