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Traditionsreiches GeschäftSpielwaren Wasser in Siegburg schließt die Türen

Lesezeit 4 Minuten
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Hermann Josef Wasser verkaufte alles rund um die Modelleisenbahn.

Siegburg – Den Holzrahmen hat er schon gebaut, nur noch ein paar Tage, dann wird Hermann Josef Wasser das Projekt einer eigenen kleinen Welt in Angriff nehmen, mit stattlichen Dampfloks, schnittigen Triebwagen und detailverliebten Gebäudebausätzen im Maßstab 1:87. Doch sein Modellbahnshop wird dann Geschichte sein: Am kommenden Montag ist letzter Verkaufstag, dann geht am Markt 6 eine Ära zu Ende.

Seit den 70er Jahren hatte die Familie Modellbahnen nebst Zubehör und andere Spielwaren verkauft. An der legendären Firma Märklin aus dem schwäbischen Göppingen führte kein Weg vorbei, als Vater Hans Wasser das Sortiment seines „Gemischtwarenladens“, der zuerst an der Bahnhofstraße war, mit Farben, Lacken, Teppichen und Kinderwagen um Spielwaren erweiterte.

Züge laufen nach Jahrzehnten

„Wenn man Märklin nicht führte, wurde man vom Bausatzhersteller Faller zum Beispiel gar nicht erst beliefert“, erinnert sich Hermann Josef Wasser, der vor allem an den Loks die Verarbeitung und Unverwüstlichkeit schätzt. Viele Bauteile, die bei anderen Herstellern aus Plastik gefertigt werden, sind bei Märklin aus Metall. Lokomotiven laufen noch einwandfrei, wenn sie nach Jahrzehnten aus ihrer Verpackung genommen und aufs Gleis gesetzt werden.

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Ein echtes Bahnsignal gehört zur Geschäftsdekoration.

Über die Jahre gewann Wasser treue Stammkunden. Einer habe aus Prinzip alle Neuheiten des nicht minder legendären Modellautoherstellers Wiking gekauft, der alle zwei Monate neue oder neu gestaltete Fahrzeuge auflegte, ein anderer alles, was Märklin für die Spurweite Z im Maßstab 1:220 auf den Markt brachte.

Sein Vater war es, der für das Geschäft zwei besondere Exponate organisierte: ein Vorsignal und ein Hauptsignal, allerdings nicht im H0-Maßstab, sondern in 1 zu 1. „Zum Schrottpreis“ und für zwei Kisten Bier extra hatte er sie bei der Signalmeisterei in Troisdorf erstanden. Per Waggon wurden sie nach Siegburg transportiert – was man sich heute wohl kaum noch vorstellen könne.

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In den ersten Jahren verdiente das Geschäft auch mit Playmobil gutes Geld, das zu einer ernsthaften Konkurrenz für Lego wurde. Die Marke Elastolin mit handbemalten Ritter- oder Cowboy- und Indianerfiguren sei an der Konkurrenz aus dem fränkischen Zirndorf „kaputt gegangen“.

Trendspielzeuge vieler Jahrzehnten waren bei Wasser zu haben

Auch Rollerskates waren angesagt. Wasser holte sie von einem Importeur aus Dormagen, der sich auf die begehrte Ware aus Taiwan spezialisiert hatte. „Hunderte Paare hätte man davon sofort kaufen können, aber man musste froh sein, wenn man 50 bekam.“

Aus Taiwan kam mit dem Zauberwürfel Rubik's Cube ein weiterer Verkaufsschlager, den es heute in etlichen Varianten gibt. Zu erfahren, was der neue Trend sein könnte, war Wasser auch die jährliche Fahrt zur Spielwarenmesse nach Nürnberg wert.

Handel liegt in der Familie

Im Jahr 1985 übernahm Hermann Josef Wasser, der in den 60er Jahren bei Kaufhof in Köln eine Lehre als Textilkaufmann abgeschlossen hatte, das Geschäft von seinem Vater. 1989 begann seine spätere Ehefrau Brigitte als Verkäuferin, die ebenfalls bei Kaufhof als Substitutin gearbeitet hatte.

Sein jüngerer Bruder Guido Wasser etablierte das „Kinderland“ für Baby- und Kleinkinderausstattung an der Wilhelmstraße, seine jüngere Schwester Maria nebenan eine Geschäft für Umstandsmoden und in Hennef und Bonn für Kinderausstattung. (ah)

Ende 2014 kam für die Spielwaren das Aus, im vorderen Teil des Hauses kam die Filiale einer Optikerkette unter. Die Modellbahnabteilung zog aus dem ersten Obergeschoss in den hinteren Teil des Hauses, der von der Selçuk-Straße aus zugänglich ist. „Das Spielwarengeschäft wurde immer schwieriger“, erinnert sich Hermann Josef Wasser, mit der großen Spielwarenabteilung der Drogerie Müller und vor allem dem Internet sei neue Konkurrenz hinzugekommen.

Nächstes Modellbahn-Fachgeschäft erst in Bonn

Angesichts der teuren Warenbestände für die Modellbahn habe er sich genau überlegen müssen, wie das Sortiment aussehen sollte: Auf 100.000 Euro und mehr sei er schnell bei einer Inventur gekommen. Einen Nachfolger zu finden, sei entsprechend schwer, auch wenn jetzt die nächsten erreichbaren Fachgeschäfte in Bonn und Köln seien.

Eigentlich habe er vorgehabt, schon früher zu schließen, doch dann verhagelte Corona das wichtige Weihnachtsgeschäft 2020 und den nötigen Abverkauf, der sich entsprechend verzögerte. Modellbauer allerdings hätten der Branche in den ruhigen Zeiten eine „Sonderkonjunktur“ verschafft.

Internethandel war für Wasser keine Option

Ein solches Fachgeschäft könne auch heute noch Zukunft haben, glaubt Wasser. Vorausgesetzt, der Laden biete auch im Internet Waren an. Für ihn kam das nicht mehr in Frage: „Ich hatte keine Lust, Pakete für den Versand zu packen.“

Der Modellbahnshop Wasser ist bis Montag, 31. Januar, von 10 bis 13 und 14 bis 18 Uhr, am Samstag, 29. Januar, von 10 bis 14 Uhr geöffnet. Wegen des Abverkaufs sind viele Artikel teils stark reduziert.