Parfümdiebstahl in SiegburgProzess platzt wegen veralteter Polizeirechner
Siegburg – Gestochen scharf war der Angeklagte auf den Fotos und dem Video aus der Überwachungskamera einer Parfümerie zu erkennen. Er soll als Mitglied einer Bande teure Düfte erbeutet haben. Allein: Die Beweise hatte nur die Zeugin, eine Verkäuferin, auf dem Handy, wegen technischer Mängel der Ermittler lagen sie dem Schöffengericht und der Verteidigung nicht vor, nur ein paar unscharfe Schwarz-Weiß-Bilder.
Da der mutmaßliche Täter seine Beteiligung abstritt, müssen die Beweise neu aufgearbeitet werden; und weil ein Prozess nur für zwei Wochen unterbrochen werden darf, muss er voraussichtlich in einigen Wochen noch einmal neu starten.
Der Angeklagte, serbischer und italienischer Staatsbürger mit Wohnsitz im Ruhrgebiet, ist einschlägig mehrfach vorbestraft, saß seit den ersten Taten 1999 immer mal wieder in Haft, eine Strafe ist noch offen. Er kämpfe derzeit darum, als haftunfähig anerkannt zu werden, erläuterte sein Strafverteidiger.
Angeklagter kam mit Rollator ins Gericht
Einst habe der zehnfache Vater als Schweißer gearbeitet, beziehe nach zwei Herzinfarkten und aufgrund einer Nierenkrankheit Hartz IV, müsse zur Dialyse. Ins Gericht kam er mit einem Rollator. Den brauchte er zur Tatzeit nicht, das belegen die Bilder aus dem Siegburger Geschäft.
Die Chancen, den 41-Jährigen wegen der Bandendiebstähle 2019 zu verurteilen, stehen nicht schlecht. Laut Polizeipressestelle seien die Ordnungshüter mittlerweile technisch besser ausgestattet.
Das Land habe nachgerüstet. Woran die Übermittlung des Video-Materials gescheitert war, sei kaum zu eruieren, sagte Polizeisprecher Stefan Birk auf Anfrage. Die Zeugin hatte geschildert, dass sie einige Stunden vergeblich in der Wache zugebracht hatte: „Dann sagte man mir, die Übertragung klappt nicht wegen der zu alten PCs.“ (coh)
Mit mindestens fünf weiteren Beteiligten, Männern und Frauen, suchte der 41-Jährige laut Anklage am 24. September 2019 zunächst eine Parfümerie, dann einen gegenüberliegenden Drogeriemarkt auf. Am 4. November schlugen sie erneut in dem ersten Laden zu, am 9. November wieder in beiden Geschäften.
Ihre Masche: Ein Pärchen verwickelt die Verkäuferin in ein Gespräch, andere räumen die Ware aus dem Regal und geben diese an Frauen mit präparierten Taschen weiter, so dass der Diebstahlalarm nicht ausgelöst wird. Insgesamt erbeuteten sie Flakons im Wert von knapp 4000 Euro.
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Die Taten flogen auf durch aufmerksames Personal, das der Bande durch die Innenstadt folgte, wo einige Beteiligte vor dem Kaufhof in einen Pkw stiegen und flüchteten. Auch davon gibt es Fotos.
Ursprünglich waren vor dem Siegburger Schöffengericht zwei Männer aus der Bande angeklagt. Einer, so der Vorsitzende Richter Herbert Prümper, sitze in Österreich in Haft.