Im Park der Burg Wissem wurde eine ältere Dame Opfer eines Sexualtäters. Den neunfachen Vater bewahrt sein spätes Geständnis vor der Haft.
ProzessTroisdorfer gesteht sexuelle Übergriffe auf Seniorin an der Burg Wissem
Es waren nur noch kurze Wege, die die heute 84-Jährige in Troisdorf zurücklegte. Langsamen Schritts, auf ihren Rollator gestützt, ging sie gern durch den Park an der Burg Wissem. Gönnte sich im Café ein Stück Kuchen. Bis die ältere Dame Opfer eines Sexualtäters wurde. Im Prozess vor dem Siegburger Schöffengericht legte der 62-Jährige ein spätes Geständnis ab.
So ersparte er der Geschädigten zumindest die Aussage vor Gericht. Zuvor sei ihre Mandantin mehrfach von der Polizei vernommen worden, schilderte die Nebenklageanwältin Dr. Dagmar Schorn. Die Seniorin wurde ärztlich im Genitalbereich untersucht, musste sowohl beim Ermittlungsrichter wie auch für ein aussagepsychologisches Gutachten immer wieder für sie beschämende Details erzählen.
Im Troisdorfer Park kam es zu mindestens zwei Übergriffen auf die Seniorin
Mindestens zweimal, im Mai und im Spetember, hatte der Troisdorfer in ihre Hose gegriffen. Laut Anklage waren es „besonders erniedrigende sexuelle Handlungen“. Die Seniorin habe versucht sich zu entfernen und ihn wegzustoßen, sich aber kaum wehren können, so wacklig war sie auf den Beinen.
In der Folgezeit habe sie sich nicht mehr vor die Tür getraut, schilderte ihre Tochter, 55, im Zeugenstand. Ihre Mutter habe große Scham verspürt, anfangs gar nicht über das Erlebte sprechen können. Durch einen spontanen Aufenthalt in der Eifel, nach der ersten Tat, habe die alte Dame offenbar vor dem Angeklagten fliehen wollen. Und gehofft, dass er von ihr ablässt. Vergebens. Auf einem Weg zu ihrer Zahnärztin am 13. September kam es erneut zu einem massiven sexuellen Übergriff.
Nur durch ein Geständnis vor dem Siegburger Gericht wurde die Haftstrafe abgewendet
Im Ermittlungsverfahren hatte der Bürgergeldempfänger noch geschwiegen zu den Vorwürfen. Im Gerichtssaal hob er zu einer Erklärung an, sprach von einem „Missverständnis“, wurde dann aber von seinem Strafverteidiger gestoppt. Hintergrund: Der Vorsitzende Richter Herbert Prümper, die Schöffen, die Staatsanwältin, die Nebenklage und die Verteidigung hatten sich auf einen Deal geeinigt.
Nur mit einem rückhaltlosen Geständnis, das der Geschädigten und den anderen Zeugen die Aussage erspare, könne der bislang nicht vorbestrafte 62-Jährige eine Haftstrafe vermeiden. Mit dem Urteil folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren gefordert hatte. Das ist die Höchstgrenze, bis zu der noch eine Bewährung möglich ist. Für diese Tat „nahe an einer Vergewaltigung“ keine zu hohe Strafe, so der Richter, „im Gegenteil“.
Der Verteidiger hatte eine „angemessene“ Freiheitsstrafe von unter einem Jahr gefordert: „Bei über einem Jahr ist sein Aufenthaltsstatus gefährdet.“ Der Asylbewerber besuchte nur drei Jahre die Schule, sei Analphabet, betrieb im Irak einen kleinen Laden und lebt seit 2018 in Deutschland mit seiner Frau und acht Kindern, das neunte sei in der Heimat. Deutsch kann er nicht, das Gericht musste einen Dolmetscher bestellen.
Er habe, betonte der Anwalt, „den 62-Jährigen in mehreren Gesprächen zu einem Geständnis gebracht“. Er warf der Nebenklageanwältin eine „politische Rede“ vor. Dr. Schorn hatte ein Kontakt- und Annährungsverbot gefordert und weitergehende Konsequenzen: „Hier muss die Ausweisung, die Abschiebung erfolgen.“ Auch um extremistische Parteien nicht weiter zu stärken. Sie werde das Ausländeramt informieren.
Richter Herbert Prümper sprach ein Kontaktverbot aus. In der vierjährigen Bewährungszeit muss der Angeklagte jeden Wohnsitzwechsel mitteilen, so lange er noch in Deutschland ist, und eine Geldauflage von 4800 Euro zahlen. In monatlichen Raten von 100 Euro an das Frauenhaus in Troisdorf, nicht an die Geschädigte. Ihre psychischen Verletzungen seien nicht mit Geld zu kompensieren.
Nur noch wenige Wochen werde ihre Mutter in ihrer Troisdorfer Wohnung leben, teilte die Tochter mit: „Sie zieht in ein Seniorenheim.“ Ins Gericht war die 84-Jährige von Sanitätern gebracht worden, sie blieb bis zum Geständnis als mögliche Zeugin vor der Tür, verfolgte dann das Ende des Prozesses und sagte nach dem Urteilsspruch: „Ich bin froh, dass es vorbei ist.“