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Die Geschichte des Siegburger StadtteilsKaldauen hätte auch zu Hennef gehören können

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Einen Festzug zu einer Goldhochzeit zeigt das Foto aus Kaldauen, das vermutlich aus den 1930er Jahren stammt. 

Siegburg – Mit rund 8000 Einwohnern ist Kaldauen der größte Stadtteil Siegburgs, mit Stefan Rosemann ein Kaldauer Bürgermeister. All das ist nicht selbstverständlich; hätte der Hauch der Geschichte nur ein wenig anders geweht, dann wären die Kaldauer heute Hennefer.

Berthold Becker hat sich für eine Sonderausgabe der Siegburger Blätter „950 Jahre Caldauen“ mit der Geschichte befasst und beginnt das Heft mit einer ernüchternden Begebenheit. Im Jahr 1854 habe August Horn einen Reisebericht zum Siegtal verfasst und dabei, auf dem Weg von der Abtei Michaelsberg nach Seligenthal, das „aus elenden Hütten bestehende Dorf“ mehr oder weniger links liegen lassen. Seinen ländlichen Charakter habe Kaldauen auch lange behalten, bis es sich dann ab der Nachkriegszeit als Wohn- und Neubaugebiet großer Beliebtheit erfreuen sollte.

Kaldauen wurde erstemals 1071 erwähnt

Erwähnt wurde der Ort erstmals 1071 in einer Urkunde Heinrichs IV., als ein Teil von „Chaltouva“ zur Abtei kam, der andere wurde dem Freigericht Happerschoß im Amt Blankenberg zugeschlagen. Im Dreißigjährigen Krieg wurde „Caldauen“ von schwedischen Truppen zerstört, später gehörte es unter anderem zum Kirchspiel Geistingen, zur Mairie Lauthausen im Kanton Hennef, schließlich als Untergemeinde zu Braschoß im Amt Lauthausen/Siegkreis.

Mit den Braschossern wurden die Kaldauer nach einer Volksabstimmung 1955 nach Siegburg eingemeindet. Das Ergebnis lohnt einen näheren Blick. Während sich in Braschoß 634 Wahlberechtigte bei 502 Neinstimmen für die Eingemeindung entschieden, gab es in Kaldauen keine Mehrheit: Bei 372 Ja-Stimmen wurde 433-mal mit Nein votiert.

Tatsächlich waren alle Häuser lange durchnummeriert, entsprechend einer französischen Verwaltungsreform zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Straßennamen wurden mit einem Stadtratsbeschluss aus dem Mai 1957 eingeführt. Für die 1960er Jahre bis 1990er Jahre spricht Becker von einer Blütezeit: Der eigenständige Dorfcharakter mit hoher Selbstversorgung habe sich erhalten, zeitweise mit zwei Einzelhandelgesellschaften, zwei Bäckereien, zwei Apotheken, einem Fahrradgeschäft und vor allem acht gleichzeitig existierenden Gaststätten.

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Dörfliches Idyll: die Unterdorfstraße um 1920. 

Die Selbstversorgung ist derzeit ein akutes Thema: Die Dorfmitte soll umgestaltet werden, ein Edeka-Markt wurde unlängst durch einen Aldi-Discounter abgelöst.

Bei der Recherche musste Becker manch harte Nuss knacken, etwa die Frage nach den Einwohnerzahlen. Durch Nachhaken bei der Stadtverwaltung konnte er schließlich eine Kurve erstellen, die ab Anfang der 1950er Jahre immer steiler ansteigt, bis sie um 1985 etwas abflacht.

„In de Booch“ antworteten ihm ältere Kaldauer häufig auf die Frage, wo früher das Wasser geholt wurde, was ihn vor ein Rätsel stellte. Bis er auf die Flurbezeichnung „In den Buchen“ stieß. Obwohl erst seit kurzem zu Siegburg gehörig, hat Kaldauen doch eine Gemeinsamkeit mit der Kreisstadt: Unumstritten ist laut Becker, dass es schon um 800 bis 1000 vor Christus zwischen dem Lendersberg und dem Anfang der Zeithstraße eine Töpferniederlassung gegeben haben muss. Prägend für die weitere Ortsentwicklung sei diese aber eher nicht gewesen.

Kaldauen: 1937 fand der Wechsel vom C zum K im Namen statt

Der Wechsel vom C zum K im Anfangsbuchstaben geht auf das Jahr 1937 zurück, „mit Rücksicht auf den Deutschen Sprachgebrauch“, teilte der Oberpräsident der Rheinprovinz damals mit. Becker geht davon aus, dass Kaldauen keine Hochburg des Nationalsozialismus gewesen ist, es sei aber nicht von „fortschreitender Gleichschaltung und rassistisch-völkischer Ideologisierung verschont geblieben“. Akten belegten das „mörderische Euthanasieprogramm“ der Nazis auch in Kaldauen. Unmut erregte eine Flugschule des nationalsozialistischen Fliegerkorps, da die Segelflugzeuge immer wieder in Gärten und auf Weiden landeten und nicht wie geplant in den Siegauen.

Am 23 . März 1945 geschah eine Tragödie, als ein Tross von Zwangsarbeitern auf der Hauptstraße unter Beschuss US-amerikanischer Artillerie geriet. Dabei kamen 19 Menschen ums Leben, Anwohner versuchten, den Verletzten so gut zu helfen, wie es eben ging.

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Nach dem Krieg suchten viele Familien protestantischen Glaubens in Kaldauen eine neue Heimat – bis 1945 hatte es nur eine evangelische Familie gegeben. Heute prägen die katholische Liebfrauenkirche (geweiht 1959) und das evangelische Gemeindezentrum (Einweihung 1963) mit Gemeindehaus, Pfarrhaus und Turm das Ortsbild.

Die 32 Seiten starke Ausgabe lebt neben den ergiebigen Texten auch von der reichhaltigen Bebilderung mit historischen Aufnahmen und aufschlussreichem Kartenmaterial. Becker ist sicher: „Wenn ich nicht weiß, wo ich herkomme, weiß ich auch nicht, wohin es in Zukunft geht.“ Die 950 Jahre Kaldauen sollen am 2./3. Oktober groß gefeiert werden.

Die Sonderausgabe der Siegburger Blätter aus der Edition Blattwelt „950 Jahre Caldauen – Vom kleinbäuerlichen Dorf zum größten Stadtteil Siegburgs“ ist zum Preis von neun Euro im Siegburger Stadtmuseum, Markt 46, erhältlich.