Mit falschen Lohnnachweisen soll sich ein Ehepaar ein Darlehen erschlichen haben. Vor Gericht gerieten aber die Zeuginnen in Verdacht.
GerichtBei Prozess um Kreditbetrug vor dem Siegburger Amtsgericht geraten Zeuginnen in Verdacht
Haben ein arbeitsloser Autoverkäufer und seine Ehefrau sich mit gefälschten Lohnabrechnungen einen Kredit über 113.000 Euro einer örtlichen Bank erschlichen? Die Angeklagten beteuerten vor dem Siegburger Amtsgericht ihre Unschuld. Mehr Licht ins Dunkel sollten zwei Zeuginnen bringen, die mit dem Fall betraute Bankangestellte und eine Kreditvermittlerin. Doch die Bankkauffrau zog es vor, vor Gericht nicht zu erscheinen.
Die Kreditvermittlerin, eine 50-Jährige aus Much und Duzfreundin der Bänkerin, verwickelte sich im Zeugenstand in Widersprüche und blaffte schließlich Richter Hauke Rudat an: „Ich sage hier gar nichts mehr. Kann ich endlich gehen?“ Pikant: Der Fall soll einer aus einer ganzen Reihe sein, die irgendwann in der Bank auffielen. Und immer waren dieselben Akteurinnen involviert.
Angeklagte sandten E-Mail an die Duzfreundin der Bankangestellten
Die Angeklagten schilderten die Vorgeschichte: Mit dem geliehenen Geld wollten sie 2019 zwei Wohnungen in der Türkei kaufen. Der 50-jährige Autoverkäufer, der nach eigenen Angaben unzufrieden war in seinem Job und sich deshalb einige Wochen zuvor kündigen ließ, suchte eine neue Tätigkeit. Der Einstieg ins Immobiliengeschäft sollte den Eheleuten mehr Zeit verschaffen für die gemeinsame kleine Tochter.
Sie hätten bei verschiedenen Banken angefragt, als sich eine ihnen unbekannte Kreditvermittlerin telefonisch meldete. Woher diese ihre Nummer gehabt habe, sei ihnen nicht bekannt. Der Mann sandte seine letzten drei Monatsabrechnungen per E-Mail, dass er zu diesem Zeitpunkt arbeitslos war, will er nicht verschwiegen haben. „Ich bin ein gesprächiger Mensch, und wir hatten ja unsere fast abbezahlte Eigentumswohnung als Sicherheit.“
Das Ehepaar vor dem Siegburger Gericht beteuerte seine Unschuld
Die Vermittlerin sei bei dem Termin dabei gewesen. Sie hätten das vorbereitete Angebot angenommen. Als sie viel später Post von der Polizei erhielten, seien sie aus allen Wolken gefallen, hätten aber nicht reagiert: „Wir hatten ja nichts falsch gemacht.“
Da die Kreditsumme mit Verzögerung geflossen sei, wären die Wohnungen schon weg gewesen. Spontan habe man einen Imbiss in der Nachbarschaft gekauft. In der Corona-Zeit habe der indes so viel Verlust gemacht, dass die Wohnung für die Tilgung und ihren Lebensunterhalt draufging. „Jetzt läuft es aber gut.“
Die Bank will die Kreditvermittlerin aus Much nicht beauftragt und bezahlt haben
Dass die Lohnnachweise, die dem Darlehen schließlich zugrunde lagen, falsche Daten aufwiesen, sei ihnen nicht aufgefallen: „Wir haben uns die Unterlagen, die uns die Kreditvermittlerin auf dem Parkplatz vor der Bank in die Hand drückte, nicht mehr angeguckt.“ Die Vermittlerin beteuerte vor Gericht, sie habe keine Schriftstücke per E-Mail erhalten, ihr Job sei nur die Terminvereinbarung gewesen. Warum sie beim Termin dann anwesend war, fragte der Richter. Antwort der Zeugin: „Ich weiß es nicht.“
Wer sie für ihre Tätigkeit bezahlt hat, auch dazu wollte sie nichts sagen. Nach Recherchen der Staatsanwaltschaft war es nicht die Bank. Bei der Hausdurchsuchung bei der Vermittlerin konnten zwar keine Beweise sichergestellt werden, auffällig war aber für die Ermittler, dass es eine Vielzahl von Fällen mit manipulierten Kreditunterlagen gab, die Darlehensnehmer wären normalerweise abgewiesen worden. Und immer waren die Duzfreundinnen beteiligt: die Sachbearbeiterin und die Kreditvermittlerin. Vielleicht, so die Vermutung, hätten die beiden die Provisionen der Bank geteilt.
Die Ermittlungen liefen weiter, sagte die Staatsanwältin. Die beiden Angeklagten, die ohne Strafverteidiger zur Verhandlung gekommen waren, wurden frei gesprochen. Die Schilderung des Mannes, die die Frau nickend bestätigte, sei absolut glaubhaft gewesen, sagte Richter Rudat in seinem Schlusswort. Im Gegensatz zu den Aussagen der Zeugin.
Die Bankangestellte, die unentschuldigt fehlte, habe vielleicht etwas zu verbergen, so die Vermutung. Nachdem das erste Schreiben an deren Meldeadresse zurückgekommen war, hatte das Gericht sie über ihren Arbeitsplatz geladen. Ohne Reaktion.