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„Macht keinen Spaß mehr“Siegburger Trainer berichtet von zunehmender Aggression in der Kreisliga

Lesezeit 4 Minuten
Fußballspieler vor dem Tor.

Fußball Kreisliga A: Ein Spiel von Hellas Troisdorf gegen den SV Lohmar.

Ein Troisdorfer Kicker des SV Hellas hatte am Sonntag einen Schiedsrichter geohrfeigt. Er wurde aus dem Verein ausgeschlossen.

Der Spielabbruch bei der Partie zwischen dem SV Hellas Troisdorf und dem TSV Wolsdorf beschäftigt die Beteiligten auch am Montag danach noch. Es ist das erste Mal, dass im Fußballkreis Sieg ein Spieler einen Unparteiischen körperlich angegriffen hatte. Der Verein zog bereits Konsequenzen und trennte sich von dem Spieler.

Zwar der bislang schwerste Zwischenfall während eines Spiels, aber Aggressionen auf dem Platz sind längst kein Einzelfall. Nun soll ein Leitfaden zum Verhalten entwickelt werden.

Diskussionen und verbale Angriffe nähmen im Fußball zu, sagt TSV-Trainer Kosta Pentazidis

Darüber, was am Sonntagnachmittag auf dem Kunstrasenplatz des SV Hellas Troisdorf an der Carl-Diem-Straße passierte, sind sich die Verantwortlichen der beteiligten Vereine einig: Wolsdorf führte gegen den abstiegsbedrohten SV Hellas nach einem Tor in der 73. Minute mit 1:0. Dann brach die Nachspielzeit an und die Gastgeber versuchten, durch einen letzten Angriff zum Ausgleich zu kommen.

Der Wolsdorfer Linksverteidiger holte den Troisdorfer Außenspieler recht unsanft von den Beinen, der Schiedsrichter entschied auf Freistoß. Doch der Hellas-Akteur griff dem Wolsdorfer Spieler an den Hals, eine klare Tätlichkeit. Der Unparteiische zeigte ihm die rote Karte, dem Wolsdorfer für das Foul die gelbe. Daraufhin baute sich der vom Platz verwiesene Spieler vor dem Schiedsrichter auf, drohte laut Spielbericht, er werde sich sein Gesicht merken – und verpasste ihm eine Ohrfeige. Der Schiedsrichter brach das Spiel, das fast vorbei gewesen wäre, daraufhin ab.

„Es war ein hartes Foul“, räumt TSV-Trainer Kosta Pentazidis aus Siegburg ein. „Ich habe ein paar Mal hinsehen müssen, ob das wirklich passiert ist“, sagt er über die Ohrfeige des Hellas-Spielers. Doch nähmen die Diskussionen und verbalen Angriffe, die über das im Fußball normale Maß hinausgingen, stetig zu. „Das kommt in der Kreisliga A leider immer häufiger vor, es nervt zunehmend und macht keinen Spaß mehr“, sagt er.

In der Hennefer Sportschule werden Schiedsrichter für schwierige Situationen geschult

Helmut Küpper, Sportlicher Leiter in Wolsdorf, hatte das Spiel und die Ohrfeige ebenfalls gesehen. „Es war bis dahin eine faire Partie.“ Seit Jahren aber stünden die Spiele gegen den SV Hellas Troisdorf „unter einem ungünstigen Stern. Wir fahren nicht gern dahin.“ Näher darauf eingehen will Küpper nicht.

Er ist neben seiner Funktion im TSV Wolsdorf auch im Fußballverband Mittelrhein (FVM) tätig und dort 2. Vorsitzender des Kreisverbands Sieg. Spielabbrüche wegen Schlägereien hatte es in der Vergangenheit immer wieder mal gegeben, zum ersten Mal jedoch wurde eine Partie wegen eines Angriffs auf einen Schiedsrichter abgebrochen. „Ich habe das nicht kommen sehen“, sagt Küpper, obwohl es in benachbarten Fußballkreisen und auch bundesweit bereits zu Übergriffen auf Unparteiische gekommen war. „Im Rhein-Sieg-Kreis ist es sehr ruhig.“

Den Spieler erwarte schon wegen seiner Tätlichkeit eine Sperre von vier bis acht Wochen, für Angriffe auf die Spielleiter betrage die Mindeststrafe ein Jahr. „Mildernde Umstände sehe sich da nicht“, so Küpper.

In der Sportschule Hennef würden die ehrenamtlichen Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter für solche Situationen geschult. „Da wurde auch ein Angriff simuliert. Man sollte die Eskalation rausnehmen und zurückweichen. Ein Abbruch ist in so einem Fall die einzig richtige Konsequenz. Da muss man ein Zeichen setzen“, sagt Küpper.

Die Verfahrenskosten trägt der SV Hellas – und kann sie auf den Spieler umlegen

Die Verantwortlichen des SV Hellas Troisdorf hätten sich noch nach Spielende beim TSV Wolsdorf entschuldigt. „Den Spieler haben wir noch am selben Tag aus dem Verein geworfen, das geht gar nicht“, sagt der 1. Vorsitzende Stergios Boucouras und bekräftigt: „Er wird nie wieder für uns spielen.“ Emotionen gehörten auf Platz dazu, aber mit Übergriffen auf die Schiedsrichter sei eine Grenze überschritten.

Der Verein veröffentlichte ein Statement zu dem Vorfall auf seiner Facebook-Seite. „Als Fußballverein setzen wir uns für Fairplay, Respekt und die Sicherheit aller Beteiligten ein. Gewalt hat keinen Platz in unserem Verein und steht im Widerspruch zu unseren grundlegenden Werten“, heißt es darin.

„Der Schiedsrichter ist sowieso die ärmste Sau auf dem Platz. Sie pfeifen das ganze Spiel über gut und liegen zum Ende hin einmal falsch, schon sind sie die Schuldigen“, sagt Boucouras. „Es gibt Schiris, die sind jenseits der 70 und pfeifen immer noch. Dafür haben sie meinen vollen Respekt.“

Welche Strafe den Spieler erwartet, steht noch nicht fest, doch auch Hellas Troisdorf könne belangt werden, sagt der Vorsitzende. „Die Verfahrenskosten tragen in jedem Fall wir. Wir sind berechtigt, sie auf den Spieler umzulegen.“ Ob das geschehe, müsse noch besprochen werden.

Der SV Hellas hat einen Leitfaden zum Verhalten auf dem Platz erarbeitet

Der Verein ist um Schadensbegrenzung bemüht. „Wir haben mit den Wolsdorfern nach dem Abbruch ein paar Bier getrunken und den Schiedsrichter und die Linienrichter verköstigt“, sagt Boucouras, der wie Küpper im Kreisausschuss des FVM sitzt. Dort werden sie immer wieder mit Spielabbrüchen aus unterschiedlichen Gründen konfrontiert.

„Wir werden einen Leitfaden erarbeiten, mit dem wir den Spielern zeigen wollen, was auf dem Platz okay ist und was nicht. Einige haben Kinder, die selber als Jugendschiedsrichter tätig sind, wie würden die wohl reagieren, wenn einer der Mitspieler die Nerven verliert?“, sagt er. „Man muss es immer wieder predigen, immer wieder deutlich machen, dass so ein Verhalten im Fußball nichts zu suchen hat.“