„Weil sie ihre Meinung gesagt haben“ Iraner aus Siegburg bangt um seine Verwandten in der Heimat

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Er würde gerne in seine Heimat zurückkehren, aber es ist zu gefährlich für ihn: Mojtaba Azimi aus Siegburg.

Mit Fotos von Getöteten machen Exil-Iraner in Siegburg auf Menschenrechtsverletzungen im Iran aufmerksam.

Die Parlamentswahl im Iran: Für viele Menschen eher eine Randnotiz im Weltgeschehen. Für Iranerinnen und Iraner im Exil eine Möglichkeit, auf das Schicksal ihrer Landsleute aufmerksam zu machen. Sie halten die Wahlen am Freitag, 1. März, für unfrei und gefälscht – ein Großteil der Oppositionskandidaten war nicht zur Wahl zugelassen – weiterhin werden Menschen von der repressiven und fundamentalistischen Regierung verfolgt. 

Vor dem Amtsgericht in Siegburg warb am Samstagnachmittag eine kleine Gruppe von Iranern um Aufmerksamkeit, auch für ihre persönliche Lage. Nach dem Sturz des Schahs 1979 wurde die Islamische Republik ausgerufen, geführt von einem Kreis weniger Geistlicher, die vor allem islamische Traditionen durchsetzen wollen. Insbesondere Frauen werden unterdrückt, Menschen werden verfolgt und gefoltert. Viele flüchteten nach Europa.

Exil-Iraner Mojtaba Azimi möchte gerne in sein Heimatland zurück, aber es droht ihm Verfolgung

Einer von ihnen ist Mojtaba Azimi. Er floh 2015 aus dem Iran, kam schließlich nach Siegburg und erzählt nun seine Geschichte. „Ich musste fliehen, weil ich im Iran zum Tode verurteilt wurde“, sagt der 42-Jährige. Der Grund: „Weil ich meine Meinung gesagt habe.“ So ergehe es vielen. „Manche konnten flüchten, andere wurden direkt ermordet.“

Fotos von Männern und Frauen liegen auf Treppenstufen, dazwischen liegen Blumen.

Sie sind alle tot: Mit diesen Fotos erinnern die Iraner in Siegburg an ihre Landsleute.

Die Demonstranten haben Bilder von Menschen aus ihrem Heimatland auf die Treppenstufen vor dem Amtsgericht gelegt. Sie zeigen eine junge Frau, einen jungen Mann und einen etwa 13 Jahre alten Jungen. „Sie sind alle tot“, sagt Azimi. „Die Regierung hat sie umgebracht. Einfach nur, weil sie ihre Meinung gesagt haben. Und noch mehr Leute werden bedroht“, bekräftigt er. Auf Persisch stehen die Namen der Getöteten unter den Fotos, darüber „Wir werden euch nicht vergessen.“ Auch ein Bild des prominenten Rappers Saman liegt da, der mehrere Scheinhinrichtungen erlebt habe.

Dazwischen liegen Blumen. „Die haben wir dahin gelegt, um an die anderen Opfer zu erinnern. Das ist das Mindeste, was wir von hier aus machen können, um die Leute zu unterstützen.“ Azimi kannte die Ermordeten nicht persönlich. „Aber sie sind wie meine Brüder und Schwestern“, sagt er. Der 42-Jährige kommt aus der Hauptstadt Teheran, wo weiterhin viele seiner Verwandten leben. „Zur Wahl sind sie am Freitag nicht gegangen, aus Protest“, sagt er.

Die Demonstranten haben auch ein Bild des letzten Schahs und seiner Frau aufgestellt, außerdem von ihrem Sohn, der in den USA lebe und rechtmäßiger Herrscher sei. „Deutschland und die Welt sollten die Opposition im Iran besser unterstützen“, meint Azimi. „Wir werden weiter protestieren. Ich nutze jede Gelegenheit dazu. Wenn jeder denken würde, er könne alleine nichts erreichen, haben wir verloren.“

„Lieber heute als morgen“ würde Azimi in den Iran zurückkehren. „Ich möchte nicht in einem fremden Land leben, wir alle nicht. Wir haben unser Zuhause. Die wirtschaftliche Lage ist in Ordnung, es liegt nur an der Politik.“ Sein Traum sei, dass alle Menschen, die aus dem Iran geflüchtet seien, eines Tages zurückkehren und in Sicherheit leben könnten. „Die Menschen haben es verdient. Es sind intelligente und gebildete Leute.“

Das Verwaltungsgericht Köln entscheidet über eine mögliche Abschiebung des Exil-Iraners

Azimi lebt unentgeltlich in Siegburg im Haus von Ulrich Tondar, der sich seit mehr als 40 Jahren für Geflüchtete engagiert. „Möglicherweise wird Mojtaba Azimi bald abgeschoben, denn sein Asylfolgeantrag ist abgelaufen. Das Verwaltungsgericht Köln wird am 22. März darüber entscheiden“, sagt Tondar. „Und damit über sein Schicksal: Denn was ihn im Iran erwarten würde, hat die heutige Demo eindrucksvoll gezeigt.“

Eine Entscheidung zugunsten Azimis sei alternativlos, da er Gegner des politischen Systems sei, was durch die Teilnahme an der Demonstration in Siegburg und vielen ähnlichen Veranstaltungen deutlich geworden sei. „Zum Anderen ist es für die Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bedeutsam, dass Herr Azimi seine Bereitschaft zur Integration in Deutschland glaubhaft machen kann.“

Azimi habe eine Stelle in einem Burger-Restaurant in Hennef. „Als gläubiger Christ engagiert er sich außerdem bei zahlreichen Aktionen der Siegburger Kirchengemeinden“, sagt Tondar. „Erst in den vergangenen Tagen sind seine ehrenamtlichen Dienste für einen alten, dementen und schwerhörigen Nachbarn durch Mitarbeiterinnen des städtischen Sozialamtes gewürdigt worden.“ Für Mojtaba Azimi geht das Bangen also weiter, nicht nur um seine Verwandten im Iran, sondern auch um ihn selbst.

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