Heinz-Dieter Schneider hat eine besondere Leidenschaft: Der Siegburger begeistert sich für Flugzeuge – über die Messerschmitt Bf 108 schrieb er ein Buch.
Verliebt in den „Taifun“Flugzeug-Liebhaber aus Siegburg schreibt Buch über Messerschmitt Bf 108

Professor Heinz-Dieter Schneider hat die Geschichte der Bf 108, die sein Vater geflogen hat, akribisch nachgezeichnet. Heute steht die Maschine in Hangelar.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
Fliegen ist und bleibt seine Passion. Wenn das Gespräch darauf kommt, leuchten die Augen von Heinz-Dieter Schneider. Der 71-jährige Siegburger ist heute noch Lehrbeauftragter im Fachbereich Luft- und Raumfahrttechnik der FH Aachen. Doch ein Flugzeug hat es ihm besonders angetan – die Messerschmitt Bf 108, Vorläuferin des weit bekannteren Jägers Bf 109.
Seine Begeisterung speist sich aus zwei Wurzeln. „Es ist das erste moderne, viersitzige Reiseflugzeug mit Propellerverstellung, hergestellt gänzlich aus Metall als Tiefdecker, mit Einziehfahrwerk, Landeklappen und Vorflügeln“, so Schneider. „Die Bf 108 ist auch heute noch die Urmutter aller modernen Reiseflugzeuge.“
Siegburg: Die „Taifun“ ging 1958 an den Vater von Heinz Dieter Schneider
Zum anderen hat sein Vater Josef, Maschinenbau-Unternehmer aus Siegburg, eines der wenigen heute noch erhaltenen Modelle besessen. Von 1958 bis 1970 diente es ihm als Reisemittel für Geschäftsreisen, vom Nordkap bis nach Afrika. Josef Beier, Betriebsleiter der Maschinenfabrik mit 200 bis 300 Mitarbeitern, war der Einzige, der sie fliegen durfte. Er war 1935 bis 1943 Werkspilot und Einflieger bei Bücker Flugzeugbau, von 1943 bis 1945 bei Messerschmitt. Heinz-Dieter Schneider ist häufig mit der Bf 108 – Kennzeichen D-EHAF – in den Urlaub geflogen, in das Haus der Familie im Allgäu zum Beispiel.

Noch nie mitgeflogen ist der Chronist in der Maschine.
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In einem aufwändig gestalteten Buch hat er jetzt beide Geschichten erzählt. 1934 entwickelte Konstrukteur Willy Messerschmitt in knapp neun Monaten das innovative Konzept. Gedacht war es für den Europa-Rundflug. Die schlanke Linienführung galt damals als beispielhaft. Die Flügel konnten einfach abgeklappt werden, bei 880 Kilogramm Eigengewicht konnte das Flugzeug 500 Kilogramm laden.
Der Argus C 10-Motor mit acht Zylindern leistete bei knapp 13 Litern Hubraum 240 PS und verlieh der Maschine hervorragende Flugeigenschaften. Die automatischen Vorflügel und die exzellent wirkenden Landeklappen sorgten zudem für herausragende Langsamflug-Eigenschaften. Das Einziehfahrwerk wird per Handpumpe mit 42 Hüben, so Schneider, nach außen in die Tragfläche abgeklappt.

Auf dem Rumpf des Flugzeugs sind die Besitzer verzeichnet.
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Fliegerinnenlegende Elly Beinhorn stellte damit 1936 bei ihrem Flug von Berlin nach Istanbul und zurück an einem Tag einen Weltrekord auf und verpasste der Bf 108 den heute noch gültigen Beinamen „Taifun“. Messerschmitt baute 693 Exemplare in Deutschland, in Frankreich wurden 484 weitere gefertigt, insgesamt also 1177. Die „Taifun“ war durchaus ein Exportschlager, sogar mit der Hindenburg, der LZ 129, wurde sie transportiert, nach Südamerika.
Josef Schneider kam 1958 in den Besitz der 1944 in der Nähe von Paris gebauten Maschine. Sie war im Zweiten Weltkrieg von den Amerikanern erbeutet worden und stand in England bei einem englischen Piloten. Der flugbegeisterte Prinz Bernhard zu Lippe-Biesterfeld, Prinzgemahl der niederländischen Königin Juliana, wurde 1945 Besitzer. Sie flog ohne Kennzeichen, nur mit einem orangefarbenen Dreieck des niederländischen Königshauses. Später überschrieb der Prinz die Bf 108 an Christa Weber, wohl seine Geliebte. Von ihr erwarb Schneider die „Taifun“. Weil er selber keinen Pilotenschein hatte, flog Josef Beier.
Heinz-Dieter Schneider hat noch einen Traum: „Ich möchte mit der D-EHAF einmal mitfliegen.“
Heinz-Dieter Schneider hat nach dessen Tod von Sohn Manfred Beier die akribisch geführten Bordbücher bekommen. 1970 kaufte ein Freund der Familie, Friedhelm Wirth, die D-EHAF, die 1971 bei einem Startunfall schwer beschädigt wurde. Viele Reparaturversuche scheiterten, 1975 übernahm sie der Flugzeug-Baumeister Hans Reichart. In langen Jahren hat er das Wrack wieder aufgebaut.
Bei seinem Tod 2004 war es noch nicht fertig. Sein Sohn Thomas übernahm das Erbe, schließlich brachte er 2018 die Bf 108 nach Sankt Augustin-Hangelar, zum Luftfahrttechnischen Betrieb von Dirk Bende. Der Spezialist machte sie wieder flugtauglich, im November 2018 erhob sie sich nach 47 Jahren am Boden wieder in die Luft, eines von elf existierenden Originalflugzeugen.
Bei einem Flugtag in Nahstetten an der Lahn startete sie im August 2019 zu ihrem ersten und bisher einzigen öffentlichen Flug. 2020 gab es einen neuerlichen Unfall, eine Bauchlandung. Wieder war das Flugzeug schwer beschädigt. Nach Scherereien mit der Versicherung ist es jetzt wieder frisch restauriert. Sein Buch über die „Taifun“ hat Heinz-Dieter Schneider fertig, ein Traum aber bleibt: „Ich möchte mit der D-EHAF einmal mitfliegen.“
Heinz-Dieter Schneider, Messerschmitt Bf 108 - Eine technologische und chronologische Entwicklungsgeschichte, Helios Verlagsgesellschaft, ISBN-13: 9783869332789, 491 Seiten, 574 schwarz-weiße und 401 farbige Abbildungen, 84 Euro.
Abstürze mit der Bf 108
An die Messerschmitt Bf 108 knüpfen sich zahlreiche Geschichten, hier eine Auswahl: Absturz des Prüfungsflugzeugs nach der Luftfahrtzulassung: Am 27. Juli 1934 stürzte genau die Bf 108 in der Nähe des Werkes Augsburg ab, die bei der Erprobungsstelle Rechlin zuvor die allgemeine Luftfahrtzulassung für das Muster erlangte. Der Pilot starb, als die Maschine am Boden zerschellte. Das hätte beinahe die Teilnahme am bevorstehenden Europarundflug in Warschau gefährdet.
Am 10. Januar 1940 musste eine Bf 108 in der Nähe des heutigen Maasmechelen in Belgien notlanden. Der deutsche Angriffsplan gegen das Nachbarland musste neu ausgearbeitet werden. Denn an Bord der Maschine befanden sich geheime Dokumente für die geplante Invasion. Der Pilot hatte sich bei Nebel und starkem Seitenwind verflogen und war weit über den Rhein hinaus abgetrieben worden. Der Vergaser vereiste, der Motor setzte aus, der Pilot musste zu Boden gehen. Er und sein Begleiter blieben unverletzt. Es gelang ihnen jedoch nicht, alle Dokumente zu vernichten, bevor sie festgenommen wurden.
Am 30. Juli 1969 geriet der Pilot einer Bf 108 über der Schwäbischen Alb in schlechtes Wetter. An Bord waren neben Werkspilot Baumann von Messerschmitt-Bölkow-Blohm auch Konstantin Prinz von Bayern und ein weiterer Passagier. Die Maschine stieß gegen einen Berg. Alle drei Insassen starben.
Der deutsche Wissenschaftsastronaut Reinhard Furrer starb am 9. September 1995 beim Absturz einer Bf 108 während einer Flugschau auf dem Flugplatz Johannisthal in Berlin, bei der er Ehrengast war. Der Pilot flog nach Ermittlungen des Luftfahrt-Bundesamtes eine Rolle in zu geringer Höhe. Ob Furrer selbst oder sein Begleiter das Steuer der Maschine führte, konnte jedoch nie geklärt werden. (rvg)