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Historische VerbrechenEx-Polizist bietet Führungen zu spektakulären Kriminalfällen aus Siegburg

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Hans-Willi Kernenbach zeigt bei einer Krimiführung in Siegburg die Requisite einer Hand.

Hans-Willi Kernenbach zeigt bei einer Krimiführung in Siegburg die Requisite einer Hand.

Nichts für schwache Nerven ist diese besondere Stadtführung: Sie beschäftigt sich mit gruseligen und rätselhaften Fällen aus den letzten 700 Jahren.

Eine Schutzmappe mit einigen losen Blättern, Bilder vom zerbombten Siegburg: Stadtführer Hans-Willi Kernenbach ist so minimalistisch wie optimal ausgestattet. Unter dem Arm klemmt eine Tüte, darin der „abgerissene Arm“ eines Opfers. Den braucht er an der Station am Mühlengraben, dort geht es um Rechtsmedizin – und dabei leistet der Plastikarm aus dem Billigmarkt gute Dienste. Mehr Requisite braucht der Stadtführer und ehemalige Kriminalgruppenleiter nicht für sein Programm, das, wie er selbst sagt, „nichts ist für Leute mit schwachem Nervenkostüm, für Kinder schon gar nicht“.

Bekannte und weniger bekannte Verbrechen – 700 Jahre durchpflügte der 67-Jährige bei seinen Recherchen für das städtische Angebot, sezierte Meldungen und recherchierte im Städtischen Archiv. „Geschichte hat mich schon immer fasziniert“, sagt der Siegburger, und das Reservoir des pensionierten Todesermittlers kann sich sehen lassen: Rund vier Stunden könnte er kriminalistisch füllen, fieseste Kapitel der Schwerstkriminalität aufschlagen. Doch ein Ausschnitt daraus muss ausreichen für die rund zweieinhalb Stunden dauernde Führung für bis zu 30 Personen große Gruppen.

In Siegburg sind die Verbrechen weit gestreut

Wie funktioniert die Polizei bei einem Mordfall, welche Räder greifen ineinander, und wo liegt der Unterschied zwischen Mord und Totschlag? Vor dem Museum und auf dem Unteren Markt nutzt Kemmer die gedankenleitende Wirkung des Märchens „Hänsel und Gretel“ für die kriminalistische Wissensvermittlung. Die Siegburger wissen jetzt auch, welcher Staat die weltweit höchste Kriminalitätsrate aufweist und wie sich der Wert ergibt. Da staunten die Zuhörer, dass sich der Vatikan als ganz heißes Pflaster erweist.

Hans-Willi Kernenbach bietet eine etwas andere Stadtführung an.

Beim Rundgang lässt Hans-Willi Kernenbach die Kriminalgeschichte der Stadt Siegburg Revue passieren.

Stationen wie die Madonna mit dem Mantel, die Anno-Kirche und der Kupferstich von 1647 an der Ecke Griesgasse/Zeughausstraße sowie der Mühlengraben dienen mehr als Referenzpunkte denn als tatsächliche Tatorte. In Siegburg sind die Verbrechen weit gestreut. So sei Anno II. „ein begnadeter Dieb, der nahm alles mit, was nach Knöchelchen aussah“.

Cold Case aus Rhein-Sieg-Kreis konnte nach 20 Jahren geklärt werden

Die Ausführungen reichen über das Rechtsverständnis im Mittelalter, Folter und mordlustige Offiziere im belagerten Siegburg des Jahres 1588 über die Jahrhunderte hinweg, „eine bunte Mischung aus allen Epochen“ bis in die 90er und Anfang 20er. 1921 etwa, als ein betrunkener Polizist einen Inhaftierten erschoss, eine zerstückelte Leiche in Wolsdorf und – ein Beispiel aus jüngerer Zeit – der Foltermord in der Justizvollzugsanstalt Siegburg 2006.

Den zuweilen gruseligen Ausführungen („so lange lebt der Kopf nach dem Guillotinieren noch“) fügt Stadtführer Kernenbach Episoden aus dem eigenen Berufsleben hinzu. Manches wirkt sogar darüber hinaus, etwa Cold Cases wie der heimtückische Mord an der Heilpraktikerin Dorothea Reischl in Swisttal-Morenhoven. Die Frau wurde mit dem Telefonkabel erdrosselt, ihre Leiche geschändet. Der grausige Fund seinerzeit: „In ihrem Körper steckten mehrere Messer und Gabeln“, erinnert sich der ehemalige Ermittler. Erst 20 Jahre später konnte der Mörder dingfest gemacht werden, als es die DNA-Analyse zuließ. „Ich musste nochmal in den Gerichtssaal, saß neben ihm und musste zu den damaligen Ermittlungen aussagen.“