Unter Beschuss stand Bürgermeister Stefan Rosemann in der Sondersitzung des Stadtrats. Er versprach Gespräche zur stillgelegten Baustelle Kleiberg.
„Vorgänge sind ein Skandal“Scharfe Kritik an Bürgermeister wegen Siegburger Seniorenzentrum

Bei der Sondersitzung des Siegburger Stadtrats mussten etliche Zuschauer stehen.
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Großer Andrang zur Sondersitzung: Etliche Betroffene des stillgelegten Bauprojekts Kleiberg fanden im Saal Am Turm keinen Sitzplatz. Da die Tonübertragung in den Vorraum nicht klappte, gab es ein großes Stühlerücken. Stehend erlebten die Anleger, alles Privatleute, einen fast zweistündigen politischen Schlagabtausch, vor allem Bürgermeister Stefan Rosemann (SPD) stand in der Kritik. Er versprach am Ende, sich mit allen Beteiligten an einen Tisch setzen zu wollen, um nach einer gütlichen Lösung zu suchen: „Die Tür steht offen.“
Worum geht es?
Um das frühere Seniorenheim und das betreute Wohnen am Fuß des Michaelsbergs. 2016 hatte die Stadt Siegburg eine Baugenehmigung für Umbauten erteilt, 2018 war mit den Arbeiten begonnen, 2022 waren diese eingestellt worden. Über den genauen Zeitpunkt, ob im Mai, wie die Stadtverwaltung mitteilte, oder im September, herrscht Uneinigkeit. Im Raum steht auch, dass noch im November 2022 weiter gebaut wurde.
Das könnte wichtig sein in Bezug auf die Baugenehmigung, die laut Baugesetz NRW nach einem Jahr Stillstand ohne rechtzeitige Verlängerung erlischt. Ein Antrag dazu war im Juli 2023 gestellt worden. Die Stadt lehnte diesen mit Schreiben im November 2023 als zu spät ab, die Frist sei abgelaufen.
Wer ist verantwortlich?
In der Hauptsache der damalige Bauträger, der untergetaucht ist. Mit drin hängen aber 149 Anleger, Privatleute, die eine vermeintlich sichere Investition für ihre Alterssicherung tätigten, ihre Ersparnisse einbrachten und Kredite aufnahmen. Sie zahlen Tilgung, Zinsen und Grundsteuern, einen Ertrag gibt es nicht. Rosemann hätte sich mehr einbringen und frühzeitig das Gespräch suchen müssen, warf ihm Dr. Dirk Schulte (CDU) vor: „Ich kenne Bürgermeister, die hätten sich ans Telefon gehängt und auf die ablaufende Frist hingewiesen.“

Das Seniorenzentrum am Michaelsberg steht seit Jahren leer.
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Was sagt die Stadt?
Die Stadtverwaltung äußerte sich erstmals in der Sondersitzung öffentlich. Grund ist ein laufendes Verfahren vor dem Verwaltungsgericht. Die Anleger, die sich zu einer Gemeinschaft zusammengeschlossen haben, hatten Klage eingereicht. Laut der Stadt hatte der Bauherr die Brandschutzauflagen nicht erfüllt, zudem habe sich die Bauordnung 2018 geändert. Es fehlten Pläne, die bis heute nicht beigebracht worden seien. Rosemann: „Wir haben nichts, was wir prüfen können.“
Was meint die Politik?
Die Sondersitzung hatte die Siegburger Bürgerunion (SBU) beantragt. „Die Vorgänge sind ein Skandal“, sagte Fraktionsvorsitzender Ralph Wesse. Die Anleger seien bereit, weiteres Geld in die Hand zu nehmen, erhielten aber ohne Baugenehmigung keinen Kredit, so Wesse: „Sie sind in prekärer, dramatischer Situation.“
Ein neuer Bauantrag würde 1,4 Millionen Euro kosten, schätzte Astrid Thiel (Grüne). Schulte (CDU) warb für eine „Verlängerung der Baugenehmigung mit Nebenbestimmungen“, diese bringe Zeit- und Kostenvorteile. Jürgen Becker (CDU) warnte, dass bis zu einem Urteilsspruch des Verwaltungsgerichts Jahre ins Land gehen könnten.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Keller kritisierte die Angriffe auf Stadtspitze und -verwaltung und warnte davor, bei den Anlegern „falsche Hoffnungen“ zu wecken. Es müsse nach Recht und Gesetz gehen. Daran habe sich lobenswerterweise auch der Beigeordnete Stephan Marx trotz eigener Betroffenheit gehalten, betonte Ömer Kirli (SPD). Dass Marx mit seiner Frau ebenfalls Geld in das Projekt investiert hat, hatte die SBU öffentlich gemacht.
Wie könnte eine schnelle Lösung aussehen?
Auf einen gerichtlichen Vergleich hinzuwirken, wie CDU und Grüne in einem Antrag vorschlagen, sei nicht möglich, das teilte die von der Stadt beauftragte Rechtsanwaltskanzlei mit. Damit es auf der Baustelle irgendwann weitergehen könne, so der Bürgermeister, brauche man neue Unterlagen von Architekt oder Bauleitung. Alle Verantwortlichen könnten sich zeitnah austauschen: „Unser Angebot steht.“
Was soll mit den Gebäuden im Herzen der Kreisstadt geschehen?
Das ist offen. Die 149 Wohnungen könnten für Entlastung auf dem angespannten Siegburger Wohnungsmarkt sorgen, so die SBU, die einen Studentencampus ins Spiel brachte. Wenn er gewählt werde, wäre das Problem 2026 gelöst, versprach der SBU-Bürgermeisterkandidat Hans-Joachim Neumes. Die SPD hatte in den sozialen Medien ihren Wunsch gepostet, dass die Stadt das Areal erwirbt; es dürfe nicht zum „Spielball von Investoren“ werden. Für solch hohe Summen sei im Haushalt kein Geld da, lautet die Auffassung der CDU, die durch die Kooperation mit den Grünen die Mehrheit im Stadtrat hat. Thiel (Grüne) betonte: „Wir wollen keine Bauruine.“