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Zelte geklautKinderprojekt „Mini-Siegburg“ beklagt Vandalismus – Security engagiert

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Ein Mädchen sitzt auf der Motorhaube eines amerikanischen Schulbusses.

Bürgermeisterin Mishel thront auf der Motorhaube des Schulbusses. Dort drinnen befindet sich ihr Arbeitsplatz.

Zelte werden geklaut, Ton-Basteleien der Schüler kaputt gemacht. „Da scheint jemand ein Problem mit dem Kinderprojekt zu haben“, sagt die Projektleiterin.

Hier wird etwas getan fürs Geld. Auf dem Schulhof der Adolf-Kolping-Grundschule in Siegburg spielt sich aktuell ein Leben ab, das Kinder eigentlich so gar nicht kennen. Arbeiten gehen, Geld verdienen, regieren und für Recht und Ordnung sorgen. „Mini-Siegburg“ heißt das dreiwöchige Ferienprojekt, organisiert vom evangelischen Jugendwerk im Auftrag der Stadt Siegburg.

Mit einer Bürgerversammlung beginnt der Tag

Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren sollen während der Sommerferien spielerisch lernen, wie das Arbeitsleben funktioniert und was Demokratie eigentlich bedeutet.

In der zweiten Woche, die gerade zu Ende ging, wurde Mishel zur Bürgermeisterin gewählt. Die Neunjährige erklärt, wie ein Tag in Mini-Siegburg so abläuft: „Morgens gibt es erstmal eine Bürgerversammlung, in der wir klären, was so am Tag ansteht. Danach gehen alle Kinder zum Arbeitsamt und besorgen sich ihre Jobs.“

Siegburger Ferienaktion wartet mit über 30 Betrieben auf

Und von denen gibt es ganz schön viele. In über 30 Betrieben können die jungen Bürgerinnen und Bürger arbeiten. Darunter ist eine Bäckerei, eine Musikwerkstatt, sowie Töpferei und Schreinerei, die schöne Basteleien für einen Souvenirladen herstellen. Ja, sogar einen Fußballverein gibt es.

Kinder in einem Pavillonzelt, es wird Spielgeld ausgezahlt.

Bei der Bank wird das Geld ausgezahlt, wenn man seinen Job richtig ausgeführt hat.

Dabei sind viele Betriebe auch aufeinander angewiesen, so muss etwa das Gastgewerbe regelmäßig vom Lebensmittelmarkt einkaufen. Der Lohn wird am Ende der Arbeitszeit von der Bank ausgezahlt, und zwar in Siegis, der Währung in Mini-Siegburg. Aktuell verdient man in jedem Job einheitlich acht Siegis pro Stunde, doch daran möchte Mishel etwas ändern.

Wir brauchen mindestens zehn Siegis Stundenlohn, die meisten Kinder beschweren sich, dass sie zu wenig verdienen
Mishel, Bürgermeisterin in „Mini-Siegburg“

„Wir brauchen mindestens zehn Siegis Stundenlohn, die meisten Kinder beschweren sich, dass sie zu wenig verdienen.“ Auch vernimmt die Neunjährige Beschwerden, dass vieles zu teuer sei, als Beispiel nennt sie den Führerschein, der in Mini-Siegburg 20 Siegis kostet. Man macht ihn, um etwa als Taxifahrer durchzustarten und seine Mitbürger durch die Mini-Kleinstadt zu kutschieren.

Dass hier alles sauber ist, kontrolliert übrigens das Ordnungsamt, die Streitschlichter räumen Meinungsverschiedenheiten der Mini-Siegburger aus. „Wenn der Konflikt nicht unter den Kindern geklärt werden kann, dann geht das in die nächste Bürgerversammlung“, erklärt Mishel, die nach einem kleinen Rundgang durch ihre Stadt wieder zu ihrem Arbeitsort zurückkehrt: Ein gelber Schulbus im amerikanischen Stil.

Ein Junge und ein Mädchen an einem Mischpult mit Computer. Der Junge hat ein Mikrophon in der Hand.

Der wohl coolste Job in Mini-Siegburg: Im Radio spielen Levin (links) und Emily Musik für die Bürgerinnen und Bürger und machen wichtige Durchsagen.

Hier sitzen auch die Assistenten der Bürgermeisterin sowie die Online-Redaktion und das Radio von Mini-Siegburg. Die zwei DJs Levin und Emily haben eine Playlist zusammengestellt, die auf dem ganzen Schulgelände zu hören ist. Für nur einen Siegi können die Bürgerinnen und Bürger sich sogar einen Song wünschen.

Jede Woche bekommt Mini-Siegburg einen neuen Bürgermeister oder Bürgermeisterin

„Manchmal machen wir auch eine Aktion: Wer als erstes am Bus ist, darf sich einen Song frei wünschen”, erzählt Levin. Das sagen die DJs dann per Mikrofon durch, genauso wenn ein Ausweis gefunden wurde oder Ähnliches.

Jede Woche geht das Spiel von vorne los. Neue Kinder, neuer Bürgermeisterposten, neues Mini-Siegburg. Für die erste Woche haben sich laut Paula Friedrich, Pressereferentin des evangelischen Jugendwerks 180 Kinder angemeldet, für die zweite Woche waren es 160. „Da es in den ersten drei Wochen der Sommerferien kein OGS-Angebot in Siegburg gibt, haben wir das hier mit der Stadt realisiert“, erwähnt Projektleiterin Jennifer Lübke.

Veranstalter beklagen Vandalismus und haben Sicherheitsdienst engagiert

Seit 2019 existiert das Ferienangebot, dieses Jahr sahen sich die Organisatoren erstmals gezwungen, in den Nächten Security einzusetzen. Laut Lübke komme es seit letztem Jahr vermehrt zu viel Vandalismus, Zelte würden geklaut, Ton-Basteleien der Schüler kaputt gemacht. „Da scheint jemand ein Problem mit dem Kinderprojekt zu haben“, so die Projektleiterin. Seit dem Einsatz der Security habe es aber keinen Vorfall mehr gegeben.

Friederich freut sich derweil über den pädagogischen Effekt des Projekts: „Es fördert das eigenständige Denken und macht die Kinder selbstständiger.“ Auch Freundschaften würden entstehen. Für Eltern ist Mini-Siegburg übrigens eine Tabu-Zone. Es gibt ein abgeschirmtes Eltern-Café, wo sie warten können, bis ihre Kinder abholbereit sind.