Info-VeranstaltungBäume fallen für Cum-Ex-Anbau in Siegburg – Anwohner fordern Umdenken

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Bürgerinnen und Bürger sitzen vor einem Experten-Panel, an die Wand werden Visualisierungen der Anbau-Pläne projiziert.

Dem Publikum im Rhein-Sieg-Forum erläuterten (v.l.) Architekt Josef B. Rotthoff, Christoph Turnwald (Amtsgericht), Stefan Weismann (Präsident des Landgerichts Bonn) und Joachim Klages (Oberlandesgericht Köln) die Pläne zum Neubau.

Die Bäume auf dem Parkplatz des Amtsgerichts in Siegburg werden dem Bau neuer Gerichtssäle zum Opfer fallen. Einige Anwohner forderten bei einer Informationsveranstaltung ein Umdenken.

Große alte Bäume haben Seltenheitswert in der Siegburger Innenstadt, und doch werden schon bald an der Bahnhofstraße   elf Platanen und vier Nussbäume der Säge zum Opfer fallen. Bei einer Bürgerinformation zum Neubau des Landgerichts an der Bahnhofstraße vertraten der Architekt Josef B. Rotthoff ebenso wie der Technische Beigeordnete der Stadt Stephan Marks die Ansicht, dass die Fällungen unumgänglich sind.

Rotthoff führte aus, die Grünanlagen auf dem derzeitigen Parkplatz müssten neu gestaltet werden, auch um die nötigen Anfahrtswege für die Feuerwehr zu schaffen. Marks schilderte, bei dem Vorhaben gelte die Devise „Baurecht schlägt Baumrecht“. Für das Grundstück mit dem Amtsgericht gebe es einen 50 Jahre alte Bebauungsplan, der gar eine geschlossene Bebauung mit bis zu neun Geschossen ermögliche.

Das Amtsgericht in Siegburg.

Die Bäume auf dem jetzigen Parkplatz müssen dem Bau weichen.

Einige der rund 50 Teilnehmer im Rhein-Sieg-Forum wollten sich damit nicht abfinden: „Sie müssen wirklich umdenken“, forderte ein Anwohner mit Blick auf den Klimawandel, lange gehe diese Bevorzugung nicht mehr gut. „Einen Großbaum kann man nicht von heute auf morgen ersetzen.“

Siegburg: Anwohner zeigte Verständnis für den Cum-Ex-Anbau

Ein Nachbar an der Bahnhofstraße, der bislang noch von seiner Wohnung auf Baumwipfel blickt, erinnerte an den Sauerstoff, den die Bäume produzierten. Einem Baum, der erhalten bleiben soll und später in der zurückspringenden Fassade des Gebäudes stehen würde, gab er keine guten Zukunftsaussichten, da ihm dort das Licht fehle.

Wie andere Teilnehmer auch, zeigte er aber Verständnis für den Neubau, da für anstehende Cum-Ex-Verfahren große Sitzungssäle gebraucht werden, an denen es in Bonn mangelt.

Landgericht wird mehr als zehn Jahre mit Verfahren beschäftigt sein

Rund 1500 Beschuldigte kommen vor Gericht, wie Stefan Weismann, Präsident des Landgerichts Bonn, erläuterte. Immerhin gehe es bei Cum-Ex um den größten Fall von Steuerbetrug in der Geschichte der Bundesrepublik. „Superreiche haben sich bereichert“, wenn der Staat gegen so etwas nicht vorgehe, drohe eine „Kleptokratie wie in Russland“. Er geht davon aus, dass das Landgericht mindestens „zehn, eher 15 Jahre“ mit den Verfahren beschäftigt sein werde, für das zehn Strafkammern geschaffen würden.

Vier davon seien bereits an der Arbeit. Weismann beteuerte, man habe lange nach Standorten gesucht, aber nichts gefunden. Siegburg sei auch wegen der Verkehrsanbindung durch den ICE-Bahnhof besonders gut geeignet.

Großer Gerichtssaal soll 440 Quadratmeter Fläche haben

Vom Bau eines Parkhauses, der in der Kommunalpolitik auf Widerstand stieß, hatten die Planer bereits Abstand genommen. Anwohner fragten auch nach Emissionen durch Schmutz und Lärm und nach Anfahrten für schwere Baufahrzeuge. Volker Müller von der Gummersbacher Wohnungsbaugesellschaft, die den Bau übernimmt, wies in dem Zusammenhang darauf hin, dass der Bau nicht unterkellert werde und deshalb keine große Baugrube   erforderlich sei – Belästigungen hielten sich dementsprechend im Rahmen.

Das dreigeschossige Gebäude mit drei Verhandlungssälen und Schleusen für die Vorführung Angeklagter wird knapp 44 Meter lang, 28 Meter tief und 16,50 Meter hoch. Vorgesehen ist eine Dachbegrünung.   Zwei der Säle können zu einem großen Saal mit 440 Quadratmetern Fläche verbunden werden. Marks hob hervor, dass es für die Bäume, die im Januar gefällt werden sollen, Erstpflanzungen geben wird, durchaus mit größeren Gewächsen.   Der Baubeginn ist für den Frühsommer vorgesehen, die Inbetriebnahme des Gebäudes im Oktober 2024.

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