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Haftstrafe650 PS und Kinder auf der Rückbank – 29-Jähriger rast in Troisdorf der Polizei davon

Lesezeit 3 Minuten
Das Wort «Stopp» ist auf dem Dach eines Polizeiwagens zu lesen.

Eine Verfolgungsjagd durch Troisdorf lieferte sich ein 29-Jähriger mit der Polizei. (Symbolbild)

Als sie den Mercedes AMG nach der Verfolgungsfahrt in der Innenstadt stoppten, entdeckten die Polizisten zwei Kinder auf der Rückbank.

Nicht zum ersten Mal setzte sich ein 29-Jähriger ohne Fahrerlaubnis hinters Steuer. Der Mann in dem auffälligen, blauen, 650 PS-starken Mercedes AMG fiel einer Zivilstreife in Troisdorf auf. Sie wollten ihn kontrollieren, doch er raste davon. Wegen eines illegalen Autorennens und Fahrens ohne Führerschein stand der Imbissbesitzer vor dem Siegburger Amtsgericht.

Die Verfolgung an diesem Tag Mitte Mai führte von der Poststraße an der Polizeiwache vorbei über den Theodor-Heuss-Ring, eine rote Ampel ignorierend bis zum Pfarrer-Kenntemich-Platz.

Die Tochter forderte den Vater auf anzuhalten, so hätten sie es in der Schule gelernt

Dort habe der Fahrer wohl aufgegeben, er stieg aus dem Sportwagen und machte einen recht unbekümmerten Einruck, schilderte ein Beamter im Zeugenstand: „Er schien das Ganze nicht ernst zu nehmen.“ Auf der Rückbank entdeckte die Polizei zwei Kinder.

Vielleicht hatte der Raser auf seine Tochter gehört, mutmaßte der Zeuge. Die Zehnjährige habe ihm erzählt, dass sie ihren Vater aufforderte anzuhalten. Das sei doch Pflicht, wenn die Polizei das Stoppzeichen zeigt, so hätten sie es in der Schule gelernt.

Wollte der Fahrer nur fliehen oder ein Rennen fahren in der Troisdorfer City?

Wollte der Fahrer lediglich fliehen, oder drückte er aufs Gas, um die schnellstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, wie es in der Anklageschrift heißt? Erst dann gilt eine solche Fahrt juristisch als illegales Autorennen. Dagegen spreche das von der Polizei geschätzte Tempo, in der 30er-Zone war der Benz mit etwa 55 unterwegs, dann mit 80 bei derlaubten 50 km/h, so die Staatsanwältin.

Nicht besonders schnell für ein Fahrzeug, das in drei Sekunden von Null auf 100 beschleunigen kann, ergänzte der Strafverteidiger. Da recht wenig Verkehr in der Innenstadt herrschte und auch kaum Passanten unterwegs waren, sei die Gefahr nicht sehr groß gewesen, darüber herrschte Einigkeit.

Auch die Lebensgefährtin saß in Siegburg auf der Anklagebank

Auf der Anklagebank saß auch die Lebensgefährtin des Fahrers. Die Halterin des AMG versicherte, nicht gewusst zu haben, dass ihr Partner sich ohne Führerschein hinters Steuer setzte. Der Benz und auch ihr Audi Q1 Sportback, in dem der Mann an einem anderen Tag im Mai ebenfalls von der Polizei erwischt wurde, waren zwischenzeitlich von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt, aber später wieder herausgegeben worden.

Beide Wagen stünden nicht mehr zur Verfügung, so die selbständige Kosmetikerin, beim Audi war der Leasingvertrag abgelaufen, der finanzierte AMG stünde mit einem großeren Schaden beim Händler zum Verkauf. Die 28-Jährige wurde freigesprochen.

Staatsanwältin hatte nur eine Geldstrafe für den Troisdorfer gefordert

Für den Angeklagten hatte die Staatsanwältin eine Geldstrafe von 3600 Euro (120 Tagessätze à 30 Euro) gefordert. Der Verteidiger widersprach dem nicht. Sein Mandant „verspüre kein Verlangen mehr“, sich hinters Steuer zu setzen, betonte er. Er habe einen Imbiss gekauft, wolle nach längerer Arbeitslosigkeit in wenigen Wochen in die Selbständigkeit starten.

In seinem letzten Wort betonte der Angeklagte strahlend, dass er schon beim Straßenverkehrsamt vorgesprochen habe, weil er den Führerschein neu machen wolle. Alle warteten nur „auf diesen Tag“. Bei der Urteilsverkündung war war ihm sichtlich nicht mehr zum Lachen zumute. Richter Herbert Prümper schickte den 29-Jährigen für acht Monate hinter Gitter.

Dieser sei nicht nur dreifach vorbestraft, wegen Fahrens ohne Führerschein, wegen Betrugs und Drogengeschäften, „er stand zur Tatzeit auch unter zwei laufenden Bewährungen“. Hintergrund: Der 29-Jährige saß von einer früheren zweieinhalbjährigen Freiheitsstrafe schon zwei Drittel ab, die Reststrafe war ihm erlassen worden. Nun wird auch die Bewährung widerrufen.

Da er sich zudem als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gezeigt habe, so der Richter, verhänge er eine Führerscheinsperre von drei Jahren. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.