Job-Speed-Dating500 Bewerber für 1300 Stellenangebote im Siegburger Rhein-Sieg-Forum
Siegburg – Die Kraft aufzubringen, sich einen neuen Beruf zu suchen, ist für viele arbeitslose Menschen schon schwer genug – einen zu finden noch mehr. Das wissen auch die Verantwortlichen des Jobcenters Rhein-Sieg und des Tüv Nord. Zusammen veranstalteten sie am Dienstag ein Job-Speed-Dating im Rhein-Sieg-Forum.
Dutzende Tische stehen am Vormittag in der Mehrzweckhalle. Gut vorbereitet treffen die mehr als 500 Bewerberinnen und Bewerber hier auf 60 Unternehmen, die in der Region tätig sind. Besteht gegenseitiges Interesse, können sie ihre Lebensläufe direkt da lassen.
Jobbörse in Siegburg: 500 Bewerber auf 1300 Stellenangebote
„Uns ist es wichtig, ein niedrigschwelliges Angebot zu schaffen und Hürden abzubauen, um dauerhaft ins Gespräch zu kommen – das ist vor Ort manchmal einfacher als online“, sagt Bernd Lohmüller, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit in Bonn.
„Die Leute wissen, was sie fragen sollen und worauf die Unternehmen achten. Dazu haben sie ein mehrtägiges Seminar durchlaufen. Es sind nicht nur Langzeitarbeitslose, sondern auch Menschen, die erst vor Kurzem erwerbslos geworden sind“, sagt Friedhelm Odenthal vom Jobcenter Rhein-Sieg.
Auch einige ukrainische Flüchtlinge seien dabei. „Wir waren angenehm überrascht, dass es Unternehmen gibt, die trotz der fehlenden Sprachkenntnisse Menschen aus der Ukraine einstellen wollen“, fügt er hinzu.
Die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt habe sich gewandelt: „Vor fünf bis sechs Jahren gab es durchschnittlich zwei Arbeitnehmer, die sich auf eine Stelle beworben haben. Heute ist das umgekehrt: Hier auf der Messe gibt es 1300 Stellenangebote, aber nur 500 Bewerber.“
Arbeitgebern im Rhein-Sieg-Kreis mangelt es auch an einfachen Hilfskräften
Es mangele nicht nur Fachkräften, sondern auch an einfachen Hilfskräften. „Dabei verdienen die oft mehr als manche Fachkräfte“, wirft Lohmüller ein.
Nach drei Jahren Corona-Pandemie fehle Arbeitsuchenden wie Arbeitgebern auch die Routine bei Bewerbungsgesprächen, diese würden vielfach online geführt. „Heute kann sich der Bewerber trauen, direkte Fragen zu stellen, seine neuen Vorgesetzten kennenlernen. Es gibt ganz andere Gesprächsinhalte – daran müssen sich auch die Unternehmen gewöhnen“, sagt Lohmüller.
Jobs am Flughafen Köln/Bonn vermittelt die Firma MD Jobs. Das Angebot klingt nicht schlecht: Ein Vollzeitjob bringt 2400 Euro brutto, dazu gibt es einen üppigen Willkommensbonus. „Es sind einige sehr interessante Menschen dabei, das Speed-Dating ist eine tolle Plattform: In zehn Minuten kann man erkennen, ob es passt oder nicht“, sagt Cihan Durmaz, Geschäftsführer von MD Jobs. Die Bewerber seien viel authentischer als in einem normalen Bewerbungsgespräch.
Zwingend notwendig für die Tätigkeit am Flughafen seien ausreichende Deutschkenntnisse und hohe körperliche Belastbarkeit. „Ansonsten schauen wir, wie wir jemanden einbinden können: Der eine mag das Drei-Schicht-System vielleicht nicht, für den anderen kommt eher die Nachtarbeit in Frage. Da finden wir eine Lösung“, sagt er.
Jobbörse im Rhein-Sieg-Forum: Bewerber wechseln alle zehn Minuten die Tische
Alle zehn Minuten wechseln die Bewerberinnen und Bewerber die Tische, an denen die Vertreterinnen und Vertreter der Unternehmen sitzen. Sie haben eine Liste mit festen Terminen, können sich aber auch spontan an die Tische setzen.
Viele Teilnehmer sind nervös, wirken zurückhaltend und unsicher. Einige tragen ein Sakko oder einen Blazer.
Marina Rech weiß, was sie will: eine kaufmännische Tätigkeit. „Nachdem ich meinen Beruf als Tierarzthelferin gesundheitsbedingt aufgeben musste, habe ich über das Jobcenter eine Umschulung gemacht.“ Die 54-Jährige ist am Morgen aus Königswinter-Oberpleis nach Siegburg gefahren.Auch sie hat das dreitägige Vorbereitungsseminar für die Jobmesse hinter sich: „Das war eine einzige Katastrophe“, berichtet sie. „Es gab keine Tische und keine Ventilatoren bei der Hitze Anfang August. Und der Fotograf hat unprofessionelle Bilder gemacht.“ Hinterher habe sie sich bessere besorgt.
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Dennoch ist sie zuversichtlich, einen guten Eindruck bei den Unternehmen zu hinterlassen. „Das hier ist auf jeden Fall besser als im Internet“, findet sie. Das Gespräch bei der Firma Josef Keller Container sei gut gelaufen: „Die haben zwei Sitze in Sankt Augustin und Rottbitze – da komme ich gut mit dem Bus hin. Sie melden sich, sobald sie eine Stelle frei haben.“