Mit einer Kaffee-Ecke in der Änderungsschneiderei fing alles an, jetzt eröffneten Ayse und Selcuk Alagöz ein Familiencafé in der Siegburger City.
Start in SchneidereiJunge Eltern eröffnen Familiencafé in der Siegburger Innenstadt
Zwei Kleinkinder purzeln im Schaufenster des Cafés am Ende der Holzgasse quietschend übereinander. Draußen bleiben Passanten stehen, drinnen versuchen die Mütter, ihren Nachwuchs zur Krabbelecke zu lotsen, Inhaberin Ayse Alagöz schaut dem Treiben amüsiert zu. Die 28-Jährige, ohnehin ein ruhiger Charakter, ist selbst zweifache Mutter. Mit ihrem Mann Selcuk hat sie in der Siegburger Fußgängerzone einen erklärten „Wohlfühlort für Familien“ geschaffen.
An diesem Vormittag sitzen etliche Frauen, ihre Babys stillend, an den Tischen. Ein älteres Pärchen ist vertieft in ein angeregtes Gespräch, eine Mittdreißigerin tippt auf ihrem Laptop. Ein Vater schaut nach seinem Vierjährigen, der zwischen Kuchentheke und Eingangstür das Lokal erkundet. Drei Mütter haben es sich zwischen Bällen, Büchern und ihren Krabbelbabys in der Spielecke gemütlich gemacht. Aus den Lautsprechern tönt leise Lounge-Musik.
Vor Corona wollte sich das Siegburger Paar in Köln selbständig machen
Lange schon hätten sie und ihr Mann geplant, sich selbstständig zu machen. Vor Corona sollte es Köln sein. Dass sie in Siegburg blieben, wo die Schwiegereltern seit 30 Jahren eine Änderungsschneiderei an der Kaiserstraße haben, liege an den veränderten Lebensumständen. „Wir haben zwei Kinder, vier und zwei Jahre alt.“
Ein Jahr lang suchten sie ein passendes Lokal. Und fanden die idealen Räume, die durch den Umzug des beliebten spanischen Restaurants Tapena, das sich vergrößern wollte, frei wurden. Ein guter Probelauf sei die Kaffee-Ecke in der Schneiderei gewesen, erzählt Ayse Alagöz, die während ihres Studiums in Düsseldorf schon nebenbei im Service arbeitete. Seit sieben Jahren lebt sie in Siegburg.
Die Schwiegereltern haben eine alteingesessene Änderungsschneiderei in Siegburg
Modedesign-Management hat sie studiert und im Online-Marketing gearbeitet, ihr Mann, 35, ist gelernter Schneider. „Wir kochen gerne, und wir reisen gerne“, erzählt die Chefin. Und sie hätten ein Faible für die schönen Dinge im Leben. Eigenhändig renovierten sie das Lokal, ersetzten das dunkle Holz durch helle Natur-Farben.
Die schnörkellose Einrichtung von „Zeit für Kaffee“ stehe auch für Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Ökologie, ebenso wie die überwiegend regionalen Produkte und die orientalischen Kreationen auf der bewusst klein gehaltenen Speisekarte. „Wir wollen Abfall vermeiden.“
Sie setzten auf Qualität statt Quantität und müssten nicht alles sofort verwirklichen. Der Lunch, zum Beispiel, sei erst seit Kurzem zu haben. Auf der Karte stehen hausgemachter Hummus mit Falafel, Bulgurbällchen mit Hackfleisch (Icli Köfte) und Manti (Teigtaschen mit Hackfleischfüllung). Alles allein zu stemmen, sei nicht zu schaffen. Die Beschäftigten seien Minijobber, aber keine Billigkräfte, betont Alagöz: „Die Mitarbeiter an der Kaffeemaschine haben eine Barista-Schulung, und auch in der Küche arbeiten Fachleute.“
Ideen, wie ein Geschenkartikel-Angebot im Café und online, sollen auch nicht mehr lange auf Eis liegen. „Es werden alles Unikate sein, gefertigt in der Schneiderei, in Töpfereien, in kleinen, von Frauen und Familien geführten Werkstätten in ganz Europa“, schwärmt sie. Derzeit gibt es Kaffeebohnen und Matchapulver zu kaufen.
Der Start sei gelungen, schon in der Renovierungsphase hätten sie die Leute auf Social Media mitgenommen. Das gute Image von Tapena habe zusätzlich geholfen. In den vier Monaten seit der Eröffnung Anfang Juni seien viele Neugierige zu Stammgästen geworden.
Wie vereinbart das Paar Beruf und Familie? „Wir arbeiten Hand in Hand“, sagt Ayse Alagöz, die Söhne seien auch oft hier. Wie bei anderen jungen Eltern sei bei ihnen Flexibilität gefragt, „man kann mit kleinen Kindern nicht alles planen“. Außerhalb der Öffnungszeiten werde das erledigt, was sonst liegenbleibe, vor allem Papierkram.
Sich selbstständig zu machen in der Gastronomie, dieses Risiko seien sie beide bewusst und mit ganzem Herzen eingegangen. „Die Arbeit fühlt sich nicht wie Arbeit an.“
Zeit für Kaffee, Zeithstraße 5, dienstags bis freitags 9 bis 16 Uhr, samstags und sonntags 10 bis 17 Uhr.