Eine Sankt Augustinerin mietete eine 130.000 Euro teure Karosse. Doch der Benz, angeblich gedacht für den Kongo-Staatschef, verschwand in Belgien.
ProzessSankt Augustinerin mietet Nobelkarosse für Kongo-Staatschef - Benz verschwindet in Belgien
Ist sie eine Betrügerin oder die Betrogene? Eine 29-Jährige aus Sankt Augustin mietete für ein paar Tage eine Nobelkarosse. Doch den fast neuen Mercedes GLE, Kilometerstand bei Übernahme: 91, gab sie nicht zurück. Dem Autovermieter entstand ein Schaden von 130.000 Euro. Vor dem Siegburger Amtsgericht erzählte die Angeklagte eine fast unglaubliche Geschichte.
Ihr damaliger Freund habe sie gebeten, einen teuren Benz für ihn anzumieten. Er habe einen Job als Chauffeur und solle den Präsidenten der Republik Kongo in Belgien herumkutschieren. Sie suchte nach einem Mietfahrzeug im Internet und entdeckte einen Mercedes GLE bei einem Autohaus im 300 Kilometer entfernten Pforzheim. Das Modell habe auch dem Freund zugesagt.
Frau aus Sankt Augustin holte die Nobelkarosse in Pforzheim ab
Er habe ihr Geld gegeben, 699 Euro für die Anmietung vom 25. bis zum 28. September 2023 und 500 Euro für die Kaution, sie reiste mit dem Zug nach Baden-Württemberg und brachte den Schlitten zum vereinbarten Treffpunkt nach Köln. Wohl wissend, dass vertragsgemäß nur sie mit dem Auto fahren durfte, und das auch nur in Deutschland.
Als sie den hochmotorisierten SUV nicht pünktlich zurückgab, wurde der Verleiher aktiv, räumte ihr noch eine Frist ein bis zum nächsten Morgen. „Wir sahen, dass der Wagen in Belgien ist, das hätte man schaffen können“, sagte eine Angestellte im Zeugenstand.
Die Angeklagte habe sich damals im Zuge der vielen Telefonate in Widersprüche verstrickt, zunächst behauptet, der Schlüssel sei verloren gegangen, dann, dass sie den Wagen für einen Freund ihres Onkels gemietet habe, später war von einem Ex-Liebhaber als Auftraggeber die Rede.
Sankt Augustinerin kannte sich mit GPS-Ortung aus
Am Ende sagte sie, sie könne den Mann, für den sie das Fahrzeug besorgt habe, nicht mehr erreichen. Aber der Autovermieter sei ja sicher in der Lage, den Benz zu orten und die belgische Polizei dorthin zu schicken. „Sie kannte sich aus und erwähnte auch eine Software, mit der man die Ortung ausschalten kann“, berichtete die Angestellte. Ihr Vorschlag, mit dem Zweitschlüssel den Wagen zu holen, habe ihr Arbeitgeber als zu gefährlich abgelehnt. Man habe das der Polizei überlassen wollen.
Kurze Zeit später sei der Mercedes dann nicht mehr über GPS zu sehen gewesen. Die Überwachung springe erst an, wenn die Zündung betätigt werde, erläuterte der Chef des Autohauses im Zeugenstand. Wenn ein Wagen auf einen Anhänger geladen und abtransportiert werde, verschwinde er vom Schirm.
Die Angeklagte räumte ein, die Verleihfirma belogen zu haben; „sie war in Panik“, sagte ihr Strafverteidiger. Auch die Angabe, dass sie bei der Arbeit nicht telefonisch erreichbar sei, war nachweislich falsch. Sie war damals arbeitslos, hatte nach ihrem Realschulabschluss eine Ausbildung zur Hotelfachfrau abgebrochen. Erst seit März 2024 hat die 29-Jährige, die mit Mutter und Bruder zusammenwohnt, eine Teilzeitstelle in einem Hotel.
14 Tage, nachdem der Benz verschwunden war, erstattete sie selbst Anzeige gegen den angeblichen Freund, ein Kongolese wie sie, auf einer Wache in Bad Godesberg. Dabei verschwieg sie jedoch einige Details, wie sein Geburtsdatum und die Wohnanschrift, wie Richterin Julia Dibbert angab, der das Ganze spanisch vorkam. Die später mitgeteilte Adresse gebe es nicht.
„Ich habe mal recherchiert, der Präsident des Kongo war damals nicht in Belgien“, berichtete Dibbert. „Und außerdem: Ein Staatschef bringt doch seine eigene Security und seinen eigenen Fahrer mit, haben Sie sich da gar keine Gedanken drüber gemacht?“ Die Angeklagte sagte nein. Die Richterin und die Staatsanwältin äußerten starke Zweifel an der Story, sie gingen von einer Auftragstat aus.
Der Anwalt widersprach und regte an, den Bruder, der dem vermeintlichen Ex-Freund begegnet sei, und einen weiteren Bekannten als Zeugen zu hören. Das seien weitere Indizien zugunsten seiner Mandantin, das Gericht müsse bei Untreue und Betrug „glasklar einen Vorsatz nachweisen“.
Selbst wenn das nicht gelänge und am Ende ein Freispruch stehen sollte, wird die 29-Jährige haftbar gemacht. Die 130.000 Euro wird sie zahlen müssen, die Summe klagt voraussichtlich die Versicherung auf dem Zivilweg ein. Von ihrem Arbeitslohn kann dann 30 Jahre lang ein Betrag oberhalb des Mindestbehalts gepfändet werden.
Der Prozess wird fortgesetzt.