Der Nikolaus, der die Stiefel mit Süßigkeiten füllt, ist sehr beliebt bei Kindern. In einigen Landstrichen hatte er aber einst echte Konkurrenz - von einer Frau. Über eine etwas vergessene Tradition und wie sie in unsere heutige Zeit reicht.
Konkurrenz zum NikolausAls Barbara den Kindern im Rheinland noch Süßes brachte

Die Holzstatue der Heiligen Barbara steht im Eingangsbereich der RAG auf der Zeche Zollverein. Die Heilige Barbara ist die Schutzpatronin der Bergleute, bis in die 70er Jahre war sie im Rheinland auch als Gabenbringerin bekannt.
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Wenn man dem Nikolaus etwas nicht vorwerfen kann, dann ist es mangelnder Wiedererkennungswert. Dichter Rauschebart, langer roter Mantel und ein Sack voller Süßigkeiten, die er in der Nacht auf den 6. Dezember in Stiefel steckt: Der alte Mann, der wohl unter anderem auf Bischof Nikolaus von Myra aus dem 4. Jahrhundert zurückgeht, ist ein PR-Genie. Kein Wunder also, dass er als eine Art Popstar unter den Kirchenmännern gilt. Besonders viele davon hat die Kirche momentan ja auch nicht zu bieten. Vorsichtig ausgedrückt.
Was allerdings fast in Vergessenheit geraten ist: Historisch betrachtet hatte der gemütliche Herr den Kniff mit dem Süßen nicht immer exklusiv. In vereinzelten Landstrichen brachte schon jemand am 4. Dezember Schokolade. Und das war, man halte sich fest, eine Frau.
Alles, was gefährlich war, war mit der heiligen Barbara verbunden.
Der 4. Dezember ist für Katholiken der Barbaratag. Er erinnert an die heilige Barbara, die im Jahr 306 auf recht blutige Art zu Tode gekommen sein soll. Der Legende nach enthauptete sie ihr heidnischer Vater aus Zorn über ihren christlichen Glauben, nachdem sie nackt auf einen Hügel getrieben worden war. Weil Barbaras historische Existenz unsicher ist, steht der Tag zwar nicht mehr im offiziellen Festkalender der Kirche. Bekannt ist sie aber noch immer – etwa als Schutzpatronin der Bergleute.
Vor allem in Köln, Bonn und am Niederrhein kam „Barbara“
Der unbekanntere Seitenstrang der Geschichte ist, dass Barbara in der Tradition zeitweise einmal im Jahr Süßes vorbeibrachte – wie der Nikolaus. „Traditionell sind die Gabenbringer ja Nikolaus, Weihnachtsmann und Christkind. Aber in manchen Orten kam eben auch noch die Barbara hinzu“, sagt Lisa Maubach vom LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte in Bonn. Vor allem in Köln, Bonn und am Niederrhein sei dies so gewesen.
Brauchtumsforscher Manfred Becker-Huberti erläutert: „Durch ihre Position als Schutzpatronin der Bergleute konnte Barbara den Nikolaus beerben und hat zum Teil Elemente vom Nikolaus übernommen.“ Die Frau hatte - folgt man dem Experten - dabei durchaus Schlagkraft auf ihrer Seite. „Sie war Schutzpatronin nicht nur der Bergleute, sondern auch der Artillerie und der Eisenindustrie“, sagt Becker-Huberti. „Alles, was gefährlich war, war mit ihr verbunden.“
Der Brauch der Barbara ist so gut wie verschwunden
Das führt unweigerlich zu der Frage, wohin Barbara, die Gabenbringerin, entschwunden ist. Nur noch vereinzelt lassen sich heute Hinweise auf den Brauch finden - obwohl eine starke Frauenfigur ja gut in die Zeit passen würde. Anders gesagt: Wenn Twitter zwischen dem Nikolaus und Barbara abstimmen müsste - man könnte sich das Ergebnis denken. Umso ernüchternder die Bilanz von Expertin Lisa Maubach: „Ab den 1960er Jahren, spätestens ab den 1970er Jahren, ist Barbara als Gabenbringerin im Grunde verschwunden.“
„Ich denke, der Nikolaus war irgendwann attraktiver. Als Figur bekannter und vor allem durch die Kostümierung und die Begleitfiguren attraktiver, auch für die Wirtschaft“, sagt sie. „So etwas hat ja auch immer mit Konsum zu tun.“ Generell könnten Bräuche verschwinden und sich ändern, sagt sie. Beim Barbarabrauch habe es „wohl eher eine Brauchverschiebung“ hin zum Nikolaus gegeben.
Zusammenhang mit dem Niedergang des Bergbaus?
Becker-Huberti bläst in ein ähnliches Horn. Der Bergbau sei zurückgegangen und damit auch ein aktueller Bezug zur Barbara. Aber natürlich gebe es auch noch andere Zusammenhänge. „Der Nikolaus wurde von der Süßwarenindustrie heftig beworben“, sagt er.
Wer jetzt allerdings aus Solidarität mit Barbara zürnen sollte, dem sei gesagt: Auch der alte Herr hatte sein Päckchen zu tragen. Ursprünglich nämlich war der Nikolaustag ein Tag mit richtig großer Bescherung. Im 16. Jahrhundert lehnte der deutsche Reformator Martin Luther allerdings die Heiligenverehrung ab. Die Geschenke sollte das neutrale Christkind an Weihnachten bringen. Seitdem kann auch der Nikolaus höchstens noch den Oscar für die beste Nebenrolle bekommen. Die große Show ziehen gut zwei Wochen später Christkind und Weihnachtsmann ab. (dpa)
Alter Brauch der Barbarazweige
Barbarazweige sind Zweige von Obstbäumen, die nach altem Brauch am 4. Dezember, dem Gedenktag der heiligen Barbara geschnitten und in einer Vase an einem möglichst hellen Platz in der Wohnung aufgestellt werden.
Durch die Wärme sollen die Blüten bis zum Weihnachtsfest aufblühen. Geeignet sind Zweige von Kirsche, Apfel und Quitte, aber auch Flieder.
Zucker im Wasser soll die Reife der Knospen beschleunigen.