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ProzessRocker überfallen abtrünniges Mitglied – von Überwachungskamera in Siegburg gefilmt

Lesezeit 3 Minuten
Mitglieder des Rockerclubs Hells Angels auf schweren Motorrädern

Die Hells Angels werden laut Polizei von einigen Motorradclubs imitiert, so auch von der Vereinigung der drei Angeklagten im Siegburger Prozess. (Symbolbild)

Drei Männer aus dem Rockermilieu mussten sich wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Siegburger Schöffengericht verantworten.

Nicht mit Motorrädern, sondern mit der Eisenbahn reisten zwei Mitglieder eines Motorradclubs nach Siegburg. Sie rückten einem abtrünnigen Mitglied auf die Bude, schlugen und traten den Mann und zerstörten sein Handy. Nach umfangreichen Ermittlungen der Polizei stand das Duo mit einem weiteren Mann aus dem Rockermilieu, der den Auftrag zu dem Überfall gegeben haben soll, vor dem Schöffengericht.

Zwei Tage dauerte die Verhandlung, auch weil der Hauptbelastungszeuge, das Opfer, zunächst nicht vor Gericht erschienen war. Beim zweiten Termin wurde der Siegburger polizeilich vorgeführt. Er erkannte alle drei Angeklagten wieder. Sie gehörten zum dem Rockerclub, bei dem er sechs Monate lang Mitglied war, sagte der 45-jährige Möbelpacker.

Rocker sollen dem Siegburger Trennung von der Freundin befohlen haben

Im Club sei es zum Streit gekommen, es sei von ihm verlangt worden, sich von seiner neuen Freundin zu trennen, „weil sie erst 18 war“. Da ihm die Frau wichtiger war, verließ er den Club. Der Besuch der beiden früheren Kumpel war ihm per Whats App für den 16. April 2023 angekündigt worden, er ahnte Unbill, legte seine Schreckschusspistole bereit.

Zum Einsatz kam die Waffe nicht, die Männer waren schneller, hätten sofort, als er die Tür öffnete, auf ihn eingeschlagen, ihn dann blutend und mit dröhnenden Kopfschmerzen in seinem Schlafzimmer auf dem Boden liegen lassen. Dort fand ihn eine Bekannte, die das Duo am Bahnhof gesehen und fotografiert hatte, und die die Polizei und den Rettungswagen herbeirief. Das Opfer war alkoholisiert, hatte 1,8 Promille im Blut.

Angeklagte wurden am Siegburger Bahnhof von Überwachungskameras gefilmt

Die Ermittler verglichen die Handyfotos der Frau mit Aufnahmen aus der Videoüberwachung am Bahnhof und konnten durch Recherchen in den sozialen Netzwerken die Tatverdächtigen ausfindig machen. Die Vereinigung imitiere mit Gebaren und Sprüchen deutlich die Hell's Angels, schilderten die Beamten im Zeugenstand. Bei Hausdurchsuchungen wurden Mobiltelefone der Angeklagten beschlagnahmt und ausgewertet.

Nur einer der Angeklagten ließ sich zunächst zur Tat ein, der 32-Jährige Gerüstbauer gestand die Körperverletzung, beraubt habe er den Geschädigten nicht. Der zweite Beteiligte, ein 24-jähriger gelernter Koch, der derzeit arbeitslos ist, verweigerte anfangs die Aussage. Er rang sich erst nach dem von den Verteidigern angeregten Rechtsgespräch mit dem Vorsitzenden Richter Herbert Prümper, den Schöffen und der Staatsanwaltschaft zu einem Geständnis durch.

Mutmaßlicher Auftraggeber schwieg vor dem Siegburger Gericht

Der mutmaßliche Auftraggeber, ein 29-jähriger Bürgergeldempfänger, der in der Hierarchie des Rockerclubs über den Handlangern stand, schwieg bis zum Ende zu den Vorwürfen der Anklage. Gegen ihn war die Beweislage mehr als dürftig, es lagen lediglich Chats vor, die die Polizei in den beschlagnahmten Handys fand. Ob er allerdings persönlich diese Nachrichten geschrieben hatte, konnte ihm das Gericht nicht nachweisen. Am Ende stand für ihn ein Freispruch: Im Zweifel für den Angeklagten.

Der Gerüstbauer, der sich nach seinen Angaben von dem Club losgesagt hat, kam mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten davon, die zur Bewährung ausgesetzt wird. Er akzeptierte den Urteilsspruch, der somit rechtskräftig ist. Der Angeklagte sei in Arbeit und lebe mit seiner Lebensgefährtin und deren vier Kindern zusammen, hat laut Gericht eine positive Sozialprognose. „Ich hatte letztens einen Herzinfarkt und weiß jetzt, was mir wichtig ist“, sagte der 32-Jährige in seinem letzten Wort.

Ein Bedauern über die Verletzungen des Opfers äußerte er allerdings nicht. Ebensowenig der arbeitslose Koch, der zu einem Jahr und neun Monaten verurteilt wurde. Der vierfach Vorbestrafte stand zur Tatzeit unter laufender Bewährung und muss die Strafe absitzen - wenn das Urteil rechtskräftig wird. Offen blieb in diesem Fall, ob der Anwalt Berufung einlegt. Dann wird die nächste Instanz ein Urteil sprechen. Falls der 24-Jährige dann seine angebliche neue Arbeitsstelle angetreten hat, könnte seine Sozialprognose besser ausfallen, so der Vorsitzende Richter.